1. Mai 2022
Ostergottesdienst in der Schäßburger Bergkirche
Einige von den bis dato 5.000 Zuschauern des „Ostergottesdienstes von Daheim für Daheim“ - vor allem diejenigen, die im Deutschunterricht in der Schule sehr gut aufgepasst haben - werden sich vielleicht gefragt haben, wieso ein Gedicht von Goethe in der Einleitung des Gottesdienstes zu hören war. Goethe selbst hat sich als „Nichtchristen“ bezeichnet und hatte gegenüber der Kirche seiner Zeit (des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts) ein kritisches Verhältnis. Und vielleicht fragt man sich auch, was es mit dem Witz und dem Lachen am Ende des Gottesdienstes auf sich hat. Deswegen im Folgenden eine kleine Apologie des Osterspaziergangs und des Lachens im Gottesdienst.

All diese Bräuche erinnern daran, dass das Leben letztendlich stärker ist als der Tod. Und da der Tod nun seinen endgültigen Charakter verloren hat, kann er auch ausgelacht werden. Das Ostergelächter war vom 14. bis 19. Jahrhundert ein fester Bestandteil des christlichen Brauchtums und sollte die Osterfreude herbeirufen. Die Kirchenhistoriker berichten allerdings auch, dass es an einigen Orten zu derben Witzen und zu obszöne Gesten in den mittelalterlichen Kirchen gekommen sei, so dass der Reformator Johannes Oekolampad sich in einem Brief gegen diesen Brauch aussprach und dadurch erst diesem Brauch auch einen Namen gab: „Risus paschalis“.
Der Brauch des Osterwitzes zeigt aber auch, dass es des Lachens bedarf, damit die Osterfreude tief in den Alltag der Menschen dringen und alle Lebensfragen beantworten kann. Der Apostel Paulus hat diese Tatsache als einer der Ersten begriffen und deswegen über den Tod gespottet und gelacht. „Tod, wo ist dein Sieg? Hölle, wo ist dein Stachel?“, schrieb der Apostel im ersten Korintherbrief. Wenn durch die Auferstehung Christi der Tod seine endgültige Macht verloren hat, dann bedeutet das Lachen überströmende Freude und Fröhlichkeit. Denjenigen, die immer noch der Meinung sind, dass Humor und Witze nicht in den kirchlichen Raum gehören, sollte noch gesagt werden, dass das deutsche Wort „Witz“ aus der Zeit der Aufklärung stammt und ursprünglich eine etwas andere Bedeutung hatte als heute; es bedeutete „Geist“; Geist haben. Witz haben (bzw. witzig sein) bedeutete damals geistreich sein. Humor gibt es nicht ohne Geist, ohne dass Menschen einander annehmen und ihr Leben bejahen. Schon in einer frühchristlichen Schrift, die den Namen „Hirte des Hermas“ trägt, heißt es: „Bekleide dich mit der Fröhlichkeit, die allezeit bei Gott Gnade findet und ihm wohlgefällig ist, und schwelge in ihr. Denn jeder fröhlich Mann tut Gutes und sinnt auf Gutes und verachtet die Traurigkeit. Mache dich also rein von dieser bösen Traurigkeit und du wirst Gott leben. Und alle werden Gott leben, wenn sie die Traurigkeit fortwerfen und nichts als die Fröhlichkeit anziehen“.
Christsein und Humor gehören zusammen, wie auch die Freude und die Fröhlichkeit zum Osterfest dazugehört. Denn wir verkündigen der Welt nicht die griesgrämige und nicht die traurige, sondern die frohe Botschaft vom Leben und von der Auferstehung des Heilandes. Weil also Christus auferstanden ist, kann es am Ende nicht anderes geben als ein fröhliches Lachen!
Pfr. Alfred Dahinten
Video auf YouTube: Ostergottesdienst von Daheim für Daheim 2022
Umfrage: In welcher Kirche sollte der nächste Online-Gottesdienst aufgezeichnet werden?
Schlagwörter: Ostern, Gottesdienst, Kirche, Schäßburg, Bergkirche
21 Bewertungen:
Noch keine Kommmentare zum Artikel.
Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.