13. August 2007

„De Vedderscht Stuf“ der Ausstellungskunst

Die vom Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim und dem Hermannstädter ASTRA- Natio­nal­museum organisierte Ausstellung bemalter Möbel mit dem Namen „De Vedderscht Stuf“, ist am 1. August im Schatzkästlein in Hermannstadt eröffnet worden. Sowohl die zugrunde liegende Forschungsleistung als auch die Qualität und Klarheit der Präsentation heben die Aus­stellung als einen der Höhepunkte im Veranstaltungskalender der Europäischen Kultur­hauptstadt 2007 hervor.
„Vielleicht im schönsten Ausstellungsraum Hermannstadts“, wie Museumsdirektor Cornel Bu­cur einführend sagte, wurde die Ausstellung bemalter Möbel aus Siebenbürgen eröffnet. Zwar sind die Ausstellungsräume des Emil-Sigerus-Museums im Schatzkästlein bereits seit einiger Zeit in Betrieb, siebenbürgisch-sächsisches Kul­turgut wird darin aber zum ersten Mal im Rah­men der angelaufenen Schau ausgestellt, so dass Direktor Bucur in diesem Zusammenhang von der „eigentlichen“ Eröffnung der Räu­me sprach.
Bürgertruhe, 17. Jahrhundert, Siebenbürgisches ...
Bürgertruhe, 17. Jahrhundert, Siebenbürgisches Museum in Gundelsheim
Der von Dr. Irmgard Sedler konzipierten Aus­stellung geht eine grenzen- und generationenübergreifende Sammel- und Forschungsge­schichte voraus. Den Grundstein für die Samm­lung hatte bereits Emil Sigerus selbst gelegt. Im Brukenthalmuseum, das während des 19. Jahr­hunderts als „Sächsisches Nationalmuseum“ aus vielen Gemeindebe­stän­den gespeist und mit einer Abteilung für Ethnographie und Volks­kunst ausgestattet wurde, ist die Sammlung bemalter Möbel von den zuständigen Konser­vato­ren zunehmend ergänzt worden; zunächst von Julius Bielz und später, in den achtziger Jahren, von Irmgard Sedler. Erst 1990 ist die Sammlung zusammen mit der Abteilung für Ethnographie und Volkskunst als eigenständiges Museum ausgegliedert worden. Im Zuge der Übersiedlung in den ASTRA-Museumskomplex ist 1997 das Emil-Sigerus-Museum gegründet worden, zu dessen Bestand die Kulturgüter heute noch gehören. Mit dem Obergeschoss im Schatz­kästlein hat die Möbelsammlung nun eine repräsentative Ausstellungsfläche erhalten. Ein eigenes Forschungszentrum mit einer bedeuten­den Sammlung hat sich auch am Sie­ben­bürgischen Museum in Gundelsheim gebildet.

Die beinahe zwanzigjährige Partnerschaft beider Museen hat diese Ausstellung möglich gemacht. Zu den Objekten aus den eigenen Sammlungen gesellen sich Leihgaben aus dem Stundturmmuseum in Schäßburg, dem Ge­schichts­museum in Hermannstadt und aus mehreren Privatsammlungen. So können die Besucher anhand der ausgestellten Objekte einerseits die Entwicklung der bemalten Möbel­typen und der Schreinermalerei zwischen dem 17. und dem 20. Jahrhundert nachverfolgen, andererseits das Mobiliar in seiner Gebrauchs- und Repräsentationsfunktion se­hen, das die Aufteilung eines südsiebenbürgischen Hauses sowie die traditionelle Aufstel­lung der Möbel in den Wohnräumen erkennen lässt.

Mit dem Aufstieg der „Vedderscht Stuf“ zum Repräsentationsraum des Hauses, in dem der bäuerliche Wohlstand gezeigt und die großen Familienfeste abgehalten wurden, hängt zum Beispiel die Entwicklung entsprechend ausgestatteter Möbeltypen, wie Prunkbetten, Kreden­zen, und Anrichten zusammen. Die spezifisch ethnischen Ausprägungen des Phänomens bleiben dabei in vieler Hinsicht vergleichbar.

Zur Unterstützung der Repräsentations­funk­tion war die Farbgebung entscheidend, so dass sich das bemalte siebenbürgische Mobiliar als eine Sondergruppe der Schreinerkunst eingrenzen lässt. Enge Verwandtschaftsbezüge bestehen allerdings auch zu kirchlichen Denkmalgat­tungen: Zahlreiche Kanzeldeckel, Emporen­brüs­tungen, Kassettendecken bis hin zum Altar­zierrat und sogar Altarbilder, wie es zum Bei­spiel für den wenig gewürdigten Altar von Mi­chelsdorf bei Marktschelken nahe liegt, sind von den gleichen Meistern farblich gefasst worden.

Die landläufige, abwertende Bezeichnung ei­ner „Bauernmalerei“ wird der enormen Bedeu­tung, die jene Gegenstände im Leben ihrer früheren Nutzer hatten, sicher nicht gerecht – das zeigt diese Schau deutlich. Für ein angemessenes Geschichtsverständnis ist es unumgänglich, zu einer anderen Bewertung dieser Kulturgüter zu kommen. Engagierte, kuratorisch und restauratorisch hervorragend betreute Ausstel­lungen wie die „Wohnkultur – Bemalte Möbel aus Siebenbürgen“ im Schatzkästlein sind ein fundamentaler Anstoß zum erhöhten Schutz dieses Kulturgutes.

Frank-Thomas Ziegler

SbZ-Artikel: Ankündigung der Ausstellung "De Vedderscht Stuf" in Hermannstadt

Schlagwörter: Kulturhauptstadt, Kulturaustausch, Siebenbürgisches Museum

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