22. August 2007
Reges Interesse an Siebenbürgen
Mit seiner Einladung zu einer zweiwöchigen Siebenbürgenreise im Juni 2007 stieß der rührige Heimat- und Museumsverein Bad Rappenau auf ein überaus reges Interesse. Zu den Mitgliedern gesellten sich ausgesiedelte Siebenbürger Sachsen und neugierige Altbürger, die die geradezu wissenschaftliche Reiseleitung von Michael Konnerth zu schätzen wussten. 43 Teilnehmer chauffierte Gerd Blind im Reisebus der Bonfelder Fa. Hofmann in zweitägiger Fahrt nach Hermannstadt – ein Unternehmen, das zum Vergleich mit der langwierigen und strapazenreichen Einwanderung der ersten Deutschen vor über achthundertfünfzig Jahren anregte.
Man fuhr nach Rumänien, in ein neues EU-Land, dessen Beitritt am 1. Januar 2007 nicht unumstritten war. Hoffnungen und Zweifel ließen sich auf der Reise gleichermaßen nachvollziehen. So schreckten den Fahrer mehrere umgestürzte Lastzüge am Straßenrand, und die Route musste einige Male wegen Unpassierbarkeit geändert werden, aber viele Verzögerungen ergaben sich aus reger Straßenbautätigkeit.
Auch das ethnische Neben-, Gegen- und Miteinander weckte zwiespältige Gefühle. Das kulturelle Erbe der Siebenbürger Sachsen zeigt sich nach der systematischen Rumänisierung seit 1944 oft nur noch in denkmalgeschützten Spuren. Die besuchten Kirchenburgen in Heltau, Agnetheln, Birthälm, Tartlau und Honigberg sind immer noch eindrucksvolle Zeugen einer wehrhaften Vergangenheit zur Zeit der Türkeneinfälle, heute aber eben nur noch für wenige verbliebene Sachsen in bescheidenem Maß Stätten evangelischen Gottesdienstes. Sächsische Kirchengemeinden und Einrichtungen sind auf finanzielle Hilfe aus Deutschland angewiesen. Auch Vereinsvorsitzende Almut Friedrich konnte hie und da aus einem Fonds des Bad Rappenauer Heimat- und Museumsvereins „ein kleines Scherflein“ beisteuern. Seit dem großen Exodus der Sachsen, der seinen Höhepunkt nach der politischen Wende 1989 erreichte, geht eine achthundertfünfzigjährige Geschichte unwiderruflich zu Ende. Auf rumänischer Seite führte dies offensichtlich zu einer wachsenden Gelassenheit und Toleranz im Umgang mit dem sächsischen Erbe, wozu sicher auch die EU-Beitrittsverhandlungen beigetragen haben. Touristische Hinweistafeln zeigen neben dem rumänischen Text oft auch deutsche Fassungen, Ortsschilder tragen, neben der rumänischen Bezeichnung, auch die alten deutschen Namen. Sächsische Friedhöfe werden erhalten, aber viele Gräber sind mit Steindeckeln versehen, weil niemand mehr für Blumenschmuck aufkommen kann.
Von der Reise kreuz und quer durch Südsiebenbürgen bis nach Kronstadt und in die Südkarpaten bleiben eindrucksvolle Begegnungen in Erinnerung, beispielsweise ein Abend mit Professor Friedrich Philippi vom Brukenthal-Gymnasium in Hermannstadt, sein Ausharren an der Schule, die heute weniger als zehn Prozent deutsche Schüler hat, seine Arbeit als Kirchenbezirkskurator und Leiter der Schulkommission des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien; oder die Führung des aus dem Vogtland zugezogenen Dr. Wolfram Theilemann durch das Friedrich-Teutsch-Haus in Hermannstadt, wo die gefährdeten Reste der evangelischen Pfarrarchive aus ganz Siebenbürgen gesammelt und geordnet werden; aber auch die Herzlichkeit des rumänischen Altbürgermeisters Nicolae Nan aus Honigberg, der in politisch schwierigen Zeiten versuchte, seinen sächsischen Mitbürgern ein fairer Partner zu sein; schließlich die Gastfreundschaft mehrerer Honigberger Institutionen und Privatpersonen, die sich im örtlichen Kulturhaus manifestierte: während Kuratorin Erika Popescu, geborene Schmidts, die Reisegruppe aus dem Kraichgau begrüßte, wurden Berge von raffiniertem Kleingebäck aufgetischt.
Der Blick aus dem Busfenster auf die verödeten Weinbergterrassen der ausgewanderten Sachsen oder auf die orthodoxen Kreuze, mit denen heute fast überall Namen und Baujahr der früheren sächsischen Hofbesitzer übertüncht sind, stimmte wehmütig. Aber es war auch Aufbruchstimmung spürbar.
Ein „wilder Osten“ greift um sich – in den Städten mehr als auf dem Land: Die Ostblock- und Plattenbau-Tristesse weicht allmählich farbenfrohen Großmärkten, modernen Auslieferungs- und Fabrikationshallen, grell-leuchtenden Tankstellen... und das alles oft mit Namen und Markenzeichen geziert, wie man sie auch bei uns sieht. Dass Rumänien zu Europa gehört – hier steht es außer Frage.
Auch das ethnische Neben-, Gegen- und Miteinander weckte zwiespältige Gefühle. Das kulturelle Erbe der Siebenbürger Sachsen zeigt sich nach der systematischen Rumänisierung seit 1944 oft nur noch in denkmalgeschützten Spuren. Die besuchten Kirchenburgen in Heltau, Agnetheln, Birthälm, Tartlau und Honigberg sind immer noch eindrucksvolle Zeugen einer wehrhaften Vergangenheit zur Zeit der Türkeneinfälle, heute aber eben nur noch für wenige verbliebene Sachsen in bescheidenem Maß Stätten evangelischen Gottesdienstes. Sächsische Kirchengemeinden und Einrichtungen sind auf finanzielle Hilfe aus Deutschland angewiesen. Auch Vereinsvorsitzende Almut Friedrich konnte hie und da aus einem Fonds des Bad Rappenauer Heimat- und Museumsvereins „ein kleines Scherflein“ beisteuern. Seit dem großen Exodus der Sachsen, der seinen Höhepunkt nach der politischen Wende 1989 erreichte, geht eine achthundertfünfzigjährige Geschichte unwiderruflich zu Ende. Auf rumänischer Seite führte dies offensichtlich zu einer wachsenden Gelassenheit und Toleranz im Umgang mit dem sächsischen Erbe, wozu sicher auch die EU-Beitrittsverhandlungen beigetragen haben. Touristische Hinweistafeln zeigen neben dem rumänischen Text oft auch deutsche Fassungen, Ortsschilder tragen, neben der rumänischen Bezeichnung, auch die alten deutschen Namen. Sächsische Friedhöfe werden erhalten, aber viele Gräber sind mit Steindeckeln versehen, weil niemand mehr für Blumenschmuck aufkommen kann.
Von der Reise kreuz und quer durch Südsiebenbürgen bis nach Kronstadt und in die Südkarpaten bleiben eindrucksvolle Begegnungen in Erinnerung, beispielsweise ein Abend mit Professor Friedrich Philippi vom Brukenthal-Gymnasium in Hermannstadt, sein Ausharren an der Schule, die heute weniger als zehn Prozent deutsche Schüler hat, seine Arbeit als Kirchenbezirkskurator und Leiter der Schulkommission des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien; oder die Führung des aus dem Vogtland zugezogenen Dr. Wolfram Theilemann durch das Friedrich-Teutsch-Haus in Hermannstadt, wo die gefährdeten Reste der evangelischen Pfarrarchive aus ganz Siebenbürgen gesammelt und geordnet werden; aber auch die Herzlichkeit des rumänischen Altbürgermeisters Nicolae Nan aus Honigberg, der in politisch schwierigen Zeiten versuchte, seinen sächsischen Mitbürgern ein fairer Partner zu sein; schließlich die Gastfreundschaft mehrerer Honigberger Institutionen und Privatpersonen, die sich im örtlichen Kulturhaus manifestierte: während Kuratorin Erika Popescu, geborene Schmidts, die Reisegruppe aus dem Kraichgau begrüßte, wurden Berge von raffiniertem Kleingebäck aufgetischt.
Der Blick aus dem Busfenster auf die verödeten Weinbergterrassen der ausgewanderten Sachsen oder auf die orthodoxen Kreuze, mit denen heute fast überall Namen und Baujahr der früheren sächsischen Hofbesitzer übertüncht sind, stimmte wehmütig. Aber es war auch Aufbruchstimmung spürbar.
Ein „wilder Osten“ greift um sich – in den Städten mehr als auf dem Land: Die Ostblock- und Plattenbau-Tristesse weicht allmählich farbenfrohen Großmärkten, modernen Auslieferungs- und Fabrikationshallen, grell-leuchtenden Tankstellen... und das alles oft mit Namen und Markenzeichen geziert, wie man sie auch bei uns sieht. Dass Rumänien zu Europa gehört – hier steht es außer Frage.
Gottfried Reichert
Schlagwörter: Reise
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