1. Dezember 2008

Wahlsieger in Rumänien steht noch nicht fest

Bei den rumänischen Parlamentswahlen vom 30. November zeichnet sich noch kein klarer Sieger ab. Ersten Hochrechnungen am Sonntagabend zufolge lag das Wahlbündnis der Sozialdemokraten (PSD) mit der kleinen Konservativen Partei (PC) mit 36 Prozent der Stimmen vor der Demokratisch-Liberalen Partei mit 31 Prozent und der Nationalliberalen Partei (PNL) mit 20 Prozent der Stimmen. Eine andere Reihenfolge gab die Zentrale Wahlkommission am Montag nach Auszählung von 71 Prozent der Stimmen bekannt: PD-L 33,3 Prozent, PSD-PC 32,1 Prozent, PNL 18 Prozent und UDMR 6,2 Prozent.
Mit nur 39,26 Prozent wurde die geringste Wahlbeteiligung seit dem Fall des Kommunismus verzeichnet. 18 Millionen Bürger waren zur Wahl berechtigt, bei der erstmals über Direktkandidaten statt Parteilisten abgestimmt wurde. Die Politikverdrossenheit hat die ersten Parlamentswahlen nach dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union ebenso markiert wie die Weltfinanzkrise, die das Land hart trifft. Premier Călin Popescu Tăriceanu (PNL) hatte noch Ende September behauptet, die Krise würde sein Land nur marginal berühren, inzwischen spricht man aber offen von „Krisenbekämpfungsmaßnahmen“ und erwartet steigende Arbeitslosigkeit und „jahrelange Nachbeben“ (Der Standard).

Zur Bewältigung der Krise sind klare Mehrheitsverhältnisse erforderlich, so wie es sie in den letzten Jahren nicht mehr gab. Die Nationalliberalen und der Ungarnverband bildeten zuletzt eine Minderheitsregierung, die von den Sozialdemokraten unterstützt wurde. Rumänien verzeichnete dabei Rückschritte bei der Korruptionsbekämpfung und einen Reformstau, der in Brüssel scharf kritisiert wurde. Die EU-Kommission drohte mit Sanktionen.

PSD-Vorsitzender Mircea Geoană feierte das gestrige Ergebnis, das von ersten Hochrechnungen ausging, als Sieg seiner Partei. „Wir haben es verdient zu gewinnen.“ Die Wähler hätten für einen grundlegenden Wandel gestimmt, erklärte er. Geoană erhob den Anspruch, die neue Regierung zu stellen und versprach, „die Auswirkungen der Finanzkrise durch eine gesellschaftliche Umverteilung abzufedern“ (Süddeutsche). In einem Interview mit Associated Press hatte Geoană vor den Wahlen sogar eine „Revolution“ angekündigt, „die den rumänischen Staat transformieren wird“.

Von einem „Sieg der Rechten“ sprachen Emil Boc, Vorsitzender der Demokratisch-Liberalen Partei, und deren Spitzenkandidat Theodor Stolojan. Sie befürworten eine Neuauflage des Regierungsbündnisses mit der Nationalliberalen (PNL). Beide Parteien kommen auf mehr als 50 Prozent der Stimmen, um fast 20 Prozent mehr als vor vier Jahren. Die Parteien haben sich aber vor allem durch den Dauerstreit zwischen dem Premierminister und Staatspräsidenten entfremdet.

Premierminister Călin Popescu Tăriceanu hält sich alle Optionen offen. Die Nationalliberalen sind drittstärkste Kraft und gelten als Königsmacher. Sie werden sowohl von der PSD als auch PDL als Koalitionspartner umworben.

Eine entscheidende Rolle spielt Staatspräsident Traian Băsescu, dem die Nominierung des neuen Ministerpräsidenten obliegt. Er will sich Zeit lassen und die Gespräche mit den Parteien erst nach dem endgültigen Wahlergebnis beginnen.

S. B.

Schlagwörter: Politik, Parlamentswahlen

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