15. April 2006

Frida Binder-Radler: "Hiemkihr"

Mit dem Gedicht "Himkihr" gedenkt die Siebenbürgische Zeitung in ihrer Mundartrubrik "Sachsesch Welt" einer Künstlerin, die vor 20 Jahren verstorben ist: Frida Binder-Radler.
Himkihr

Äos der Fremd no ville Johren
Hiemetläw mech refft zeräck
ä Gemien uch froadich Härzen.
Frihlich saingen ech viur Gläck.

Un dem Wiëch, diën ech gegongen
vill zea menger Jugendzekt,
bläht de Kennengskärz nooch ängden,
der riut Mohn wä dea uch hekt.

Ängden nooch schliet mir de Wuechtel,
refft, ech sil det Kiure mehn:
"Sekst tea net de gealdän Ehren
af de reïfe Fiëldern hehn?"

Schwalwe fläjen hiu uch nedder,
doch nor ien, dä mech begliet
ä meng Vueterhäos um Brännchen,
bä meng Läwe sä mich liet.

Wä ech schregden durch de Gassen,
säh mech Fremde frejän un.
Viur dem Dirrchen sätze Fräen,
pespern: "Wohär sil derr kunn?"

Jugendlichen sainge Lieder. -
Dä klainge mir fremd uch kaolt. -
Ach, wat huet de Zekt verbroochen
u mir, datt ech fremd uch aolt?

Viur dem Vueterhäos, do stohn ech,
weall behoingd nea änegohn
bä meng Läwen, dä do wuerden,
menge Sieleschmärz verstohn.

Doch et sähn mech äos dem Fenster
Eabekaonter Uugen un,
freje mech ä fremde Sprochen,
wat ech hä vun än'n wil hun.
No dem Kirchereech sä ziejen. -
Do sähn ech en Träoerwegd
iwer Gräwer deff sich niejen. -
Ach, wä gräosem äs de Zekt,

datt se alles aondersch maoche
weall, wä em et sealwest wil! -
Ach, et wid mir, ken Erwuerden,
bätter Härzelied zediel.

Gaonz verlosse stohn ech, iensem ...
Nä, ech bän net gaonz ellien:
Eangder deser Wegd, do stiht - nooch! -
e beschriwän Gräwesstien.



Frida Binder-Radler wurde am 13. Mai 1908 in Elisabethstadt geboren und starb am 3. Dezember 1986 in Hermannstadt. Ihr Bildungsweg: Schulbesuch in Hermannstadt, Lehrerseminar in Schäßburg, künstlerische Ausbildung in Neustadt (Baia Mare). Sie war Kunstpädagogin an der Hermannstädter Volkskunstschule, Bühnenbildnerin am Hermannstädter Staatstheater, Mitglied der Union der bildenden Künstler Rumäniens. Ihr Werk umfasst neben Porträts, Büsten und Ölgemälden ein reichhaltiges literarisches Schaffen: 1947 erschienen "Gedichte" in siebenbürgisch-sächsischer Mundart, 1983 "Das Brauthemd", Sagen aus dem Kaltbachtal. Daneben publizierte sie zahlreiche Texte in der Zeitschrift Volk und Kultur sowie in den Zeitungen Karpatenrundschau und Die Woche. Aus dem Nachlass wurden bzw. werden Texte vom Sohn Wolfgang Binder herausgegeben, darunter auch 14 Bühnenstücke in siebenbürgisch-sächsischer Mundart.

Bernddieter Schobel

Schlagwörter: Mundart

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