1. Oktober 2006

Bemerkenswerter Beitrag zur Dokumentation der Zeidner Mundart

Die erste Frage, die wir uns stellen: Gibt es noch sächsische Wörterbücher für andere Ortschaften? Auskunft erhielt ich von der Volkskundlerin Hanni Markel. Wir fassen zusammen: Das wohl unerreichbare Modell eines siebenbürgisch-sächsischen lokalen Wörterbuches ist jenes für Treppen. Friedrich Krauß „Treppener Wörterbuch. Ein Beitrag zum Nordsiebenbürgischen Wörterbuch. Marburg 1970“. Mit dem neuen Buch „,Áondàrm Zàoednàr Biàrech‘ – Zàoednàr Riàdànsuàrt – Zeidner Wortschatz“ leistet Hans Wenzel nun einen bemerkenswerten Beitrag zur Dokumentation und Erhaltung der Zeidner Mundart.
Friedrich Krauß (1892-1978) hat bekanntlich auch am allgemeinen „Siebenbürgisch-sächsischen Wörterbuch“ mitgearbeitet, das ab 1908 zunächst vom Ausschuss des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde herausgegeben wurde. Zwei Weltkriege bedingten natürlich ein Auf und Ab in der Entwicklung der Arbeit, die Prof. Dr. Helmut Protze in der Nachkriegszeit im Auftrag der Akademie der Wissenschaft Berlin (Ost) und auch aus eigenem Antrieb tatkräftig gefördert hat. Der wohl informierteste Kenner der siebenbürgisch-deutschen Sprache und Dialekte schrieb an Hans Wenzel, dass er zweimal in Zeiden geweilt habe, und stellte ihm für sein Wörterbuch seine Sammlung von 400 Wörtern zur Verfügung.

Das Buch Áondàrm Zàoednàr Biàrech – Zàoednàr Riàdànsuàrt – Zeidner Wortschatz von Hans Wenzel ist zum Preis von 10,00 Euro, zuzüglich Versandkosten, bei Rüdiger Zell, Storchenweg 1, 89257 Illertissen, Telefon: 0 73 03) 90 06 47, erhältlich.
Das Buch "Áondàrm Zàoednàr Biàrech – Zàoednàr Riàdànsuàrt – Zeidner Wortschatz" von Hans Wenzel ist zum Preis von 10,00 Euro, zuzüglich Versandkosten, bei Rüdiger Zell, Storchenweg 1, 89257 Illertissen, Telefon: 0 73 03) 90 06 47, erhältlich.
Mit der Arbeit "Áondàrm Zàoednàr Biàrech" – Zàoednàr Riàdànsuàrt – Zeidner Wortschatz leisten die Zeidner einen bemerkenswerten Beitrag zur Erhaltung der Mundart.

Das ist Hans Wenzel zu verdanken, der keine andere Voraussetzung für diese Arbeit mitbrachte, als ein waches Interesse für die Zeidner Mundart, einen ausdauernden Arbeitseifer (hier darf ich den Zeidner Bernd Kolf zitieren: „Wer etwas erreichen will, muss sich mit den Zähnen am Schreibtisch festhalten.“) und den festen Willen, seine Arbeit zu vollenden. Er hat nicht aufgegeben, wenn ihm Georg Aescht, sein Berater in kritischen Arbeitsabschnitten, riet, noch einmal alles durchzugehen und neu zu ordnen, die Übersetzung zu überdenken, die Schrift, die Satzzeichen, ja die Leerstellen zu vereinheitlichen. Er hat sich Schritt für Schritt vorgekämpft, auch wenn wir andern, die Philologen, die „Besserwisser“, skeptisch meinten, da brauche er unbedingt die Zeichen der phonetischen Transkription, wie wir sie beim Englischlehren mit Gewinn anwenden. Er hat sie nicht gebraucht, und was hätte der Zeidner „Verbraucher“ auch damit angefangen? Er ist seinen Weg „stur“ gegangen, nur so konnte er das Ziel erreichen. Seine große Hilfe Inge Gutsch, ebenfalls Germanistin, Tochter des beliebten Zeidner Vortagskünstlers Otto Zerwes, hat ihm da nicht mehr hineingeredet. Sie hat ihn mit ihrer Verbesserung (ein Jahr Arbeit!) tatkräftig unterstützt, und ihre Meinung, die Art des Schreibens sei Konvention, er müsse sie nur konsequent durchhalten, hat ihn gestärkt.

Eine Schwierigkeit war sicher, dass die drei, die nun im Dienst des Wörterbuchs miteinander kommunizierten, nicht an einem Ort wohnen. Briefe und Textseiten wurden zwischen München, Bonn und Iserlohn hin- und hergeschickt. Hier ein Zitat aus einem Brief von Georg Aescht an Hans Wenzel: „Es tut mir leid, wenn ich Dir hier nur von Arbeit, Arbeit und wieder Arbeit erzählen kann. Es ist halt so mit der Sprache, und sie ist es ja auch wert.“ Und in einem der letzten Briefe heißt es dann. „Du hast einen Haufen, ja einen Wust von Material in eine Form gebracht, in der jeder Zeidner die Bestätigung oder Widerlegung seiner sprachlichen Erinnerung finden oder dieselbe auffrischen kann. Viel Dank wirst Du nicht ernten – aber die Leute, die Du ansprechen willst, wirst Du damit sicher erreichen, und sie werden es zu schätzen wissen.“ Und nun gleich auch ein Zitat von Prof. Dr. Protze, er schreibt an Wenzel nach Erhalt des Zeidner Wörterbuches: „Sie haben uns eine Freude gemacht mit Ihrem „Zeidner Wortschatz“, zu dem ich Ihnen gratuliere. Es sollten noch weitere ähnliche Sammlungen entstehen in Siebenbürgen, wobei Zeiden herausragt.“

Wir verdanken dieses Büchlein aber auch dem Einsatz der Zeidner Nachbarschaft. Udo Buhn, der Nachbarvater, und Helmuth Mieskes, der für den Zeidner Gesprächskreis für Orts- und Heimatkunde verantwortet, haben die Herausgabe in der Reihe „Zeidner Denkwürdigkeiten, Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde von Zeiden“ ermöglicht und vorangetrieben.
Nun liegt es in unseren Händen, das „Wörterbuch der siebenbürgisch-sächsischen Mundart aus Zeiden“, handlich, übersichtlich gestaltet, das Schriftbild gefällig, fett gedruckt die Stichwörter, normal die Erklärungen und kursiv die grammatischen Angaben.

Die erste Schwierigkeit auf der Titelseite: Zàoednàr! Hören wir im Wort Zeiden in unserer Zeidner Mundart den Triphthong àoe? Klingt da nicht ein ö dazwischen? Zàöedàn? Ein reines ö nicht, aber auch nicht ein reines o. Es ist in unseren Zwie- und Dreilauten fürwahr „ein Glissando, ein Gleiten über nuancierte Zwischenstufen“, wo nicht nur die Selbstlaute a, e, i, o, u in neue Laute verschmelzen, sondern auch noch der Einfluss des Rumänischen und Ungarischen zu spüren ist, wie es Georg Aescht im Vorwort halb scherzend definiert. Hans Wenzel hat sich für diese Schreibweise entschieden und dann konsequent daran festgehalten. So finden wir sie wieder in Bàoe (Biene), in Wàoer (Weiher), dràoen (drohen) und gleich zweimal im Zeidner Flurnamen Stàoelàoe.

Ebenso schwierig ist die nächste Vokalkombination oàeà in Floàeàsch (Fleisch), Woàeàd (Weide), Moàeàssàr (Messer) oder droàeàmàn (träumen“).

Der Autor hat sich die Wörter gewissenhaft viele Male vorgesprochen und sich auch vorsprechen lassen, bis er diese Lautung festgehalten hat. Die andern Diphthonge und Triphthonge können wir Zeidner ohne Schwierigkeit nachvollziehen, sei es oàe in broàenàn (bringen) oder oáe in broáeán (brennen /hauen) und Foáedàr (Fuder/ Fuhre), ja auch oààe in Goààes (Gans)oder oàà in Goààld (Gold) und Gloàànz (Glanz).

Die letzten drei Beispiele belegen auch den singenden Tonfall der Zeidner. Der liegt wohl hauptsächlich in der Satzmelodie, aber diese Dehnungen mit dem dumpfen e (à geschrieben) tragen wesentlich dazu bei.

Hans Wenzel hat sich unendlich Mühe gegeben bei der Auswahl der Schriftzeichen und der Festlegung der Schreibweise. Ich will nicht wiederholen, was er in der Einleitung schreibt, aber auch dem uneingeweihten Leser wird auffallen, dass zwei Wörter dadurch eine andere Bedeutung bekommen, nach welcher Seite der Akzent über dem a geneigt ist: à (dumpfes e) oder á (sehr helles a) und ob überhaupt ein Akzent da ist.. Da heißt es z.B. Beách (Buch) oder Beàch (Bauch), áfállàn (einfüllen) oder áfallàn (einfallen), broàenàn (bringen) oder broáenàn (ringen).

Der Autor hält fest, dass wir Zeidner zwar Geádà Marjàn sagen, aber dann Geádàn Iàwànd. Dasselbe geschieht beim Zusammenziehen von Familiennamen mit dem Vornamen. Nehmen wir zwei typische Zeidner Familiennamen: Aoscht und Mill. Es heißt zwar Aoschtà Geárech, aber Aoschtàn Emmi, Millà Franz, aber Millàn Hans. Der Leser merkt, das eingeschaltete n hängt vom folgenden Laut ab, der Fluss des Sprechens verlangt es so.

Auffällig sind auch die Wortvarianten, die er festgehalten hat. Beispiele: für Hoftüre: Houwàndir, Hàuwàndir, Hàiwàndir, für Tat: Tiàt und Tuàt, für die Redewendung - Hab mich gern - Huàf mech gáoràn oder Haf mech gáoràn.

Gewichtiger ist der Unterschied bei den Synonymen. Einige Beispiele: Grip, Stáip, Zpackàn (Astgabel zum Tragen oder Stützen), àntkoàeàn, àntgàijàn (entgegen), àrdinàn, ánhoàlàn (einholen), áquáetschàn, ápláetàràn (einzwängen, quetschen), ánbeàdàmàn, ándubàràn und ábudàràn (einhüllen).

Das letzte Beispiel führt uns zum nächsten Pluspunkt der Arbeit. Wir entdecken viele alte Wörter, die aus unserer „verstädterten“ Ausdrucksweise längst verschwunden sind, hier aber festgehalten werden und für Sprachforscher kostbares Material darstellen können. Für das Wort einhüllen z. B. kenne ich nur die dritte Variante (ábudàràn), die erste (ánbeàdàmán) würde ich als Archaismus einschätzen. Wer kennt noch das Wort Áodàr statt Foádàr für Fuder/Fuhre, ánnoàdàràn für einstecken, Àisdàich für die ersten Frühlingstage, greàràlàn für ausschreiten, Gàschnoáchàl für Naschwerk, fronoiràn für etwas kaputtmachen?

Genau so unbekannt sind uns, der Masse der Leser, die Fachausdrücke, die ja kaum noch in der Mundart gebraucht werden. Da erfahren wir Pflanzennamen wie Hiàmbech (Weißbuche) und Pekàs (Buchsbaum), Tiernamen wie Pià (Pfau), Hándhuàs (Dachs) und Foimàl/Wiwàl (Getreideschädling) und schließlich die vielen Fachausdrücke aus der Bauernwirtschaft! Unter Áeràwuàghàn können wir uns noch alle etwas vorstellen, aber von den Geräteteilen haben wir kaum gehört. Da geht es von Áorwàn (Deichselhalterung) über Silsched (Schwengel) zu Koààltàr, Ràistàr und Schuàr (Teile des Pfluges) usw. Der Anhang mit den meisterlich gestalteten Abbildungen der Geräte und Geräteteile mit Beschriftung verdeutlicht, wie wertvoll dieses kleine Büchlein ist. Wer aus der nächsten Generation könnte diese Fachausdrücke noch festhalten?
Dasselbe gilt für die Straßen- und Flurnamen. Dàn Máttàuchstoàeàn kennen noch alle Zeidner, dàn Heáljàbiàrech noch einige, aber wer weiß noch, wo dàt Huàwàràik liegt oder dà Biàràbàuch, dá Hussáoràgránz dár Ràisàlnhom, dàr Ràirhom, dà Tättàlkeàl?

Noch vor Erscheinen des Buches wurde unser Autor gefragt, ob die gesammelten Wörter nur in Zeiden gesprochen werden. Natürlich nicht. Trotzdem: Manche kennt man wirklich nur in Zeiden, bei andern ist die eigenartige Lautung typisch für Zeiden. Eine Besonderheit im Zeidner Wortschatz ist sicher dàt Gàweàdàr (einfach Wetter). Nur wir haben geát och licht Gàweàdàr, bei den andern heißt das Wádàr oder Wädàr. Ebenso heißt nur bei uns háeßech klein, bei den andern heißt es hässlich. Wie steht es mit Poánàloitzkàn, auch Lunzi (kleiner Finger)? Páodàmdráoesslàr (Tausendsassa) oder Wendungen wie dàr gàspoàràn Miàndech (am Sankt Nimmerleinstag) und gàschuàchtàrt Knáe (entfernte Verwandte) könnten auch einzigartig sein.

Die jetzt folgenden Wörter kennt man überall und sie erfassen das Neue in unserem Leben. So listet Hans Wenzel neben Arbàt und arbàdàn auch die Neologismen Arbàtsomt, Arbàtslàisechkoàeàt und Arbàtslàisàgáeld auf und außer Fläjàrplatz auch Flächhafàn, neben Wuschtschàr auch Würstàl.

Die Sprache geht mit der Gesellschaftsentwicklung mit, auch das Zeidnerische. Gerade dieses weist eine gewisse Annäherung an das Hochdeutsche auf in der Bildung neuer Wörter. Von „ficht“ (feucht) gibt es die Substantive Fichtàgàt (alte Form) und Fichtechkoàeàt (neuere Form für Feuchtigkeit) mit den hochdeutschen Ableitungssilben –ig und –keit, ebenso Wichtechkoàeàt (Wichtigkeit) oder Fiàrtechkoàeàt (Fertigkeit). Das Präsenspartizip bilden wir wie im Hochdeutschen mit –d, sátzànd, riàdànd, im Altland heißt das noch al sátzán, al riàdán etc.

Auch scheint mir, dass wir in Annäherung an das Hochdeutsche manche alte Form fallen lassen. Wer sagt für Plombe noch àn Blomb? Sagen wir nicht eher ámzähn statt áumzähn, ám wäot statt áum wäot oder duch statt duich und also auch duchàntuch nicht duichántuich? Aber auch Goàld statt Goààld, Gloànz statt Gloàànz usw., wodurch der Tonfall in Gefahr kommt. Ja, das Singen beim Sprechen hat sich der eine oder andere abgewöhnt. Deshalb meine ich, man müsste zu so einem Wortschatzbüchlein auch eine gesprochene CD oder Kassette herausgeben, dann erst wäre das Zeidnerische wie es „singt und klingt“ gerettet. Denn manche Wörter sind echte Zungenbrecher, und das sorgfältige Nachsprechen beim Lesen bringt zwar eine Annäherung an die Lautgestalt des Zeidnerischen, aber noch nicht den echten Dialekt.

Das Büchlein birgt noch andere Kostbarkeiten. Aus dem Wortschatz lässt sich Kulturgeschichte und Brauchtum ablesen. Die Bezeichnungen Äoltkniecht, Äoltmáed, Gáungkniecht, Gáungmáed, Gáung – Äoltkniecht, Gáung – Äoltmáed sagen etwas darüber aus, wie die Jugend in Siebenbürgen vor dem 2. Weltkrieg organisiert war. Nach der Konfirmation gehörte man zur Jugend, man wurde Gáungkniecht und Gáungmáed. Die Mädchen waren in der Schwesternschaft zusammengeschlossen und wurden von der Äoltmáed geleitet, die männliche Jugend bildete die Bruderschaft und ihnen stand der Äoltkniecht vor. Beide Leiter hatten Vertreter, die ihre Nachfolger/-innen wurden, das sind dann dàr Gáung-Äoltkniecht und dà Gáung-Äoltmáed. Vor der Konfirmation hatten die zu konfirmierenden Kinder einen bestimmten Platz in der Kirche einzunehmen, vorne unter der Kanzel, auf Bänken, die wir in Zeiden dàt Benkàltschàn nannten.

Die Bezeichnungen Äolt Schàil, Äolt Näoe Schàil und Näoe Schàil sagen etwas darüber aus, dass die Zeidner der schulischen Bildung große Bedeutung zugemessen haben. Im Laufe der Jahre wurde immer dann eine neue Schule gebaut, wenn die alte den Anforderungen nicht mehr entsprach. (Es stehen auch jetzt noch vier Schulgebäude.) Das Wort Schàilfást bezeichnet das jährliche Schulfest und als Flurname die Waldwiese, wo es abgehalten wurde.

Aus dem Gemeinschaftsleben stammt dát Bráoetschàn: meist ein kleines Stück Schweinefleisch zum Braten, das man beim Schweineschlachten an Verwandte und Bekannte verschenkte. Kulinarisch wird es, wenn wir das Rezept von Fitzku, einem alkoholfreien Bier aus Zuckerrüben, erfahren.

Noch ein Wort zum Einfluss der Nachbarsprachen auf den Zeidner Wortschatz. Das alte Wort Kretzàm/Kretschàm (Wirtshaus) wie auch dàr Kretschmàr (Gastwirt) ist augenscheinlich aus dem Rumänischen (cîrciumà /crîsmà) abgeleitet, wie auch Kratzàweàtz (Gurke) oder Burdáeà (Hütte) von bordei. Aus dem Ungarischen stammen u.a. Bàoetschoi (bacsi – Onkel) und Fitzku im Sinne von munterer oder leichtfertiger Kerl (ung. Ficko – Kerl). Der österreichische Einfluss ist unbestritten, aber unser Autor führt auch ein slawisches Wort an: dobàr sen (ám Hoàeàft – im Kopf) von dobre – gut.

Typisch für das Bodenständige des Dialekts sind die Wörter, die das Konkrete, Greifbare herausstellen, etwas bildhaft benennen. Einige Beispiele: Iárdapàlfráessàr für Engerling, Ifdàuch für Dachgesims, iwàrhoáldech für beständiges Wetter, ám Iwàrhoáldejàn sen für im Wetterschutz sein, dàt Wäossàr ás iwàrreàmàlt für eine Eisschicht hat sich über dem Wasser gebildet und hoáet àwàich für mach Platz.

Natürlich meint man im ersten Impuls: „Schade, dass die Betonung nicht eingetragen ist, sie hätte das Lesen erleichtert.“ Ein Beispiel: Jandar (Gendarm) Betonung 2. Silbe und Jandàr (Schlendern, Flanieren) Betonung 1. Silbe. Aber gerade dieses Wort zeigt, dass es kaum möglich ist, auch noch die Betonung einzutragen. Auf dem a haben wir schon das Akzentzeichen für das dumpfe e, und unter dem J sitzt ein Zeichen, das uns zeigt, dass aus dem Kehllaut J (Jaos- Jause) der Gaumenlaut J (Jáp –Tasche) wurde. Noch eine Unterstreichung oder ein Akzent würde Verwirrung stiften.

Hanni Markel sind einige kulturgeschichtliche Details aufgefallen. Das Wort Beàlàscháoefkàn übersetzt Hans Wenzel mit Flussmuschel. Im Siebenbürgisch-sächsischen Wörterbuch wird beurkundet, dass es nur im Zeidnerischen vorkommt und dass es die Blüte des Holunders bezeichnet. Beim Wort allàerlàoe fiel ihr auf, dass nur die Übersetzung – allerlei – angegeben ist. Als Substantiv Allàrlàoe bezeichnet es auch in Zeiden ein pfefferähnliches Gewürz (Piment). Und ein Letztes: Bàufloàeàsch (Speck) kommt wahrscheinlich nicht von Bauch, sondern von Bache (weibliches Wildschein), siehe auch Bàuchàn (Speckseite).

Aber diese Bemerkungen schmälern weder den Wert des Buches noch der Arbeit unseres Autors. Er hat in aufopferungsvoller Arbeit nicht nur die Wörter gesammelt und geordnet, sondern sich auch Wissen angeeignet über Wörterbuchgestaltung und Computertechnik und sich den Kopf darüber zerbrochen, wie man das Zeidnerische so schreibt, dass man es lesen kann. Sowohl in der Einleitung als auch in der Vorstellung des Buches im Rahmen des heimatkundlichen Arbeitskreises betont er, dass er nicht den Anspruch der Vollständigkeit und der Wissenschaftlichkeit erhebt. Er fordert die Leser auf, es weiter zu entwickeln, es eventuell zu verbessern. Wir erfahren aber auch, dass ihm immer wieder Wörter auffallen, die er noch nicht erfasst hat und dass er sie in gewohnter Weise festhält. Das ist erfreulich, vielleicht entschließt er sich zu einer erweiterten Ausgabe? Motto: Nach dem Schreiben ist vor dem Schreiben.

Was noch gesagt werden muss: Sehr gut durchdacht ist auch der Vorspann des Buches: Von der luxemburgischen Textstelle, die schon mancher Siebenbürger staunend an Ort und Stelle gelesen hat, über das Vorwort, für das Georg Aescht zeichnet, und die Einleitung des Autors zur Erklärung der Lautschrift, der Zeichen, der Anordnung der Wörter, des grammatischen Apparates bis zu den Besonderheiten der Zeidner Mundart und den Quellen in alphabetischer Reihenfolge. Der Autor hat überdies die Namen derer, die ihm Wörter zugeschickt haben, auch getreulich hinter jedem Wort angeführt. Besondere Hilfe, das betont er, bedeutete ihm die Sammlung von Rosa Kraus (vermittelt durch Hilda Kraus), von Balduin Herter und Prof. Dr. Helmut Protze. Der „Anhang mit einigen Gebrauchsgegenständen aus der Landwirtschaft“, der in Zusammenarbeit mit Erhard Adams und Reinhardt Martini gestaltet wurde, muss besonders hervorgehoben werden. Wer diese Seiten durchblättert, weiß, dass das Büchlein über den Zeidner Wortschatz seine Berechtigung hat. Diese Wörter verschwinden mit den Geräten und der Betätigung derselben. Es ist sozusagen fünf vor zwölf.

Eine glückliche Idee war es, in jedes Buch ein Lesezeichen zu legen, auf dem die wichtigsten Erläuterungen und Zeichen zu finden sind. Das erleichtert den Gebrauch des Buches, man muss nicht immer zurückblättern. Wenn H. Wenzel auf der Vorderseite der Leiste noch einmal alle „Mitarbeiter“ ngibt, die ihm Wörter zugeschickt haben, so ist das seine bescheidene Art, nicht in den Vordergrund treten zu wollen, aber wir wissen, er hat eine Riesenarbeit geleistet. Und wenn man weiß, wie viele Zeidner die Entstehung des Buches mit Interesse verfolgt und begleitet haben, kann man annehmen, dass es freundlich aufgenommen und mit Eifer durchstudiert wird und dass der Verfasser Hans Wenzel das Echo vielfach erfährt. Womit wir zum Anfang zurückkehren, „die Leute, die er ansprechen wollte, hat er erreicht, und sie wissen es zu schätzen“. Bleibt noch die Hoffnung, dass es auch im Rahmen der Dialektforschung seinen Beitrag leistet.

Katharina Unberath

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 15 vom 30. September 2006, Seite 23)

Schlagwörter: Rezension, Mundart, Zeiden

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