7. Juni 2017

Gerda Hasselfeldt münzt große Empathie für Siebenbürger Sachsen in politische Handlungen um

Gerda Hasselfeldt, MdB, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, hat in ihrer Festansprache bei der Eröffnung des Heimattages am 3. Juni in Dinkelsbühl die aktuelle Lage der Siebenbürger Sachsen im Beziehungsgeflecht zwischen alter und neuer Heimat sowie ihren wesentlichen gesellschaftlichen und kulturellen Beitrag in Deutschland und Rumänien einer tiefsinnigen Analyse unterzogen. Die Politikerin verdeutlichte mit viel Empathie, wie die Anliegen der Vertriebenen und Aussiedler im Deutschen Bundestag artikuliert und in politische Handlungen umgesetzt werden. So wurden in dieser Legislaturperiode die Kulturförderung der Heimatvertriebenen weiterentwickelt, die Mittel dafür seit 2005 nahezu verdoppelt, der Um- und Ausbau von Schloss Horneck wurde ebenso gefördert wie die deutschsprachigen Schulen in Rumänien, ehemalige deutsche Zwangsarbeiter wurden finanziell entschädigt. Da Spätaussiedler im Alter in erheblichem Maße von Armut betroffen sind, will die 66-Jährige nun eine „Besserstellung der Spätaussiedler im Fremdrentengesetz“ erreichen. Gerda Hasselfeldt sagte ebenso wie der bayerische Innenminister Joachim Herrmann spontan zu, im August am großen Sachsentreffen in Hermannstadt teilzunehmen, wo Staatspräsident Klaus Johannis als Gastgeber in Erscheinung treten wird. Hasselfeldts Ansprache wird im Folgenden im Wortlaut wiedergegeben.
Sehr geehrte Frau Daniel, lieber Bernd Fabritius, Herr Oberbürgermeister, liebe Kollegen aus den Parlamenten, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich grüße Sie sehr herzlich zu Ihrem Heimattag in Dinkelsbühl und freue mich, dass ich persönlich Ihr Gast sein darf. Mit Ihrem jährlichen Heimatfest dokumentieren Sie, dass Sie eine große Gemeinschaft sind, ja, wie Herr Dr. [Fritz] Frank sagte, eine Familie sind, die zusammenhält, und ich habe das sehr gerne aufgenommen, Herr Dr. Frank, dass Sie das gestern zum Ausdruck gebracht haben, denn das hat man heute auch gespürt: Es ist eine große Familie, die zusammenhält und sich freut, einmal im Jahr hier in Dinkelsbühl für einige Tage zusammenzukommen, sich auszutauschen, zu begegnen. Sie dokumentieren mit diesem Treffen aber auch: Sie vergessen nicht Ihre Heimat, Sie vergessen nicht Ihre Identität, Ihre Wurzeln, und gleichzeitig bringen Sie aber Ihre Talente, Ihr Können, Ihre Wertvorstellungen, Ihre Traditionen in die neue Heimat ein, in unser gemeinsames Vaterland und tragen damit ganz wesentlich bei zu unserer vielfältigen Kulturlandschaft, zu unserem großen kulturellen Reichtum. Sie tragen mit Ihren Eigenschaften und mit Ihrem Können dazu bei, dass wir über Jahrzehnte hinweg eine große gesellschaftliche und politische Stabilität haben, ganz zu schweigen von dem großen Beitrag zu unserem wirtschaftlichen und sozialen Wohlstand. Dafür möchte ich Ihnen ganz herzlich danken, danken an diesem Tag, an diesen Festtagen, zu denen so viele von Ihnen beitragen, dass sie gelingen.
Die CSU-Politikerin Gerda Hasselfeldt ...
Die CSU-Politikerin Gerda Hasselfeldt verdeutlichte beim Heimattag in Dinkelsbühl, wie die Anliegen der Heimatvertriebenen und Aussiedler im Deutschen Bundestag umgesetzt werden. Foto: Petra Reiner
Ganz besonders möchte ich dabei erwähnen, dass ich grade beim Reingehen und bei den Gesprächen am Anfang erlebt habe, dass Sie so viele junge Leute haben, die zu diesem Erfolg des Heimattages beitragen. Das macht deutlich: Es wird nicht nur die Erinnerung für diejenigen festgehalten, die das schreckliche Leid der Vertreibung und der Flucht erleben mussten, sondern das Gedenken wird weitergetragen, weil wir, wie der Herr Oberbürgermeister zu Recht gesagt hat, dieses auch brauchen, um die aktuellen Probleme und Herausforderungen zu bewältigen. Deshalb auch gerade an die Jungen in Ihrer Familie ein herzliches „Vergelt’s Gott“ für diesen Einsatz, für diese Arbeit. Meine Damen und Herren, es ist unbestritten: Die Heimat ist ein ganz wesentlicher, elementarer Bestandteil unseres Lebens, und wie schwer es ist, die Heimat zu verlieren, das kann wahrscheinlich nur jemand ermessen, der das selbst erlebt hat. Wir, die wir von diesem Leid nur erfahren über das Erzählen, können das nur am Rande nachempfinden. Dann eine neue Heimat für sich zu gewinnen, das ist auch nicht so ganz einfach. Das erfordert viel Kraft, Ausdauer und vor allem die Bereitschaft zur Integration. Diese Kraft haben Sie, haben Ihre Eltern und Großeltern damals aufgebracht, sie haben unter schwierigsten Bedingungen die Voraussetzungen für eine neue Heimat geschaffen und tragen dabei aber die alte Heimat nach wie vor im Herzen. Bayern war für viele Heimatvertriebene von Anfang an eine neue Heimat geworden. Bayern war von Anfang an eng mit den Heimatvertriebenen verbunden und gerade auch mit den Siebenbürger Sachsen, von denen viele ja in Bayern eine neue Heimat gefunden haben.


Video der Eröffnungsveranstaltung. Die Ansprache von Frau Hasselfeldt ist ab Minute 45:30 zu hören.

Wir wissen alle, dass die Anfangszeiten nicht einfach waren. Ich habe das auch erlebt, ich bin Jahrgang 1950 und habe so manche Sache in meinem Heimatort erlebt: dass die Integrationsarbeit damals nicht selbstverständlich war, nicht langfristig zu bewältigen war, aber bald war schon der Erfolg sichtbar. Und Tatsache ist, dass der Wiederaufbau, dass das Wirtschaftswunder in unserem Land nicht erreichbar gewesen wäre ohne die Tatkraft, ohne den Fleiß, ohne die Ernsthaftigkeit der Vertriebenen, der Heimatvertriebenen. Es wurde ja so treffend vorhin vom Oberbürgermeister geschildert, als es um die Darlehen bei der Sparkasse ging, welche Ernsthaftigkeit, welcher Fleiß bei den Heimatvertriebenen, insbesondere bei den Siebenbürger Sachsen immer vertreten war. Wenn das auch heute noch so spürbar ist, dann, meine Damen und Herren, kann uns das mit Stolz erfüllen.

Unrecht der Vertreibung beim Namen nennen, aber auch Versöhnung in Europa stiften

Ich bin aber auch für etwas anderes sehr dankbar, und zwar für die frühe und seriöse, zukunftsweisende Erinnerungs- und Versöhnungsarbeit der Heimatvertriebenen. Schon im August 1950 mit der Charta der Heimatvertriebenen ist dies zum Ausdruck gebracht worden. Ich denke, wir können gerade jetzt, wo wir über die Zusammenarbeit in Europa immer wieder aktuell diskutieren, auf diese Leistung aus der Charta der Heimatvertriebenen aus dem Jahr 1950 nicht oft genug hinweisen. Das war ein großartiges Versöhnungswerk für die europäische Einigung schlechthin, und dafür danke ich in ganz besonderer Weise. Die Heimatvertriebenen sind damit zum echten Brückenbauer in der Europäischen Union und zu einem vereinten Europa hin geworden in einer Zeit, in der das noch nicht so ganz selbstverständlich in der Gesellschaft war. Und es macht deutlich, dass die Erinnerung an Leid, die deutliche Artikulation des Unrechts der Vertreibung mit dem Versöhnungsgedanken die richtige Grundlage ist, um die Zukunft zu gestalten. Erinnerung und deutliche Ansprache, dass Vertreibung Unrecht war und auch Unrecht bleibt, ist genauso notwendig wie das Bekenntnis zur Versöhnung und zum weiteren Miteinander. Genau das ist in der Charta zum Ausdruck gebracht worden, und auch das soll uns künftig leiten, wenn es darum geht, das Miteinander in Europa und darüber hinaus in der ganzen Welt friedlich und für die Menschen zu gestalten.

Beispielhaftes Wirken der Siebenbürger Sachsen in Rumänien

Meine Damen und Herren, auch in den Herkunftsländern leisten die deutschen Minderheiten einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung und sie unterstützen dabei seit vielen Jahrzehnten den europäischen Einigungsprozess. Dass mit Klaus Johannis in Rumänien vor einigen Jahren ein Staatspräsident gewählt wurde aus den Reihen der Siebenbürger Sachsen, ist ein großartiges Zeichen des Vertrauens auch zwischen den Volksgruppen. Ich konnte das erleben bei meinem Besuch vor einigen Jahren, bei dem ich auch Ihren Bischof freundlicherweise treffen durfte, in Hermannstadt und in Rumänien insgesamt. Es war spürbar, dass hier eine aktive Arbeit der deutschen Minderheit geleistet wird in enger Zusammenarbeit mit den Heimatvertriebenen, die bei uns eine neue Heimat gefunden haben, und dafür möchte ich ganz herzlich danken. Es ist ein äußerst wichtiger Prozess der Verständigung in Europa und ich stimme dem Oberbürgermeister zu, wenn er sagt: Wer weiß, ob Rumänien heute in der Europäischen Union wäre, wenn nicht dieses Dinkelsbühl gewesen wäre, und ich füge hinzu, wenn es nicht diese enge Zusammenarbeit auch zwischen den Siebenbürger Sachsen und der dortigen Minderheit heute noch so gäbe; das ist eine ganz wichtige Brücke für den weiteren Prozess in der Europäischen Union.

Vertriebenen- und Aussiedlerarbeit im Deutschen Bundestag

Meine Damen und Herren, wir bemühen uns im Bund genauso wie in Bayern immer wieder, die Arbeit der Heimatvertriebenen zu unterstützen, und so haben wir in dieser Legislaturperiode eine weitere Entwicklung der Kulturarbeit, der Kulturförderung der Heimatvertriebenen beschlossen. Die Landsmannschaften und der Bund der Vertriebenen waren dabei eng mit einbezogen. Ich möchte dir, lieber Bernd, dafür ganz herzlich danken, für diese enge Zusammenarbeit zwischen dem Bund der Vertriebenen, den Landsmannschaften und der Koalition und der Regierung in Berlin. Ohne dieses enge Bindeglied in deiner Person wäre dies so erfolgreich nicht gelaufen. Wir haben immerhin seit 2005 die Mittel für die Kulturförderung nach dem Bundesvertriebenengesetzt fast verdoppelt und in diese Förderung, in diese Weiterentwicklung der Kulturarbeit ist auch einbezogen die zusätzliche Förderung mit einem doch ganz beträchtlichen Betrag beim Um- und Ausbau von Schloss Horneck in Gundelsheim, das ja das geistige Zentrum der Siebenbürger Sachsen ist. Ein Umbau und Ausbau zu einer Museums- und Begegnungsstätte, das ist eine ganz wichtige Angelegenheit für uns alle, nicht nur für Ihre Landsmannschaft, für die gesamte Kulturarbeit unseres Landes, deshalb bin ich sehr froh, dass wir dieses erreicht haben, eine deutlich bessere Kulturförderung und auch eine deutlich erkennbare Förderung gerade dieses Umbaus von Schloss Horneck.

Entschädigung für deutsche Zwangsarbeiter

Nach langen Verhandlungen ist es dann auch gelungen, dass im letzten Jahr Mittel für finanzielle Entschädigungen an ehemalige deutsche Zwangsarbeiter bereitstehen, die auch zügig und umfangreich abgerufen werden. Ich freue mich über die gute Inanspruchnahme. Aber, meine Damen und Herren, für mich gilt auch, das ertragene Leid kann dadurch nicht aufgewogen werden, da dürfen wir uns nichts vormachen, das ist uns allen bewusst. Die Leistung ist in meinen Augen aber ein Symbol für die Würdigung des schweren Schicksals, das diese Menschen, die ehemaligen Zwangsarbeiter, erleiden mussten und erlitten haben. Deshalb war es notwendig und ist es notwendig, dieses Leid auch mit entsprechenden finanziellen Mitteln wenigstens ein Stück weit anzuerkennen.

"Versöhnungsarbeit und Kraft des gemeinsamen Aufbaus"

Eine nur symbolische Wirkung hat natürlich auch der Gedenktag, der bundesweite Gedenktag für Flucht und Vertreibung, der seit zwei Jahren nun am 20. Juni begangen wird. Bei diesem Gedenktag wird meines Erachtens zweierlei deutlich: Einmal, dass das begangene Unrecht, die Vertreibung der Deutschen nicht verleugnet werden kann, sondern immer wieder zum Ausdruck gebracht werden kann und nicht weniger zum Ausdruck gebracht werden darf als die Vertreibung auch anderer Völker. Zum zweiten werden aber auch deutlich der Wille und die Kraft der deutschen Heimatvertriebenen zur Versöhnung und zum Aufbau, zum Neuanfang, der gemeinsame Aufbau, der gesellschaftliche Zusammenhalt. Das bildet das Fundament dafür, dass Deutschland sich so erfolgreich entwickeln konnte und entwickeln kann. Auch das kommt mit diesem Gedenktag zum Ausdruck, nicht nur die Erinnerung, sondern eben auch die Tatsache, dass mit Versöhnungsarbeit und Kraft des gemeinsamen Aufbaus die Grundlagen dafür gelegt werden, dass wir so erfolgreich in Deutschland, innerhalb Europas und der Welt agieren können. Das Gedenken an Flucht und Vertreibung im historischen Zusammenhang, aber eben auch in Verbindung mit dem Geist der Versöhnung, das alles wachzuhalten, ist auch Aufgabe der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung. Diese Stiftung errichtet im Berliner Deutschlandhaus ein Dokumentationszentrum mit einer Dauerausstellung über Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhundert. Ich hoffe, dass dieses nun bald der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, denn für mich ist eines klar: Wir müssen die Vergangenheit annehmen, sie aufarbeiten, Leid und Unrecht benennen, aber das alles ist eben notwendig, um Raum zu schaffen für Versöhnung, für Vertrauen und dieses brauchen wir eben, um eine gute gemeinsame Zukunft zu gestalten.

Dass wir in diesen letzten Jahren wieder einiges auf den Weg bringen konnten in der Kulturförderung, in der Anerkennung von Leid, gerade auch bei den Zwangsarbeitern, in der Unterstützung von Gedenkstättenarbeit, das war nicht selbstverständlich. Es ist zurückzuführen auf großes Engagement, und ich nenne hier zwei Personen, die dieses ganz besonders immer wieder einfordern: Das ist einmal Bernd Fabritius, Ihr Verbandspräsident und der Präsident des Bundes der Vertriebenen, und der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung Hartmut Koschyk. Die beiden werden nicht müde, immer wieder auf Notwendigkeiten der Anpassung hinzuweisen und dadurch, dass sie, insbesondere Bernd Fabritius, eine so verbindliche Art haben, die zwar hartnäckig ist, aber nie so fordernd, dass man vor den Kopf gestoßen ist, sondern mit einer Liebenswürdigkeit und ausgeprägt guten Argumentation immer wieder vorgebracht wird, dafür, lieber Bernd, möchte ich dir ganz, ganz herzlich danken und darf meine Unterstützung auch weiterhin zum Ausdruck bringen. Wir hoffen alle und tun alles dafür, dass du auch im nächsten Deutschen Bundestag wieder vertreten sein wirst, um die gute Arbeit der vergangenen Jahre auch dort fortsetzen zu können.

Einsatz für Besserstellung der Aussiedler im Rentenrecht

Wir wissen auch, dass wir noch einiges zu tun haben. Ich sage ganz ehrlich, mir bereitet Sorge, dass manche Spätaussiedler im Alter in erhöhtem Maße von Armut betroffen sind. Und da gilt für mich: Menschen, die als Deutsche unter kommunistischer Gewaltherrschaft gelitten haben, die dürfen wir nicht alleine stehen lassen, die bedürfen unserer Solidarität. Und deshalb sind rentenrechtliche Verbesserungen für diesen Personenkreis über das Fremdrentengesetz notwendig. Wir sind da in intensiven Gesprächen, auch das hat Bernd Fabritius vorangetrieben mit dem Bundesarbeitsministerium. Bayern hat dazu auch eine Bundesratsinitiative gestartet und ich kann Ihnen nur versichern, wir tun alles, dass dieses Anliegen mit Nachdruck verfolgt wird, dass wir eine Besserstellung der Spätaussiedler im Fremdrentengesetz erreichen.

Seit vielen Jahrzehnten mittlerweile bietet der Heimattag der Siebenbürger Sachsen hier in Dinkelsbühl in jedem Jahr an Pfingsten die Gelegenheit zum Familientreffen, die Gelegenheit, im Bewusstsein der gemeinsamen Herkunft ein Fest der Begegnung zu feiern, und die Stadt Dinkelsbühl, das merkt man schon, wenn man in diesen Tagen nach Dinkelsbühl fährt, bietet dafür einen hervorragenden Rahmen. Ich danke Ihnen, lieber Herr Oberbürgermeister, und dem Stadtrat dafür, dass Sie dieses immer nicht nur organisatorisch, sondern auch mit erkennbar persönlichem Engagement begleiten und unterstützen. Ich wünsche Ihnen stimmungsvolle Heimattage, ich wünsche Ihnen interessante Gespräche und Begegnungen und weiterhin alles erdenklich Gute.

Schlagwörter: Heimattag 2017, Verbandspolitik, Bundestag, Vertriebene und Aussiedler, deutsch-rumänische Beziehungen

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