7. Februar 2018

Anerkennungsleistung an deutsche Zwangsarbeiter

Als das Bundesverwaltungsamt (BVA) Anfang Januar 2018 die abschließende Antragsstatistik über die Anerkennungsleistung an ehemalige deutsche Zwangsarbeiter veröffentlichte, deren Antragsfrist am 31. Dezember 2017 abgelaufen war, wird das Staunen vielerorts groß gewesen sein: 46336 Anträge waren am Ende eingegangen und ließen eine Ahnung zu, wie viele deutsche Zivilisten wohl insgesamt von dem Massenschicksal Zwangsarbeit in der Zeit zwischen 1939 und 1956 betroffen waren – und wie viele davon diese wichtige symbolische Geste nicht mehr erleben durften.
Aus dem Ergebnis ergebe sich die Verpflichtung, die Erinnerung an das schwere Schicksal dieser Zwangsarbeiter wachzuhalten, ließ Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière mitteilen. „Das Angebot, für das erfahrene Leid eine symbolische finanzielle Anerkennung in Anspruch nehmen zu können, ist zugleich Ausdruck der Würdigung dieser Schicksale durch den Deutschen Bundestag. Ich hoffe, dass nicht zuletzt die hohe Zahl der Anträge das öffentliche Bewusstsein dafür stärkt, was diese Frauen, Männer und Kinder erleiden mussten“, erklärte er gegenüber der Presse.

Der Bund der Vertriebenen (BdV) hatte lange und auf vielen Ebenen für eine solche Entschädigung geworben und nach deren Beschluss auch die Umsetzung unterstützt. BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius berichtete im Gespräch von zahlreichen Telefonberatungen durch die Bundesgeschäftsstelle sowie dem Versand von Antragsunterlagen über die gesamte Antragszeit. „Bis spät in den Dezember 2017 haben wir Betroffene über die Möglichkeit zur Antragstellung informiert, damit Betroffene nicht aus Unkenntnis die für sie erkämpfte, symbolische Geste verpassen. Gerade in den letzten Monaten konnten wir für Fernseh- und Radiobeiträge einige bewegende Zeitzeugeninterviews vermitteln, die noch einmal über die Anerkennungsleistung berichtet, das besondere Schicksal dieser Deutschen und die ganz persönlichen Strategien zur Bewältigung dieser Erfahrungen deutlich gezeigt haben. Bedenkt man, dass im Dezember 2017 nochmals mehr als 11000 Anträge beim BVA eingingen – im Vergleich zu ansonsten durchschnittlich rund 2000 –, so haben wir damit wohl nochmals viele der ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter erreicht.“ Die hohe Gesamtzahl der Anträge könne als Zeichen dafür gesehen werden, dass die Anerkennungsleistung von den Betroffenen wirklich als bedeutende und wertschätzende Geste angenommen worden sei, so der BdV-Präsident. Bemerkenswert ist auch die statistische Verteilung der Antragsteller auf deren Herkunftsgebiete, wie das Bundesverwaltungsamt hier vereinfachend schreibt: 24384 Anträge sind dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion zuzurechnen, 4308 Rumänien, 1906 den ehemaligen deutschen Ostgebieten inklusive Polen, 879 der ehemaligen Tschechoslowakei, 879 Deutschland und 2649 sonstigen Ländern.

Für die große Zahl der betroffenen Deutschen aus Russland sah BdV-Präsident Fabritius eine wesentliche Ursache: „Bis in die 1950er Jahre hinein sind eine besonders große Zahl an Landsleuten auf dem Gebiet der Sowjetunion von Verschleppung zur Zwangsarbeit betroffen gewesen, von denen viele heute noch leben. Es ist wichtig, dass das Schicksal dieser Menschen sichtbar gemacht und ihre nach wie vor vorhandenen sozialen Probleme angegangen werden“, mahnte er und verwies damit auch auf die vom BdV immer wieder thematisierte Altersarmut bei Spätaussiedlern. Ähnliche Ursachen würden für die Antragszahlen aus dem Bereich Rumänien gelten, wo „die Sowjetunion und das kommunistische Unrechtsregime die Deutschen – darunter auch meinen Opa – lange als lebende Reparationen missbraucht hat“, erläuterte Fabritius mit einem Blick auf die eigene Familiengeschichte. Wichtig sei nun, dass die Bearbeitung der eingegangenen Anträge zügig voranschreite. „Außerdem wird der BdV sich dafür engagieren, dass wirklich alle Berechtigten die finanzielle Geste in Höhe von einmalig 2500 Euro erhalten“, so der BdV-Präsident abschließend.

Dies unterstützte der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSU-Bundestagfraktion, Eckhard Pols, der die BVA-Statistik in einer Pressemitteilung ebenfalls positiv bewertete: „Aufgrund des Antragsaufkommens und des hohen Grades an positiven Bescheiden ist absehbar, dass die heute zur Verfügung stehenden Finanzmittel nicht ausreichen werden. Es muss daher sichergestellt werden, dass alle Anspruchsberechtigten ihre symbolische Anerkennungsleistung erhalten. Die Gruppe im Deutschen Bundestag wird sich mit Nachdruck dafür einsetzen.“

Persönliche Worte fand auch der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern Dr. Günter Krings: „Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, den Angehörigen dieser Opfergruppe als Anerkennung ihres harten Schicksals eine symbolische finanzielle Anerkennung zukommen zu lassen. Ich hoffe, dass die Empfänger dieser Leistung diese – wenngleich späte – Würdigung ihres furchtbaren Leides als lindernd und versöhnend empfinden.“

Marc-P. Halatsch

Schlagwörter: Zwangsarbeit, Entschädigung, BdV, Bernd Fabritius

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