8. Dezember 2019

70 Jahre Gemeinschaftssinn: Landesgruppe Baden-Württemberg feierte mit 800 Gästen in Heilbronn

Wer am 30. November mittags das Konzert- und Kongresszentrum Harmonie in Heilbronn ansteuerte, konnte schon auf dem Vorplatz die unterschiedlichsten siebenbürgisch-sächsischen Dialekte hören. Neben der deutschen und der baden-württembergischen sah man auch die blau-rote Fahne vor dem Gebäude wehen. Um 13.30 Uhr hieß es dann vor rund 800 Gästen im Theodor-Heuss-Saal: Vorhang auf für den großen Festakt zum 70. Jahrestag der Landesgruppe Baden-Württemberg. Sie ist nach Bayern die zweitstärkste Landesgruppe und umfasst 32 Kreisgruppen von Aalen bis Zollernalb.
Dass Heilbronn eine Hochburg der Siebenbürger Sachsen ist und unsere Landsleute hier sehr geschätzt werden, machte der Oberbürgermeister der Käthchenstadt, Harry Mergel, in seinem Grußwort deutlich. Nicht nur die Stadt, auch der Verband war natürlich prominent vertreten: Die Gäste wurden sowohl vom neuen Bundesvorsitzenden Rainer Lehni als auch vom Landesvorsitzenden Michael Konnerth herzlich begrüßt. Als Vertreter der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien und deren Bischof Reinhart Guib sprach Friedrich Gunesch, Hauptanwalt der Kirche.
Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel ...
Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel überbrachte das Grußwort der Stadt. Auf der Bühne: die Vereinigten siebenbürgisch-sächsischen Blaskapellen. Foto: Helmut Theiss

Blick zurück ins Jahr 1949

In seiner Festrede erinnerte der stellvertretende Landesvorsitzende Helge Krempels an die schwierigen Umstände, unter denen die heutige Landesgruppe vor sieben Jahrzehnten entstanden war. Deutschland lag in den Trümmern der Nachkriegszeit, die soziale Not, gerade der Vertriebenen, war sehr groß. Viele Siebenbürger Sachsen kamen aus Kriegsgefangenschaft oder Deportation nach Deutschland oder waren aus Nordsiebenbürgen vor der Roten Armee geflüchtet. Nachdem das Grundgesetz 1949 in Kraft trat, war es den Vertriebenen und Flüchtlingen endlich erlaubt, sich in Vereinen zu organisieren. So kam es, dass eine Gruppe um Hermine Höchsmann am 11. Dezember 1949 im Heimkehrerwaldheim Stuttgart den Vorläufer des heutigen Landesverbandes gründete. Im Anschluss an die Versammlung wurde das „Christi-Geburtsspiel der Siebenbürger Sachsen im Donbas“ aufgeführt.
Schwungvoll fegten die Tänzer übers Parkett. ...
Schwungvoll fegten die Tänzer übers Parkett. Foto: Helmut Theiss
Nach einem Streifzug durch die Geschichte der Landesgruppe zeigte sich der Festredner überzeugt, dass die Siebenbürger Sachsen in Baden-Württemberg ihre Gegenwart und Zukunft genauso gut gestalten werden wie die vergangenen sieben Jahrzehnte. Dabei helfe ihr „immaterielles Gepäck“ aus Zuversicht, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und dem starken Sinn für die Gemeinschaft.
Mit rund 800 Gästen und Mitwirkenden war die ...
Mit rund 800 Gästen und Mitwirkenden war die Festveranstaltung sehr gut besucht. Foto: Jürgen Kotsch

Kultur in allen Formen

Der Nachmittag stand ganz im Zeichen der Kultur. Die vereinigten Blaskapellen, Chöre und Tanzgruppen aus Baden-Württemberg bewiesen eindrucksvoll, dass die siebenbürgisch-sächsische Kultur zwischen Main und Bodensee, zwischen Rhein und Schwäbischer Alb sehr intensiv gepflegt und an junge Generationen weitergereicht wird. Die Brauchtumsveranstaltung „Pfingstbräuche in Siebenbürgen“ stand ebenso auf dem Programm. Auch das große Zukunftsprojekt des Verbandes wurde angesprochen: Schloss Horneck in Gundelsheim als Kultur- und Begegnungszentrum der Siebenbürger Sachsen. Dr. Konrad Gündisch, Historiker und Vorsitzender des Vereins „Siebenbürgisches Kulturzentrum Schloss Horneck e.V.“, bedankte sich für die kräftige Unterstützung der Kreisgruppen, der Landesgruppe und vieler privater Spender für den aktuellen Umbau.
Kinder und Jugendliche aus ganz Baden-Württemberg ...
Kinder und Jugendliche aus ganz Baden-Württemberg führen die siebenbürgischen Traditionen fort. Fotos: Helmut Theiss
Der Festakt endete kurz nach 17 Uhr mit einem starken Symbol der Gemeinschaft: Alle Mitwirkenden versammelten sich vor der Bühne, und als die Blaskapelle „Kein schöner Land“ spielte, war nicht nur die alte, sondern auch die neue Heimat mitgemeint: das Bundesland Baden-Württemberg.

Siebenbürgische Kultur vom Feinsten

Das Kulturprogramm zum 70. Jubiläum wurde von siebenbürgischen Musikern, Chören und Tänzern aus ganz Baden-Württemberg (BW) gestaltet. Ein herzlicher Dank geht an die Blaskapellen BW (Leitung: Rainhard Konyen), die Chöre BW (Leitung: Andrea Kulin und Ilse Abraham), die Kindertanzgruppen BW (Leitung: Astrid Göddert), die Tanzgruppen BW (Leitung: Patrick Welther) und die Mitwirkenden der Brauchtumsveranstaltung „Pfingstbräuche in Siebenbürgen“ (Leitung: Helge Krempels).
Kulturgruppen aus ganz Baden-Württemberg ...
Kulturgruppen aus ganz Baden-Württemberg gestalteten die Jubiläumsfeier. Foto: Jürgen Kotsch

Auszeichnung „Pro Meritis“ für Alfred Mrass

Aus einem Moment der Überraschung wurde ein Moment der Freude: Nichtsahnend saß Alfred Mrass unter den Ehrengästen, als er zur Verleihung der „Pro Meritis“-Medaille auf die Bühne gerufen wurde. „Pro Meritis“ bedeutet „für den Verdienst“. Und wenn jemand sich in besonderem Maße für die Siebenbürger Sachsen verdient gemacht hat, dann ist es Alfred Mrass. Mehr als 30 Jahre lang hat er sich für den Verband engagiert und dabei verschiedene Funktionen bekleidet. Er war langjähriger Vorsitzender – heute Ehrenvorsitzender – der Landesgruppe Baden-Württemberg – und bis vor kurzem auch stellvertretender Bundesvorsitzender.
Rainer Lehni dankte Alfred Mrass „für alles, was ...
Rainer Lehni dankte Alfred Mrass „für alles, was ich von dir gelernt habe“. Er freue sich besonders, seine erste Ehrung als Bundesvorsitzender gerade ihm zukommen zu lassen. „Ich bin sehr stolz, dass die Stafette in Baden-Württemberg weitergegeben wurde. Von der Qualität der Arbeit im Verband hängt die Existenz des Verbandes ab“, betonte Alfred Mrass in seiner Dankesrede. Foto: Helmut Theiss
Rainer Lehni hob in seiner Laudatio die Themen hervor, die Mrass in all den Jahren besonders am Herzen lagen: Schloss Gundelsheim, die Mitgliederwerbung für den Verband, die Schulung Ehrenamtlicher und natürlich die Jugend. Als ehemaliger Lehrer hat Alfred Mrass einen besonders guten Draht zur jungen Generation. Mit seinem Charisma und ansteckenden Ideen hat er schon viele Nachwuchskräfte für den Verband gewonnen. Mrass hat verschiedene Ausstellungen organisiert, mehrere Heimattage und zwei runde Jubiläen der Landesgruppe gestaltet und hochrangige Persönlichkeiten nach Rumänien begleitet. Der Verband hat ihm 2006 das Goldene Ehrenwappen verliehen. Von der Bundesrepublik wurde er mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens geehrt. Mit der „Pro Meritis“-Medaille des Verbandes ist nun eine weitere, hochverdiente Auszeichnung hinzugekommen.

Heidrun Rau

Bildergalerien auf Siebenbuerger.de:

Landesgruppe Baden-Württemberg feierte 70-jähriges Bestehen in Heilbronn (Fotos: Helmut Theiss)

Landesgruppe Baden-Württemberg feierte 70-jähriges Bestehen in Heilbronn (Fotos: Jürgen Kotsch)

Schlagwörter: Baden-Württemberg, Jubiläum, Heilbronn, Kultur, Kulturrat, Tanzgruppen, Chöre, Brauchtumspflege

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