10. November 2022

Bundesvorstand des Verbandes der Siebenbürger Sachsen tagte in Dinkelsbühl

In seiner Herbstsitzung am 5. November in Dinkelsbühl hat der Bundesvorstand eine erfreuliche Bilanz der kulturellen Tätigkeiten gezogen. Der Stillstand nach zweijähriger coronabedingter Pause wurde offensichtlich überwunden. Neben dem erfolgreichen Heimattag in Dinkelsbühl, der Mitgestaltung des dreiwöchigen Kultursommers in Siebenbürgen wurde das Kultur- und Gemeinschaftsleben größtenteils auch in den Kreisgruppen reaktiviert. Zudem setzt sich der Verband für die politischen und rechtlichen Interessen seiner Mitglieder ein, sei es bei den Fremdrenten, den Entschädigungszahlungen für Kinder von Russlanddeportierten oder der Eigentumsrückgabe.
Eröffnet wurde die Sitzung mit einer Andacht des Vorsitzenden der Gemeinschaft evangelischer Siebenbürger und Banater (Hilfskomitee), Prof. Dr. Berthold Köber. Ausgehend vom Monatsspruch für November: „Wehe denen, die Gutes böse und Böses gut nennen …“ (Jesaja 5,20), wies der Redner darauf hin, dass die Frage nach dem, was gut ist, die Menschen seit jeher beschäftigt habe. Es stünde jedem frei, eine Antwort darauf zu finden. Gefährlich werde es, wenn die eigene Ansicht anderen durch Gewalt aufgezwungen werde, was letztendlich zu Totalitarismus und Diktatur führen könne, wie es die Geschichte zeige. „Die Antwort, die in Siebenbürgen vom Wort Gottes her darauf gegeben wurde, ist auch heute noch aktuell: Gut ist, was der Gemeinschaft dient und sie fördert; das kommt auch dem Einzelnen zugute“, sagte Dr. Köber.

Bundesvorsitzender Rainer Lehni begrüßte zum zweiten Mal zu einer hybriden Bundesvorstandssitzung, wobei eine Teilnahme entweder vor Ort im Kleinen Schrannensaal oder durch Online-Zuschaltung möglich war. Aus Siebenbürgen angereist waren Thomas Șindilariu, Unterstaatssekretär im Department für Interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der rumänischen Regierung, als Vertreter des Siebenbürgenforums sowie der Schäßburger Stadtpfarrer und Bezirksdechant Dr. Hans Bruno Fröhlich als ständiger Vertreter der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien im Bundesvorstand. Herzlich begrüßt wurden auch die Ehrenvorsitzenden Herta Daniel und Dr. Bernd Fabritius, die zugeschaltet waren, sowie die anwesende neue Vorsitzende des Landesverbands Berlin/Neue Bundesländer, Ecaterina-Luise von Simons, und Dr. Stefan Măzgăreanu, der tags zuvor zum neuen Vorsitzenden des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats gewählt worden war.

Der Bundesvorsitzende freute sich, dass es im letzten halben Jahr gelungen sei, das Verbandsleben größtenteils zu reaktivieren. „Auch wenn die meisten Veranstaltungen gut bis sehr gut besucht sind, ist ein Trend feststellbar, dass die Zahl der Aktiven etwas zurückgegangen ist.“ Das liege einerseits am Alter der Landsleute, andererseits an der weiteren Zurückhaltung gegenüber Corona. Zum Glück seien nur wenige Gruppen ganz auf der Strecke geblieben, etwa Seniorenkreise oder eine Tanzgruppe. Einige Blaskapellen seien leider stark dezimiert worden. Die beste Entwicklung verzeichneten hingegen jüngere Tanzgruppen, deren Mitglieder froh seien, wieder aktiv zu sein.

Kurz vor der Frühjahrssitzung vom 5. März in Gundelsheim war der Krieg in der Ukraine ausgebrochen. Dem Aufruf des Bundes der Vertriebenen (BdV) für Ukraine-Hilfe seien neben dem Bundesvorstand auch etliche Untergliederungen des Verbandes gefolgt, wofür sich der Bundesvorsitzende herzlich bedankte. Über 14 000 Euro sind beim BdV und auf unserem Verbandskonto eingegangen, davon wurden 10 000 Euro für die Flüchtlingshilfe der EKR eingesetzt. Rund 3900 Euro wurden an die Maurer-Stiftung in Sathmar überwiesen, die kürzlich Lebensmittel und warme Sachen in die Ukraine gebracht hat (diese Zeitung berichtete siehe Dank Ukraine-Spendenaktion: Hilfsgüter für Deutsche in Transkarpatien). Den Kultursommer vom 23. Juli bis 15. August in Siebenbürgen hat der Verband zusammen mit anderen Institutionen erfolgreich mitgestaltet. Viele Landsleute haben dabei nicht nur ihren Heimatort, sondern auch viele andere Orte besucht. Ideengeber für die dezentrale Veranstaltungsreihe war übrigens Thomas Șindilariu, der erste Schätzungen lieferte: Für die Hälfte der 150 Veranstaltungen liegen die Zahlen bereits vor, wobei 14 000 Besucher verzeichnet wurden.

Grüße der Heimatkirche übermittelte Stadtpfarrer Hans Bruno Fröhlich aus Schäßburg, wo nicht nur das Jubiläum der Bergschule gefeiert, sondern auch kürzlich der Lehrertag abgehalten wurde (siehe 25. Siebenbürgischer Lehrertag in Hermannstadt). Eine begrüßenswerte Initiative hatte der Bürgermeister von Halvelagen: Er ließ die Heimatbücher der zur Gemeinde gehörenden sächsischen Dörfer ins Rumänische übersetzen, um ihre Geschichte der Mehrheitsbevölkerung nahe zu bringen.
Bundesvorsitzender Rainer Lehni (Mitte) mit den ...
Bundesvorsitzender Rainer Lehni (Mitte) mit den stellvertretenden Vorsitzenden Doris Hutter, Ingwelde Juchum, Dr. Andreas Roth und Michael Konnerth (von links nach rechts) bei der Bundesvorstandssitzung in Dinkelsbühl. Foto: Siegbert Bruss
Erstmals als Gast in der Bundesvorstandssitzung dabei, berichtete Marianne Hallmen, Präsidentin des Vereins der Siebenbürger Sachsen in der Schweiz, über dessen erstes Sommerfest im Zürcher Marriott Hotel und über den Schüleraustausch der Stiftsschule Einsiedeln mit der Brukenthalschule in Hermannstadt. Dadurch werde siebenbürgische Kultur auch in der Schweiz bekannt gemacht, freute sich die gebürtige Stolzenburgerin. Ziel ihres Vereins sei es, das siebenbürgisch-sächsische Erbe in Siebenbürgen zu erhalten und die siebenbürgische Gemeinschaft in der Schweiz zu pflegen. Dabei wolle man mit den Landsleuten in Deutschland und den anderen Ländern zusammenarbeiten, aber auch Schweizer Unternehmer motivieren, in Siebenbürgen tätig zu sein, sagte Hallmen.

Viel Lob gab es für das Internetreferat, das unter der Leitung von Robert Sonnleitner im Rahmen eines einjährigen Pilotprojektes 40 Veranstaltungen auf mehreren Kanälen gleichzeitig live gestreamt hat. Neben vielen Gottesdiensten gehörte dazu auch der Volkstanzwettbewerb der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD), der kürzlich in Rothenburg o.d.T. stattfand (siehe Bericht Beim 28. Volkstanzwettbewerb in Rothenburg triumphieren die Heidenheimer). Dr. Andreas Roth, stellvertretender Bundesvorsitzender, lobte das hohe Niveau der Tanzgruppen, die sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen bei dieser „Top-Veranstaltung“ lieferten.

Der Bundesvorsitzende Rainer Lehni bedauerte, dass der Bundesaussiedlerbeauftragte Bernd Fabritius sein Amt seit April nicht mehr inne hat. Lehni dankte ihm nochmals für seinen Einsatz „als besten Vertreter, den die Vertriebenen und Aussiedler in diesem Amt haben konnten“. Mit Natalie Pawlik, der neuen Bundesaussiedlerbeauftragten, wurden schon mehrere Gespräche geführt.

Bundesrechtsreferent Dr. Johann Schmidt ging auf zwei Themenbereiche ein, die zu Anfragen unserer Mitglieder geführt haben: das europäische Nachlasszeugnis, ein Pendant zum bundesdeutschen Erbschein, das auch in anderen EU-Ländern gültig ist, und ältere Aufnahmebescheide für Deutsche in Rumänien. Beide Themen will der Jurist in Artikeln in der Siebenbürgischen Zeitung aufgreifen.

Das Thema Eigentumsrückgabe hatte der Bundesvorsitzende Rainer Lehni in der Deutsch-Rumänischen Regierungskommission im Beisein der neuen ANRP-Präsidentin Cristina Stanca angesprochen und im Zweiergespräch vertieft. Im Juni wurden ihr alle von unseren Verbandsmitgliedern gemeldeten Fälle zugemailt, im Oktober per Einschreiben nochmals nachgehakt – eine Antwort blieb jedoch aus, bedauerte Lehni.

Die Entschädigungszahlungen für die Nachkommen von Russlanddeportierten und anderen Opfer der politischen Verfolgung in Rumänien laufen zuverlässig, wenn auch nach recht langen Bearbeitungszeiten, berichtete Rechtsanwalt Dr. Bernd Fabritius. Eine Ausnahme sei die Kreisbehörde AJPIS im Kreis Mieresch, die die Anträge der Berechtigten massiv ablehne. Hier besteht Handlungsbedarf, um den möglicherweise fehlerhaften Bescheiden der Kreisbehörde durch die Landesbehörde ANPIS nachzugehen.

Der Verband der Siebenbürger Sachsen wird sich, zusammen mit der Landsmannschaft der Banater Schwaben und unterstützt vom Bund der Vertriebenen, weiterhin für eine Beseitigung der Kürzungen und eine gerechte Neuregelung im Rentenrecht einsetzen. Beim Härtefallfonds beabsichtige die Ampelregierung in Berlin die vor 1993 zugezogenen Aussiedler auszuschließen, kritisierte BdV-Präsident Bernd Fabritius. Gerade in dieser Sache ist der Einsatz des Verbandes nun gefragt.

Erfreulich fiel die Bilanz des Heimattages aus. Nach zwei digitalen Heimattagen hatten viele Siebenbürger Sachsen dem Heimattag als Präsenzveranstaltung zu Pfingsten 2022 entgegengefiebert. „Es war ein sehr gelungener Heimattag, daher möchte ich hier allen daran Beteiligten einen großen Dank aussprechen“, sagte Rainer Lehni. Er zeigte sich beeindruckt von den vielen Trachtenträgern, die dem strömenden Regen am Pfingstsonntag getrotzt und den Trachtenzug mitgestaltet hatten. „Und am Nachmittag sah man am Weinmarkt ein fast geschlossenes Meer aus Regenschirmen, unter dem die Leute standen und sich unterhielten.“ Wetterbedingt seien zwar am Sonntag weniger Gäste als sonst gekommen, aber immerhin seien am Pfingstwochenende 10 392 Abzeichen verkauft worden. Davon ausgehend schätzte der Bundesvorstand die Zahl der Heimattagsbesucher auf 14 000.

„Mit dem Heimattag dürfen wir zufrieden sein“, sagte auch Organisationsreferent Horst Wellmann, da es nach zweijähriger Pause schwierig gewesen sei, die organisatorischen Abläufe genau zu planen. Die sehr gute Zusammenarbeit mit der Stadt Dinkelsbühl wurde auch tags zuvor in der gemeinsamen Sitzung mit dem Stadtrat angesprochen (siehe Ein Gewinn für Dinkelsbühl und die Siebenbürger Sachsen: Stärkstes Bindeglied der Partnerschaft ist der Heimattag). Der Heimattag 2023 wird unter dem Motto „Miteinander schafft Heimat“ stehen und von den kleinen Landesgruppen ausgerichtet.

Über die Tätigkeit der Arbeitsgruppe Mitgliederwerbung des Bundesvorstandes berichtete der stellvertretende Bundesvorsitzende Dr. Andreas Roth. Um neue Mitglieder zu gewinnen, wird die Arbeitsgruppe – so das Ergebnis einer Umfrage unter den Bundesvorstandsmitgliedern – künftig drei Maßnahmen durchführen: Fokussierung auf Nicht-Mitglieder in den Kulturgruppen, Schulung der Kreisgruppen und direkte Gespräche mit potentiellen Mitgliedern.

Des Weiteren befürwortete der Bundesvorstand die kulturellen Maßnahmen 2023, die Bundeskulturreferentin Dagmar Seck vorlegte, und den Haushaltsentwurf 2023, den die Bundesgeschäftsführerin Ute Brenndörfer erarbeitet hat. Dank eines konsequenten Sparkurses wurde 2021 und 2022 gut gewirtschaftet. So ist es nun möglich, je zwei Euro aus den verkauften Abzeichen des Heimattages dem Siebenbürgischen Museum zur Verfügung zu stellen, das sind insgesamt 20 784 Euro. Dem Museum fehlen rund 60 000 Euro für die Nebenkostenabrechnung des Vorjahres.

Nach Ansicht des Vorsitzenden der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen, Helmuth Gaber, besteht vor dem Hintergrund der sinkenden Mitgliederzahlen und der steigenden Kosten Handlungsbedarf. Zwei seiner Anträge wurden mehrheitlich beschlossen: Der geschäftsführende Bundesvorstand des Verbandes wurde beauftragt, konkrete Einsparpotentiale in den Bereichen der Mitgliederverwaltung und der Raumkosten in der Münchner Bundesgeschäftsstelle auszuarbeiten. Der Bundesvorstand beschloss jedoch, einen von Gaber vorgeschlagenen Umzug der Geschäftsstelle nach Gundelsheim nicht weiter zu verfolgen.

Die Frühjahrssitzung des Bundesvorstands ist für den 4. März 2023 in München geplant.

Siegbert Bruss

Schlagwörter: Bundesvorstand, Herbstsitzung, Dinkelsbühl, Rainer Lehni, Bundesvorsitzender

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