13. Januar 2025
80 Jahre seit der Deportation der Rumäniendeutschen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion
Zwölf Millionen Zwangsarbeiter hatte das NS-Regime in den Machtbereich des Dritten Reiches deportiert, darunter 2,1 Millionen „Ostarbeiter“ (Frauen und Männer) aus der Sowjetunion. „Spiegelverkehrte Brüder und Schwestern“ der sogenannten „Ostarbeiter“ nennt der Historiker Pavel Polian die 112.000 Deutschen aus Südosteuropa, die im Zeitraum Dezember 1944 bis Februar 1945 zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert wurden und bezeichnet sie entsprechend als „Westarbeiter“. Dazu gehören 70.000 Deutsche aus Rumänien, die vor genau 80 Jahren, im Januar 1945, verschleppt wurden. Die Deportation sei die „größte Tragödie in der Geschichte der Siebenbürger Sachsen und der Evangelischen Kirche“ gewesen, sagte Reinhart Guib, Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien. Auf die geschichtlichen Umstände dieses kollektiven Traumas, das bis heute in den Familien der Siebenbürger Sachsen nachwirkt, geht im Folgenden der Historiker Günter Klein ein. Der Nösner wurde 1961 in Bistritz geboren, seine Mutter, eine Banater Schwäbin, gehörte auch zu den Deportierten.

Majski betrachtete die Deportation von Deutschen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion als absolut gerechtfertigt, hatten doch das NS-Regime seinerseits 2,1 Millionen Zwangsarbeiter, sogenannte „Ostarbeiter“, aus der Sowjetunion in den Machtbereich des Dritten Reiches verschleppt. Zudem herrschte in der Sowjetunion, wegen der immensen Verluste an Soldaten und Zivilisten, die die Sowjetunion während des Zweiten Weltkriegs erlitten hatte, ein akuter Mangel an Arbeitskräften, die man zum Wiederaufbau der zerstörten Wirtschaft benötigte.
Die Westalliierten wurden bereits auf der Konferenz von Teheran im November 1943 von den Vertretern der Sowjetunion davon in Kenntnis gesetzt, dass man auf „Reparationen durch Arbeit“ bestehe. Sie standen dieser Absicht wegen der internationalen Rechtslage ziemlich skeptisch gegenüber, man wollte die Sowjetunion allerdings auch nicht brüskieren, denn man war auf die Rote Armee angewiesen, die zu jenem Zeitpunkt in Kontinentaleuropa die Hauptlast des Krieges gegen Deutschland trug. Deswegen vertagte man die Frage der Reparationen durch Arbeit.
Als die Rote Armee im Sommer 1944 unaufhaltsam in Richtung Westen vorrückte und Rumänien am 23. August 1944 die Fronten wechselte, gerieten immer mehr Deutsche aus Rumänien, Jugoslawien und Ungarn in den Machtbereich der Roten Armee, so dass man aus sowjetischer Sicht mit der Umsetzung der Pläne, die Majski Stalin vorgelegt hatte, beginnen konnte.
Um festzustellen, wie viele Deutsche überhaupt in den von der Roten Armee kontrollierten Gebieten lebten, schwärmten ab Spätherbst 1944 operative Gruppen des NKWD (Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten) und 106 Gruppen der der sowjetischen Spionageabwehr SMERSCH aus, mehr als 800 Agenten, um die „Personen deutscher Nationalität“ im rückwärtigen Heeresgebiet der 3, 4. und 5. Ukrainischen Front auf dem Rumäniens, Jugoslawiens, Ungarns, Bulgariens und der Tschechoslowakei zu zählen. Geleitet wurde diese Aktion von Generaloberst Arkadij N. Apollonow, Chef der NKWD-Heereshauptverwaltung und gleichzeitig Stellvertreter des NKWD-Chefs, Lawrentij P. Berija, Generalleutnant Iwan M. Gorbatjuk, Chef der NKWD-Abteilung Etappensicherung und Generalleutnant Moisej J. Sladkewitsch, stellvertretender Truppenchef des NKWD. Diese drei hatten sich aus der Sicht Stalins bereits 1941 bei der Deportation der Wolgadeutschen „bewährt“. Am 24. November berichteten sie Stalin, dass die Aktion gemäß seinen Anweisungen auf Hochtouren lief. Am 5. Dezember erstatteten Apollonow und Gorbatjuk NKWD-Chef Berija einen Vorbericht über die Zählungen. Am 15. Dezember 1944 legte Berija die Ergebnisse der Zählungen Stalin und Molotow (dem sowjetischen Außenminister) vor. Insgesamt wurden auf dem bereits erwähnten Gebiet 551.049 Personen deutscher Nationalität gezählt, davon 240.436 Männer und 310.613 Frauen. Den größten Anteil stellten die Rumäniendeutschen mit 421.847 Personen, darunter 186.509 Männer 235.337 Frauen.

Ursprünglich sollten nur Männer im Alter von 17 bis 45 Jahren deportiert werden. Da deren Zahl aus sowjetischer Sicht zu gering war, entschloss man sich, auch Frauen im Alter von 18 bis 30 Jahren zu deportieren.
Am 26. Dezember 1944 übergaben Apollonow, Gorbatjuk und Sladkewitsch NKWD-Chef Berija einen „Plan der Grundmaßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung der Internierung und des Abtransports der Deutschen in die UdSSR“. Laut Plan wurde ein Hauptstab in Bukarest und zehn operative Sektoren (davon sechs auf rumänischem Gebiet) eingerichtet, um die Personen deutscher Nationalität zu internieren und abzutransportieren. Die Aktion in Rumänien sollte am 10. Januar 1945 beginnen und am 1. Februar 1945 abgeschlossen sein. Es wurden dafür 11.000 Sicherheitskräfte aufgeboten, darunter 1.500 NKWD-Angehörige sowie 9.500 rumänische Gendarmen und Siguranța-Agenten (Geheimdienstagenten).
Am 6. Januar 1945 stellte der sowjetische Stellvertretende Vorsitzende der Alliierten, Kontrollkommission in Rumänien, General Wladislaw P. Winogradow, den rumänischen Regierungschef, General Nicolae Rădescu, vor vollendete Tatsachen. Unter Vorlage der Note Nr. 031verlangte er im Namen der Alliierten Kontrollkommission die Herausgabe der Namen aller Einwohner Rumäniens, die deutscher Nationalität waren, um sie zur Arbeit in die Sowjetunion zu bringen. Rădescus Proteste fruchteten nichts. Auch sein Hinweis, die Deportation der Rumäniendeutschen würde die rumänische Kriegswirtschaft enorm schwächen, beeindruckten die Sowjets nicht. Die Proteste der amerikanischen und britischen Mitglieder der Alliierten Kontrollkommission in Rumänien hielten sich in Grenzen. Der amerikanische Vertreter, Brigadegeneral Cortlandt V.S. Schuyler, protestierte, weil Winogradow im Namen der Kontrollkommission gehandelt habe. Von britischer Seite gab es so gut wie keinen Protest. Winston Churchill soll lapidar in seinem Tagebuch vermerkt haben: „Wen interessiert es, ob Sachsen (gemeint waren vermutlich die Siebenbürger Sachsen) oder andere aus Rumänien deportiert werden? Das liegt doch sowieso in deren Einflusssphäre.“ Churchill hatte am 9. Oktober 1944 das „Prozentsatzabkommen“ mit Stalin geschlossen. Laut diesem Abkommen sollte Rumänien zu 90% zur sowjetischen Einflusssphäre gehören.

Aus Nordsiebenbürgen, das sich im Zeitraum 1940 bis 1944 unter ungarischer Verwaltung befand, wurden lediglich 484 Deutsche deportiert (357 Männer und 127 Frauen). Die geringe Zahl ist damit zu erklären, dass im September 1944 fast die gesamte deutsche Bevölkerung, circa 30.000 Personen, vor der herannahenden Roten Armee aus dem Nösnerland und dem Reener Ländchen Richtung Westen (hauptsächlich Österreich und Mähren) evakuiert worden war. Laut einem Bericht Berijas vom 2. Februar 1945 wurden insgesamt 69.332 Personen auf dem Gebiet Rumäniens „mobilisiert“, darunter 36.590 Männer und 32.742 Frauen.
Am 22. Februar 1945 meldete NKWD-Chef Berija dem Staatskomitee für Verteidigung die Ausführung der „Mobilisierung und Internierung“ der Deutschen aus Südosteuropa im befohlenen Zeitraum. Dabei seien 112.480 Personen (61.375 Männer und 51.105 Frauen) mobilisiert und interniert worden. An der Aktion waren laut Berija 10.442 Soldaten und Offiziere der NKWD-Truppen und 664 Organe des NKWD-NKGB beteiligt. Zudem legte Berija Stalin eine Ordensliste zur Genehmigung vor, um 335 Offiziere und Soldaten des NKWD auszuzeichnen, die sich an dieser Aktion beteiligt hatten.
Abtransport in die Sowjetunion und Ankunft im Lager
Für den Abtransport der ausgehobenen Rumäniendeutschen war ausschließlich der NKWD verantwortlich. An den Verladebahnhöfen wurden die „Mobilisierten“ vom NKWD in Empfang genommen, registriert und auf dem Transport in die Sowjetunion bewacht. Die Transportzüge bestanden aus Viehwagen, in die 40-50 Personen samt Gepäck hineingepfercht wurden. Männer und Frauen wurden nicht getrennt transportiert, auf familiäre Bande wurde keine Rücksicht genommen. Bei der „Mobilisierung“ wurde vielfach die Altersgrenze nicht eingehalten, oder es wurden Personen deportiert, die lediglich einen deutschen Familiennamen besaßen, kein Deutsch sprachen und sich nicht der deutschen Minderheit in Rumänien zugehörig fühlten.Die sanitären Bedingungen in den Zügen waren katastrophal. Ihre Notdurft verrichteten die Deportierten durch ein Loch, das man in den Wagenboden gesägt hatte. Auf der gesamten Fahrt, die über zwei Wochen dauerte, durften sie die Eisenbahnwagen nicht verlassen und konnten sich auch nicht waschen. Laut Deportationsbeschluss hätten sie 200 kg Gepäck mitnehmen dürfen, in der Regel waren es ein Koffer und ein Rucksack. Verpflegung erhielten sie während der Reise kaum. Lediglich Trinkwasser wurde durch „Wasserholer“ täglich in die Waggons gebracht. Die Deportierten verpflegten sich mit den Lebensmitteln, die sie von zu Hause auf den Transport mitgenommen hatten.
Die Züge fuhren nur nachts, tagsüber standen sie auf Nebengleisen. Da das rumänische Eisenbahnnetz fast ausschließlich eingleisig war, hatten die Züge Priorität, die Truppen und Kriegsmaterial transportierten. Nach zwei Wochen kamen die Züge an ihrem Bestimmungsort in der Sowjetunion an.
Die 112.480 Deportierten aus Südosteuropa, unter denen sich 69.332 Deutsche aus Rumänien befanden, wurden hauptsächlich in folgende Gebiete (Oblast) deportiert: Stalino (heute Donezk) 49.452 (37,4 %), Woroschilowgrad (heute Luhansk) 26.015 (19,7 %) sowie Dnjepropetrowsk (heute Dnipro) 18.556 (14,0 %). In Stalino und Woroschilowgrad arbeiteten sie hauptsächlich im Bergbau, im Gebiet um Djnepropetrowsk in der Metallurgie.
Der Lageralltag: Arbeit, Hunger, Krankheit und Tod

Die neu eingetroffenen Deportierten wurden von einer Ärztekommission auf ihre Arbeitstauglichkeit untersucht und in vier Kategorien eingeteilt. Zusätzlich wurde für jeden Deportierten eine äußerst detaillierte Personalakte angelegt.
Die uneingeschränkt arbeitsfähigen Deportierten mussten Schwerstarbeit leisten. Davon waren die Frauen nicht ausgenommen. Sie wurden in Bereichen eingesetzt, die außerhalb der Sowjetunion als reine Männerdomänen galten. Im Bergbau wurden die „Internierten“, darunter 40 Prozent Frauen, zu 70 Prozent unter Tage eingesetzt. Etwa 40 Prozent aller Deportierten waren im Bergbau tätig, so die Historikerin Tanja Penter. Die anderen arbeiteten in der Schwarzmetallurgie bzw. der Bauindustrie. Eingeteilt waren die Deportierten in sogenannte Arbeitsbataillone, die aus 750 bis 1.250 Personen bestanden. Zur Arbeit wurden sie in Kompaniestärke unter Bewachung geführt.
NKWD-Berichte, die Tanja Penter einsehen konnte, zeugen von den katastrophalen Lebensumständen der Deportierten. In einem Bericht vom Oktober 1945, werden die Zustände im Arbeitsbataillon Nr. 1205 in Woroschilowgrad folgendermaßen geschildert: „Die Zone, in der 632 Menschen untergebracht sind, ist nicht für den Winter vorbereitet. Das Gebäude hat eine kapitale Renovierung nötig. Die Liegepritschen sind in zwei Reihen dicht an dicht. Die Zone hat kein Waschhaus, keine Wäscherei, keine Krankenstation, keine Kantine. Im Gebäude herrscht Enge, 0,8 Quadratmeter Fläche kommen auf eine Person. Nur 70 Prozent des Kontingents sind mit Matratzen versorgt, der Rest schläft auf Holzpritschen. Die Zone ist voll von Müll. Die Internierten waschen sich nicht. Als Folge der schlechten sanitären Bedingungen kam es im Bataillon zum Ausbruch von Unterleibstyphus und Darmerkrankungen. Maßnahmen zur Beseitigung des Ausbruchs wurden nicht ergriffen. Das Kontingent ist verlaust, da es keine regelmäßige sanitäre Untersuchung gibt und es an Unterwäsche mangelt. Die medizinische Versorgung ist unzureichend, es gibt kein ärztliches Personal. Erkrankungen und Todesfälle nehmen zu. Der physische Zustand des Kontingents verschlechtert sich zunehmend, ein immer geringerer Anteil kann zur Arbeit eingesetzt werden.“

Im September 1945 waren in den Arbeitsbataillonen des Bergbaus bereits über zehn Prozent der Internierten umgekommen. Die Mehrzahl der Deportierten starb an Dystrophie (28 Prozent) sowie Herz- und Lungenkrankheiten (46,8 Prozent). Etwa vier Prozent waren bei Arbeitsunfällen umgekommen.
Die extrem schlechte körperliche Verfassung war eine Folge der mangelhaften Ernährung und der harten Arbeitsbedingungen. Nur wer seine Norm erfüllte, bekam die ihm zustehende Brotration, die auch kaum zum Überleben reichte. Wer die Norm erfüllte oder gar übererfüllte, konnte von dem kargen Lohn, der ihm ausbezahlt wurde, zusätzliche Lebensmittel auf dem freien Bauernmarkt erstehen und so sein Überleben sichern. Die meisten Deportieren erfüllten ihre Norm nicht und hatten, wenn sie die Deportation überlebten, bei ihrer Rückkehr aus der Sowjetunion Schulden beim sowjetischen Staat, denn sie mussten für ihre Unterkunft, Verpflegung, Bewachung, medizinische Versorgung etc. aufkommen.
Die Lage der Deportierten war erheblich schlechter als die der westlichen Kriegsgefangenen. Dies lag an den unterschiedlichen Unterstellungsverhältnissen. Die Kriegsgefangenen unterstanden der Staatlichen Verwaltung für Kriegsgefangene und Internierte (GUPVI), während die Deportierten mit Beginn ihres Arbeitseinsatzes in die Verantwortung der Volkskommissariate (Ministerien) der einzelnen Wirtschaftsbranchen überstellt wurden. Für den Bergbau war das Volkskommissariat für Bergbau zuständig. Dies erwies sich als entscheidender Nachteil, denn die Bergbaubetriebe zeigten kaum Interesse am Erhalt der Gesundheit und Arbeitskraft der Zwangsarbeiter, wie es in einem NKWD-Bericht heißt. Häufig wurden in diesen Lagern aufgrund von Willkür und Lebensmittelschiebereien den Deportierten die ihnen zustehenden Lebensmittelrationen nicht zugeteilt. Dagegen sicherte das GUPVI den Kriegsgefangenen durch eine zentralisierte Versorgung und strenge Lagerordnung das lebensnotwendige Minimum an Lebensmitteln. Dies führte dazu, dass die Todesrate bei den Kriegsgefangenen niedriger war als bei den Deportierten. Laut Tanja Penter standen die „internierten und mobilisierten Deutschen“ in der Hierarchie der unfreien Arbeitskräfte im Donbass am unteren Ende.
Repatriierung der Deportierten
Bereits im Oktober 1945 waren über 20 Prozent der Internierten im Donbass aufgrund von Krankheiten arbeitsunfähig. Man begann nun, diese zu repatriieren. Der erste Repatriierungstransport, bestehend aus unheilbar Kranken und Invaliden, älteren Arbeitern, Schwangeren und Frauen mit Säuglingen, ging im Dezember 1945 über das Repatriierungslager Nr. 36 in Sighet nach Rumänien.
Den in die SBZ gebrachten Deportierten wurde eine Rückkehr nach Rumänien verwehrt. Nur jene, die sich in die amerikanische Besatzungszone begaben, konnten mit Hilfe einer rumänischen Repatriierungskommission, die sich im Displaced People Camp in Pocking/Bayern befand, über das Empfangszentrum (Centru de primire) in Großwardein (Oradea) in ihre Heimat zurückkehren.

Späte Rehabilitierung
Im kommunistischen Rumänien war die Deportation der Deutschen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion lange Zeit tabu. Der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg hatte im Anklagepunkt vier Artikel 6(b) und 6(c) die Verschleppung von Zivilpersonen zur Zwangsarbeit als Kriegsverbrechen bzw. Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert, wofür Fritz Sauckl, der für die Deportation von 7,5 Millionen Zwangsarbeitern nach Deutschland verantwortlich war, zum Tod durch den Strang verurteilt wurde. Man wollte (und durfte wohl auch nicht) den „großen Bruder“ Sowjetunion mit dem Tatbestand eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit in Verbindung bringen.
1990 beschloss die rumänische Regierung die politischen Opfer, darunter auch die Rumäniendeutschen, die zur Zwangsarbeit verschleppt worden waren, zu rehabilitieren und für das erlittene Unrecht zu entschädigen. Dazu wurde das Dekret 118/1990 erlassen. Die ehemaligen Zwangsarbeiter sollten für jedes in der Deportation verbrachte Jahr eine Entschädigung erhalten Das Dekret galt allerdings nur für jene, die in Rumänien lebten und rumänische Staatsbürger waren. Zu diesem Zeitpunkt lebten aber die meisten ehemaligen Deportierten nicht mehr in Rumänien oder waren dabei, das Land zu verlassen. Damit auch die im Ausland lebenden Deportierten in den Genuss der Entschädigungsleistungen kommen konnten, wurde 2013 das Gesetz 211/2013 erlassen. Zu diesem Zeitpunkt lebten nur noch wenige Deportierte, so dass man sich entschloss, durch das Gesetz Nr.232/2020 die Nachkommen der Deportierten in den Genuss der Entschädigungsleistung kommen zu lassen. Der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien setzten sich erheblich dafür ein, dass diese Novellierungen zustande kommen.
Abschließend lässt sich sagen, dass sich die Rumäniendeutschen im Januar 1945 zur falschen Zeit am falschen Ort befanden. Sie mussten kollektiv für die ungeheuren Verbrechen büßen, die in deutschem Namen auf dem Gebiet der Sowjetunion begangen wurden, ohne dass dabei nach ihrer individuellen Schuld gefragt wurde. Um es mit dem amerikanischen Historiker Norman N. Naimark zu sagen: „Entscheidend war die ethnische Zugehörigkeit und nicht ihre Staatsbürgerschaft, ebenso wenig die Frage, ob sie gute oder schlechte Deutsche waren, Faschisten oder Antifaschisten.“
Für die ehemaligen Deportierten war die Verschleppung in die Sowjetunion ein traumatisches Erlebnis. Vor allem schmerzte sie, dass jahrzehntelang niemand Notiz von ihrem Leid nahm. Mit dem Roman „Atemschaukel“ hat die Nobelpreisträgerin Herta Müller dieses traurige Kapitel rumäniendeutscher Geschichte weltweit bekannt gemacht.
Pavel Polian, der das Standardwerk über die Zwangsmigration auf dem Gebiet der Sowjetunion mit dem Titel „Gegen ihren Willen“ verfasst hat und von dem die meisten statistischen Angaben aus vorliegendem Artikel stammen, kommt zu folgendem Schluss: „Stalin hat die Rechte und Freiheiten dieser Menschen genauso mit Füßen getreten wie Hitler die der weitaus zahlreicheren Ostarbeiter: Hier wie dort wurden Deportationen durchgeführt, es herrschten der gleiche Zwang, die gleiche Rechtlosigkeit und Demütigung, die gleiche anormale Sterblichkeit.“
Günter Klein
Schlagwörter: Deportation, Russlanddeportation
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