20. September 2009

Siebenbürgisch-Sächsische Kulturtage in NRW: Der wahre Schatz unserer Gemeinschaft …

„Uns Siebenbürger Sachsen verbindet mit unserem Herkunftsland Rumänien eine gute und konstruktive Beziehung des gegenseitigen Respekts und der Achtung. Die Brückenfunktion gehört zum Selbstverständnis unseres Verbandes, der damit einen modernen europäischen Ansatz in einem Europa der Gemeinsamkeiten verfolgt“, betonte Dr. Bernd Fabritius, der Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, anlässlich der Eröffnung der Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturtage der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen in Bonn.
Die zweitägige Veranstaltung in Bonn mit Brauchtum, Musik, Vorträgen, Workshops, Gottesdienst und Ausstellungen – die am 5. und 6. September von der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen des Verbandes mit dem Rumänischen Generalkonsulat durchgeführt wurde – fand großen Anklang beim Publikum. Dem von Waltraud Hartig-Hietsch, Landesfrauen- und Kulturreferentin der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, moderierten Eröffnungsprogramm im Generalkonsulat von Rumänien in Bonn wohnten zahlreiche Landsleute, Persönlichkeiten des politischen, kulturellen und sozialen Lebens bei, darunter Horst Westkämper, MdL, Mitglied des Kulturausschusses des Landtages NRW, und der Ehrenvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, Dr. Wolfgang Bonfert.
Eröffnung der Kulturtage im Rumänischen ...
Eröffnung der Kulturtage im Rumänischen Generalkonsulat in Bonn, von links: Konsul Sergiu Ungureanu und Cristian Nita, Horst Westkämper ,MdL, Dr. Bernd Fabritius, Bundesvorsitzender des Verbands der Siebenbürger Sachsen, Harald Janesch, Landesvorsitzender NRW; Waltraud Hartig-Hietsch, Landeskultur- und Frauenreferentin von NRW. Foto: Dieter Göllner
Die musikalische Umrahmung mit Werken von Carl Filtsch, George Enescu, Tiberiu Bredicianu, Nicoale Bretan und Johann Lukas Hedwig bestritten die Pianistin Carmen Daniela und der Tenor Thomas Kalka.

Der Vorsitzende der Landesgruppe NRW, Harald Janesch, verwies in seiner Begrüßungsansprache auf die wirtschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen, in denen sich die Siebenbürger Sachsen in ihrer alten und neuen Heimat integriert und eingelebt haben, sowie auf das gute Verhältnis der Volksgruppe zum mittlerweile demokratischen EU-Land Rumänien. Es sei auch erfreulich, so Janesch, dass die Kirchen und Denkmäler in Siebenbürgen heute nicht mehr ohne weiteres verfallen, sondern aufgebaut und gepflegt werden.

Ein besonderer Dank galt den ebenfalls bei der Feierstunde anwesenden Vertretern des gastgebenden Hauses – Konsul Cristian Niță und Konsul Sergiu Ungureanu –, die ihre Tore für die Kulturtage geöffnet haben. Generalkonsul Dr. Vlad Vasiliu, der diese Veranstaltung ermöglicht hatte, war an diesem Wochenende auf Dienstreise in Berlin.

Denn, wie Dr. Bernd Fabritius betonte, sei es etwas ganz Besonderes, dass die Landesgruppe NRW die Kulturtage in den Räumen des rumänischen Generalkonsulats abhielt. Und der Bundesvorsitzende fügte hinzu: „Andere Verbände von Deutschen aus einem Land des ehemaligen Ostblocks wären froh, wenn sie mit der offiziellen Vertretung ihres Ursprungslandes ihre eigene Kultur gemeinsam feiern könnten und wenn sie eine solche Wertschätzung erfahren würden.“

Auch Bodo Löttgen, MdL, schätzte die offene Haltung beider Seiten – der rumänischen ebenso wie der siebenbürgisch-sächsischen – hoch ein: „Dieses hier und jetzt ist eine bedeutsame Stunde – für alle Beteiligten. Dass Sie die landesweiten siebenbürgisch-sächsischen Kulturtage 2009 im rumänischen Generalkonsulat zu Bonn durchführen, ist eine gute, eine starke und eine versöhnende Geste, die auf der einen Seite Ihre wohlwollende Haltung gegenüber Rumänien hervorhebt, auf der anderen Seite das uneingeschränkte Entgegenkommen Rumäniens deutlich macht.“ Von dem heutigen Tag gehe ein Signal aus, so Löttgen weiter, das in seiner Botschaft nicht klarer sein könnte: „Rumänien und die Siebenbürger Sachsen verstehen sich als Partner im gemeinsamen Haus Europa.“

Konsul Cristian Niță lobte das facettenreiche Kulturprogramm mit Gottesdienst, Brauchtumsveranstaltungen, Musik, Vorträgen, Workshops und Ausstellungen, das sicherlich für Jung und Alt beste Voraussetzungen für ein angenehmes Treffen schaffe. Außerdem versicherte der Gastgeber, dass man die Zusammenarbeit mit dem Verband der Siebenbürger Sachsen vertiefen und zukünftige Kulturprojekte in Rumänien unterstützen wolle.

Leben in der eigenen Identität

Der Bundesvorsitzende Dr. Bernd Fabritius widersprach ganz entschieden der gelegentlich vernehmbaren Bemerkung, dass die Kulturtage das Ausleben einer zurückgewandten Gesinnung seien: „Das Pflegen unserer Kultur hat nichts mit Nostalgie oder Folklore zu tun. Es ist ein Leben in der eigenen Identität, nach Bräuchen und Traditionen, mit all dem, was wir in unseren Herkunftsländern erlebt und gelernt, und was wir als den wahren Schatz unserer Gemeinschaft mitgebracht haben.“ Als bedeutende Aspekte der eigenen Identität hob Dr. Fabritius in erster Linie die Sprache, aber auch die geschichtliche Entwicklung und das Wertegefüge hervor. Bei den Siebenbürger Sachsen gehören nicht zuletzt auch die Religion und die Einbindung in die Heimatkirche zu den besonders prägenden Faktoren. Mit Veranstaltungen, wie diese Kulturtage, sei es möglich, so Dr. Fabritius, sowohl einen Bogen aus der Vergangenheit in die Zukunft, als auch eine Brücke des Verständnisses und der Gemeinsamkeiten zu spannen.

Die Bundesfrauenreferentin Enni Janesch bot in ihrem Vortrag Einblicke in die rund 60-jährige kulturelle Entfaltung der Siebenbürger Sachsen in Nordrhein-Westfalen. Besonders stolz sei man auf die Errungenschaften in den ersten drei Bergmannssiedlungen im Ruhrgebiet und vor allem in den großen Siedlungen wie Drabenderhöhe oder Gummersbach. Einer der ersten Höhepunkte sei die Übernahme der Patenschaft für die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen durch das Land NRW im Mai 1957 gewesen. Zu den Glanzlichtern des landsmannschaftlichen Lebens gehörten zweifelsohne die Jubiläumsveranstaltungen 1997 und 2007 im Plenarsaal des nordrhein-westfälischen Landtages anlässlich des 40- bzw. 50-jährigen Bestehens der Patenschaft. Mit Blick auf die heutige Lage betonte die engagierte Brauchtums-Pflegerin: „Bei diesen Kulturtagen im Generalkonsulat von Rumänien in Bonn beschreiten wir neue Wege. … Siebenbürgische Kultur in NRW ist vielfältig und geschieht nicht nur in großen Veranstaltungen sondern wird täglich in den Kreisgruppen und in den Siedlungen geleistet. In Drabenderhöhe, Herten-Langenbochum und Setterich gibt es Heimatstuben, in denen Exponate siebenbürgischer Kultur gezeigt werden. In Drabenderhöhe ist auch das Siebenbürgisch-Deutsche Heimatwerk zu Hause, das Volkskunst anbietet und für seine Verbreitung sorgt.“

Das Begrüßungs- und Vortragsprogramm ergänzte Prof. Heinz Acker durch die Multimediashow „Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren“.

Tradition der fleißigen Hände

Die Schönheit und Vielfalt der siebenbürgisch-sächsischen Web- und Stickarbeiten konnte im Foyer des Generalkonsulats von Bonn live miterlebt werden. Gezeigt wurden auch eine kleine Auswahl an Frauen- und Männer-Trachten, Kirchenpelzen, Lederriemen, Hauben und bunten Bändern sowie verschiedene Haustextilien. Anhand der Materialauswahl und der Stickmotive war der Herkunftsort, Stand und Alter der jeweiligen Trachtenträger zu erkennen. In Workshops demonstrierten erfahrene und auch jüngere Sächsinnen traditionelle Handarbeiten und verrieten so manche Geheimnisse rund um das wertvolle Kulturerbe. So konnten interessierte Besucherinnen von Maria Hartig das Spinnen, von Erika Csuhran (geborene Ipsen) den Kreuzstich, sowie von Anneliese Hüll Hardanger, Anna Schemmel und Katharina Drotleff die Weißstickerei erlernen.

Gottesdienst, Hochzeitsbräuche und Volkstänze

Am zweiten Veranstaltungstag wohnten mehr als 300 Gäste dem Gottesdienst mit Pfarrer i.R. Gerhard Thomke und Pfarrerin Agnes Franchy-Kruppa in der evangelischen Kreuzkirche zu Bonn bei. Die mitwirkenden Mitglieder des Honterus-Chores Drabenderhöhe, des Stephan Ludwig Roth-Chores Setterich und der Vereinigten Blaskapellen Nordrhein-Westfalen sowie zahlreich Landsleute waren in festlicher Tracht erschienen.
300 Gäste nahmen am Gottesdienst in der ...
300 Gäste nahmen am Gottesdienst in der evangelischen Kreuzkirche zu Bonn teil. Diesen besonderen Blickwinkel hat der Journalist Dieter Göllner mit einem Fischauge-Objektiv eingefangen.
Nach dem Gottesdienst bedankte sich der Landesvorsitzende Harald Janesch bei den Pfarrern und der Kirchengemeinde der Kreuzkirche für die Aufnahme in dieser großen Kirche, mitten im Herzen Bonns. Den Beteiligten dankte er für die Gestaltung des beeindruckenden Gottesdienstes und lud die Besucher zur Besichtigung der beiden Ausstellungen ein, die seit zwei Wochen in der Kirche gezeigt wurden: „Rumänien, eine europäische Kulturlandschaft – Hermannstadt/Sibiu, Kulturhauptstadt 2007“ sowie „50 Jahre Patenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen für den Verband der Siebenbürger-Sachsen“.

Ihren Ausklang erlebten die Kulturtage erneut im rumänischen Generalkonsulat, wo es Hochzeitsbräuche, Darbietungen der Tanzgruppen aus Drabenderhöhe, Köln und Setterich sowie Programme für Kinder gab. Dass auch viele Jugendliche mit von der Partie waren, erfreute alle Beteiligten. Schließlich wünscht man sich doch, dass die junge Generation das siebenbürgisch-sächsische Kulturerbe bewahrt und weiter pflegt …

Dieter Göllner

Schlagwörter: Kulturtage, Nordrhein-Westfalen, deutsch-rumänische Beziehungen

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