19. Dezember 2011

Rentenhöhe prüfen und rechtzeitig Korrekturanträge stellen

In letzter Zeit sind vermehrt Fälle zu verzeichnen, in welchen Rentenbehörden bisher unstreitige Fragen zur Anerkennung und Bewertung der Zeiten im Herkunftsgebiet negativ entscheiden und die zutreffenden Rentenwerte erst nach einem Widerspruchs- und Klageverfahren anerkennen. Diese Fälle betreffen beispielsweise die Einordnung in angemessene Qualifikationsgruppen aufgrund von Ausbildung oder Berufserfahrung sowie die Berücksichtigung ungekürzter Werte (6/6) bei Vorlage von Lohnlistenauszügen. Betroffenen wird daher empfohlen, Bescheide nach deren Zugang genau zu prüfen und bei Zweifelsmomenten schnellstens eine Korrektur zu beantragen. Für Widersprüche gilt eine Frist von einem Monat nach Zugang des Bescheides.
Rentenbescheide können auch nach Ablauf von Widerspruchsfristen noch korrigiert werden, wobei vorenthaltene Renten maximal vier ganze Kalenderjahre nachgezahlt werden. Bei Antragstellung noch vor dem 31. Dezember 2011 können Renten daher ab dem 1. Januar 2007 nachgezahlt werden. Wird diese Frist versäumt, geht ein Jahresbetrag der Nachzahlung verloren. Anträge können zuerst auch formlos gestellt werden, wenn eine Begründung nach der Prüfung nachgereicht wird.

Reicht die Rentenhöhe zur Deckung der Lebenshaltungskosten nicht aus, können Betroffene ergänzend zur Rente Leistungen der Grundsicherung beantragen. Erster Schritt zu einem angemessenen Lebensunterhalt im Alter ist die Prüfung der Rentenbescheide und die Durchsetzung angemessener Werte. Eine erste Schlüssigkeitsprüfung kann und soll jeder selbst vornehmen.

Dabei ist auf folgende Fragen zu achten:

1) Sind im Rentenbescheid alle Jahre im Versicherungsverlauf enthalten?
2) Wurden angemessene Qualifikationsgruppen für meine Tätigkeit in Rumänien anerkannt? Das ist in der Anlage 10 des Bescheides zu erkennen. Es gilt ein 5-Stufen-System, wobei für Tätigkeiten eines Hochschulabsolventen die Gruppe 1, eines Technikers oder Fachschulabsolventen die Gruppe 2, eines Meisters die Gruppe 3, eines gelernten Arbeiters oder Angestellten die Gruppe 4 und nur für diejenigen in Tätigkeiten unterhalb eines Lehrberufes die Auffanggruppe 5 anzuerkennen sind. Zu einer entsprechenden Bewertung führt die Glaubhaftmachung des entsprechenden Berufsabschlusses oder der Berufserfahrung.
3) Wurden richtige Wirtschaftsbereiche anerkannt? Alle Arbeitgeber werden – unabhängig von der eigenen Tätigkeit – in so genannte „Wirtschaftsbereiche“ eingeordnet. Diese Zuordnung erfolgt nach dem Haupterwerbszweck des Betriebes und wirkt sich wesentlich auf die Rentenhöhe aus. Eine Auflistung der Bereiche bekommt jeder Antragsteller mit dem Antragsformular zur Anerkennung der Jahre aus Rumänien zugestellt, hier kann er eine eigene Einschätzung abgeben. In Zweifelsfällen lohnt sich aber eine Prüfung.
4) Wurden unzulässige Kürzungsfaktoren angesetzt? Am häufigsten wendet die Rentenbehörde die Reduzierung auf 5/6 an und missachtet die Nachweiseigenschaft vorgelegter Unterlagen. Hier kann durch Vorlage entsprechender Unterlagen oder durch Argumente bei Ablehnung durch die Rentenbehörde spätestens in Rechtsmittelverfahren eine Anwendung dieser Kürzungsvorschrift vermieden werden. Insbesondere die DRV Nordbayern erweckt in ihren Schreiben oft den Eindruck, eine volle Anrechnung sei nicht möglich. Gerade in letzter Zeit haben aber Landessozialgerichte zu Gunsten der Betroffenen entschieden und eine Verpflichtung der Rentenbehörde zur vollen 6/6-Bewertung festgestellt (z.B. Landessozialgericht Baden-Württemberg im Urteil vom 30. August 2011, AZ. L 9 R 4758/09).


Wenn sich nach einer solchen Grobprüfung zu den einzelnen Fragen Zweifelsmomente ergeben, sollte jeder Betroffene Widerspruch einlegen oder nach Ablauf der Widerspruchsfrist eine Korrektur beantragen und fachkundigen Rat einholen.

Anspruch auf Grundsicherung

Wenn die gewährte Rente – gegebenenfalls nach einem Verbesserungsverfahren – nicht zur Deckung der Lebenshaltungskosten reicht, sollte jeder Betroffene ergänzende Leistungen der Grundsicherung beantragen.

Durch das seit dem 1. Januar 2003 geltende „Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – GsiG“, kurz „Grundsicherungsgesetz“, soll der Leistungsbezug im Alter erleichtert werden. Seit 2005 wurde dieser Leistungsbereich in das Sozialgesetzbuch XII überführt.

Betroffene verzichten auf diese zustehende Leistung oft aus Unkenntnis oder weil sie befürchten, dass ihre Kinder zum Unterhalt herangezogen und Angaben machen müssen. Diese Sorge ist unberechtigt. Regelungen zur Grundsicherung schaffen hier Abhilfe und bringen mit der aus Steuermitteln gezahlten Leistung eine wesentliche Erleichterung, ohne dass Kinder mit Nachteilen rechnen müssen.

Rentner (Regelaltersrentner oder Rentner wegen voller Erwerbsminderung), deren Rente geringer ist als 750 Euro, sollten eine Antragstellung in ihrer Gemeindeverwaltung vornehmen. Die Altersgrenze von 65 Jahren wird ab 1.1.2012 bei der Grundsicherung im Alter wie in der Rentenversicherung schrittweise auf 67 Jahre angehoben. Für alle, die vor 1947 geboren wurden, ändert sich bei der Grundsicherung im Alter nichts. Erst für den Jahrgang 1947 wird die Altersgrenze um einen Monat angehoben, so dass er die Grundsicherung im Alter erst mit 65 Jahren und einem Monat in Anspruch nehmen kann. Für die Jahrgänge 1948 bis 1958 kommt pro Jahrgang ein Monat hinzu, so dass im Jahr 1958 Geborene die Grundsicherung im Alter erst frühestens mit 66 Jahren bekommen können. Für die folgenden Jahrgänge wird die Altersgrenze um jeweils zwei Monate angehoben, so dass für den Jahrgang 1964 erstmals die Altersgrenze von 67 Jahren bei der Grundsicherung im Alter gilt.

Vor Erreichen der Altersgrenze ist ein Antrag möglich, wenn Personen dauernd voll erwerbsgemindert sind, also nicht mehr als drei Stunden täglich arbeiten können.

Gezahlt wird die Leistung dann, wenn das eigene Einkommen und gegebenenfalls das des Ehegatten nicht zur Deckung der Lebenskosten ausreichen und kein eigenes Vermögen zum Lebensunterhalt vorhanden ist. Angemessene Barbeträge dürfen als Ersparnis behalten werden. Bei der Antragstellung müssen Angaben zum eigenen laufenden Einkommen und zur eigenen Vermögenslage gemacht werden.

Wichtig ist, dass Kinder nur dann mit herangezogen werden, wenn deren jährliches Gesamteinkommen gemäß § 16 SGB IV einen Freibetrag von 100.000 (hunderttausend) Euro übersteigt. Dass dieser Freibetrag nicht erreicht wird, steht im Gesetz bereits als Vermutung drinnen, so dass Kinder in der Regel ihr Einkommen nicht offen legen und nachweisen müssen. Nur wenn bestimmte Anhaltspunkte für ein Überschreiten bestehen, kann das Grundsicherungsamt Auskünfte und Unterlagen anfordern.

Zuständig für die Antragsaufnahme sind die Städte- und Gemeindeverwaltungen und auch die Rentenbehörden. Gezahlt wird die Leistung von den bei Städten und Gemeinden eingerichteten „Grundsicherungsämtern“. Der Gang zum Sozialamt bleibt einem daher erspart.

Die Höhe der Grundsicherung ist regional unterschiedlich und setzt sich aus mehreren Teilen zusammen. Sie besteht aus dem Regelsatz, den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie einem Mehrbedarf. Seit dem 1. Januar 2011 gelten folgende Regelsätze:

• 364 Euro für alleinstehende oder alleinerziehende Leistungsberechtigte
• 28 Euro für Ehegatten und Lebenspartner sowie andere erwachsene Leistungsberechtigte, die in einem gemeinsamen Haushalt leben und gemeinsam wirtschaften, und
• 291 Euro für erwachsene Leistungsberechtigte, die keinen eigenen Haushalt führen, weil sie im Haushalt anderer Personen leben.

Zu diesen Beträgen werden Kosten für Unterkunft und Heizung sowie in bestimmten Fällen ein Mehrbedarf (bei Behinderung, medizinisch begründeter kostenaufwändiger Ernähung, Alleinerziehenden etc.) hinzugerechnet. So kann je nach Fall ein Grundsicherungsbetrag von 750 Euro oder mehr errechnet werden. Erreicht die eigene Rente diesen Betrag nicht, wird der Unterschied als zusätzliche Grundsicherung ausgezahlt. In Einzelfällen kann sogar einmalige Hilfe beantragt werden, z.B. für die Erstausstattung einer Wohnung oder sogar zur Schuldenübernahme bei drohendem Wohnungsverlust wegen Mietrückständen. Darüber entscheidet das Grundsicherungsamt nach Umständen des Einzelfalles im Rahmen einer Ermessensentscheidung.

Die Grundsicherung wird jährlich neu festgestellt und zwar gleichzeitig mit der üblichen Rentenanpassung zum 1. Juli eines jeden Jahres.

Betroffenen wird empfohlen, wenn ihre Rente unterhalb der genannten Beträge liegt, bei der örtlichen Verwaltung (Rathaus, Bürgermeisteramt) vorzusprechen und den Bezug von ergänzender Grundsicherung abzuklären.

RA Dr. Bernd Fabritius, München

Schlagwörter: Rente, Rechtsfragen, Grundsicherung

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