5. September 2012

Siebenbürgen einmal ganz bunt

Seit Juli ist unter www.reporterreisen.com ein Online-Magazin anklickbar, das für alle Transsilvanien-Freunde oder –Neugierige ein Muss ist und sogar Siebenbürger auf Siebenbürgen neugierig machen dürfte. Die Autoren von „10 Tage 7bürgen“ sind Schüler der Zeitenspiegel-Reportageschule „Günter Dahl“ Reutlingen. Elf von ihnen haben im Frühjahr zum ersten Mal die Hermannstädter Gegend besucht und entdeckt, eine weitere Kollegin war in Deutschland auf Siebenbürgen-Spurensuche.
Das Ergebnis ist ein buntes, vielfältiges, sprachlich und visuell hochwertiges Bild der Region, in dem sich die Scheinwerfer besonders auch auf die Siebenbürger Sachsen richten. Etwa die Hälfte der Beiträge ist thematisch mit ihrer Kultur, Geschichte und Gegenwart verbunden oder stellt Persönlichkeiten aus ihren Reihen und bedeutende Einrichtungen vor. „Geschichten von Menschen, die weggingen. Von welchen, die blieben. Und anderen, die zurückkehrten“ – so die Formulierung im Editorial –, spielen dabei eine wichtige Rolle. Themen aus der Vergangenheit – z.B. die Deportation im Januar 1945, erzählt aus der Perspektive zweier betroffener Frauen – stehen im Magazin neben ganz neuen Entwicklungen wie im Text „Der letzte macht das Licht an“. Hier geht es um die Kirchenburg Trappold und ihren neuen Burghüter Sebastian Bethge, einen gebürtigen Berliner, der sich vor dreizehn Jahren für Siebenbürgen entschlossen hat, denn „mir gefällt das Landleben einfach besser. In der Stadt konnte ich nicht frei atmen, so viele Menschen. Das ist hier anders.“ Die Kirchenburg, die er betreut, soll nun mit EU-Geldern komplettsaniert werden. Trotzdem warnt Bethge: „In fünf Jahren wird es fast keine Menschen mehr geben, die sich um die Kirchenburgen kümmern.“
Junge Journalisten aus Deutschland entdeckten im ...
Junge Journalisten aus Deutschland entdeckten im Frühjahr Siebenbürgen. Das Ergebnis: „10 Tage 7bürgen“. Foto: Stefan Junger
Ganz anderer Meinung ist der in Deutschland „wohl bekannteste Siebenbürger“, Peter Maffay. In einem Interview spricht er über die dichten Wälder, die einfachen Gasthöfe und den Geruch von Kronstadt, über die Auswanderung seiner Familie und die Gründe, die ihn bewegt haben, nach mehr als vier Jahrzehnten die Heimat wieder aufzusuchen. Auch der Theologe Paul Philippi gehört zu denjenigen, die „das Klagelied über den Niedergang der Heimat“ nicht hören wollen. Das Schrumpfen der deutschen Minderheit in Rumänien ist Fakt, aber „Jammern hilft nicht“. Die Heimat definiert Philippi entschlossen als den Ort, „wo einem die Maßstäbe für das eigene Leben zuwachsen“. Hohe Maßstäbe, einmal abgesehen von der Problematik „Immer­sachsen und Sommersachen“, setzt beispielsweise Hermannstadt mit seinem Erfolgsmodell. Unter dem knackigen Titel „Die Johannis-Passion“ wird der Bürgermeister Klaus Johannis vor seinem vierten Wahlerfolg präsentiert.

Noch viel mehr siebenbürgische Themen werden aufgegriffen: die Lebenswelt und die Schwierigkeiten der Szekler oder Roma, das Drama der Eurowaisen und der Wohlstands­traum der Arbeitsmigranten, Dracula und Raumfahrtpioniere, Umweltprobleme und Tierschutz, die umfassenden deutschen Investitionen in Rumänien und nicht zuletzt junge Menschen, die bleiben wollen. Zu den Texten kommen Filme und Audioslideshows hinzu, das Bildmaterial und das Layout sind ansprechend gestaltet. Nützliche und oft auch pfiffige Insider-Tipps – beispielsweise zum Siebenbürgenlied, zur konfessionellen Vielfalt in Hermannstadt, zu den Sprachen Transilvaniens und sogar zum allgegenwärtigen Schnaps – machen das Magazin (und die Gegend) auch für junge Leser sehr schmackhaft. Der virtuelle Besuch lohnt sich.

Christine Chiriac

Schlagwörter: Siebenbürgen, Internet, Journalismus, Reportage

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