30. September 2013

Hans Sommerburger prägte das Gemeinschaftsleben in Dinkelsbühl und gründete die Schirkanyer Nachbarschaft

In diesem Jahr feiert die Schirkanyer Nachbarschaft (HOG Schirkanyen) ihr 30-jähriges Bestehen seit ihrer Gründung 1983. Das erste Schirkanyer Treffen wurde einen Monat nach Hans Sommerburgers erstem Besuch nach dem Krieg in Schirkanyen (August 1983) im September in Augsburg organisiert – es war die Geburtsstunde der Schirkanyer Nachbarschaft. Aus diesem Anlass möchten wir einer Persönlichkeit gedenken, die nach dem Zweiten Weltkrieg sehr viel für die Neubegründung und für den Weiterbestand unseres sächsisch-organisierten Gemeinschaftswesens in Deutschland getan hat: Hans Sommerburger war 1959 Mitbegründer der Nachbarschaft und der Kreisgruppe Dinkelsbühl mit dem anschließenden jährlichen Pfingsttreffen in Dinkelsbühl, und 1983 der Schirkanyer Nachbarschaft.
Albert Johann (Hans) Sommerburger wurde am 15. Juni 1920 als Sohn des Johann Sommerburger und der Maria, geb. Farsch in Schirkanyen geboren. Hier verbrachte er seine Kindheit, die Schul- und frühe Jugendzeit. Dann kam er, wie es bei seiner Generation üblich war, in den Krieg, wo er als Kavallerist kämpfte. Am Ende des Krieges geriet er in Österreich in amerikanische Kriegsgefangenschaft. 1952 wurden im Rahmen der „Kohleaktion“ Siebenbürger Sachsen aus Österreich angeworben und es entstanden in Herten-Langenbochum, Osterfeld (Oberhausen) und Setterich Siebenbürger-Siedlungen. Hans Sommerburger ging auf diese Anwerbung ein, und zog von Österreich ins Ruhrgebiet um. Hier musste er nun als Bergmann, Borstenzurichter und Stahlwerker arbeiten, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Ein Jahr später zog er aus dem Ruhrgebiet ins fränkische Dinkelsbühl um, wo er die aus dem Sudetenland stammende und spätere Ehefrau Elydia, Lydia genannt, kennen lernte und 1954 heiratete. Drei gemeinsame Kinder, zwei Töchter und ein Sohn, entstammen dieser Ehe.

Nach über 40 Jahren Abwesenheit von Siebenbürgen, die durch den Krieg und dessen Folgen erzwungen war, sah er im Sommer 1983 erstmals seinen Heimatort wieder, wo noch Verwandte lebten. Drei Jahre später besuchte er erneut Siebenbürgen und zeigte nun auch seiner sudetendeutschen Frau seine alte Heimat.

Seit Anfang 1957 war Hans Sommerburger im Dienste unseres landsmannschaftlichen Verbandes tätig. 1959 trug er mit dem damaligen Dinkelsbühler Bürgermeister Rudolf Schmidt entscheidend dazu bei, dass im selben Jahr die Vertriebenen-Siedlung Hoffeld, die auch 35 siebenbürgisch-sächsische Haushalte umfasste, in Dinkelsbühl gegründet werden konnte. Hier entstand am 21. Januar, nach alter siebenbürgischer Tradition, die Nachbarschaft der Dinkelsbühler Sachsen durch Hans Sommerburger, deren erster Nachbarvater er wurde. Vier ­Monate später, am 18. April 1959, wurde die Kreisgruppe Dinkelsbühl (heute Dinkelsbühl –Feuchtwangen) gegründet. Zur Gründungsversammlung fanden sich alle Siedler ein, die auch Mitglieder der jungen Kreisgruppe wurden. Die Begründer beider Gruppierungen waren die Dinkelsbühler Nachbarväter Thomas Schuller und Hans Sommerburger. Die neu gegründete Kreisgruppe Dinkelsbühl wurde nun die aktive Keimzelle der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Erst durch die beiden erfolgten Organisationsneugründungen in Dinkelsbühl, deren „Zugpferde“ Schuller und Sommerburger hießen, war die organisatorische Basis des Heimattages geschaffen, das alljährliche Pfingsttreffen der Sachsen in Dinkelsbühl geboren worden. Es war der erste Heimattag der Siebenbürger Sachsen, der durch die Landsmannschaft zu Pfingsten 1959 in Dinkelsbühl ausgerichtet wurde. Der damalige Vorsitzende der Landsmannschaft war Dr. Heinrich Zillich.

1963 wurde Sommerburger zum Vorsitzenden der Kreisgruppe Dinkelsbühl gewählt, ein Ehrenamt, das er über 20 Jahre innehatte. Zwischen 1984 und 1990 wurde er erneut stellvertretender Vorsitzender sowie Referent für Aussiedlerbetreuung. Als Gründer und Vorsitzender der Kreisgruppe Dinkelsbühl wurde er 1972 in den bayerischen Landesvorstand berufen. Am 20. November 1974 wurde er als Vorsitzender der Kreisgruppe Dinkelsbühl vom Bund der Vertriebenen (BdV) mit der goldenen Verdienst- und Ehrennadel ausgezeichnet, „als eine Seele der Heimatvertriebenen“, die er zusammenhielt und denen er mit Rat und Tat zur Seite stand. Dem Bund der Vertriebenen gehörte er seit dessen Gründung 1946 an, wo er die Ämter des Schriftführers und des Kassenführers innehatte. In diesen ehrenamtlichen Positionen setzte er sich für die soziale Betreuung der Heimatvertriebenen ein, wobei er ihnen Hilfestellungen bei Schriftsätzen und Vorsprachen gab, und er leitete die Sprechtage des Hauptauschusses für Flüchtlinge und Vertriebene in Bayern in die Wege. Seitens der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen wurden seine Verdienste für unsere Landsleute mit dem Goldenen Ehrenwappen anerkannt. Am 17. November 1979 folgte die Bundesverdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, vom Bundespräsidenten verliehen und durch den Landrat des Landkreises Ansbach, Georg Ehnes, übergeben.
Hans Sommerburger (rechts) auf dem Ross beim ...
Hans Sommerburger (rechts) auf dem Ross beim Heimattag 1955 in Dinkelsbühl.
Am 25. März 1984, bei der Jahreshauptversammlung der Kreisgruppe, mit Neuwahlen, wurde Hans Sommerburger, nach über 20-jährigem Wirken als Vorsitzender der Kreisgruppe Dinkelsbühl, Ehrenvorsitzender, stellvertretender Kreisvorsitzender, Betreuungsreferent und Ehrenmitglied der Nachbarschaft Dinkelbühl. Sein selbstloser Einsatz brachte Hans Sommerburger auch in vielen anderen Vereinen Dinkelsbühls Anerkennung ein. Seine Integration ins gesellschaftliche Umfeld war vorbildlich und brachte ihm die Achtung seiner Mitbürger. Wichtig war ihm stets das Gespräch, die Kommunikation mit den Mitmenschen.

Am 18. April 2009 feierten die Nachbarschaft Dinkelsbühl und die Kreisgruppe Dinkelsbühl-Feuchtwangen im Schrannen-Festsaal in Dinkelsbühl ihr gemeinsames 50-jähriges Bestehen. Im Beisein zahlreicher Ehrengäste hielt der Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dr. Bernd Fabritius, die Festrede.

Am 24. und 25. September 1983 fand auf Einladung der Schirkanyer Richard Fogarascher (Augsburg) und Hans Sommerburger (Dinkelsbühl) ein Schirkanyer Treffen in Augsburg statt. Hier, wo die meisten Schirkanyer wohnten, wurde das erste Treffen der Schirkanyer organisiert. Hier wurde die Schirkanyer Nachbarschaft, die spätere Heimatortsgemeinschaft Schirkanyen (HOG Schirkanyen), gegründet. Hans Sommerburger, als neuer Schirkanyer Nachbarvater und langjähriger Vorsitzender der Kreisgruppe Dinkelsbühl, wurde zum 1. Vorsitzenden und Richard Fogarascher, nun ebenfalls Schirkanyer Nachbarvater und ehemaliger Kurator in Schirkanyen, zum 2. Vorsitzenden der Nachbarschaft gewählt. Beim 2. Schirkanyer Treffen 1986 in Augsburg wurde Nachbarvater Richard Fogarascher (Augsburg) zum 1.

Vorsitzenden der Nachbarschaft, Hans Sommerburger (Dinkelsbühl) zusammen mit Hans-Otto Henneges (Augsburg) zum 2. Vorsitzenden gewählt. Nachbarvater Richard Fogarascher blieb bis zu seinem unerwarteten Tod am 11. August 1992 ihr erster Vorsitzender und Hans Sommerburger ihr Ehrenvorsitzender. Am 22. Juni 1996, einige Tage nach seinem 76. Geburtstag, starb Hans Sommerburger nach längerer Krankheit in einem Dinkelsbühler Altenheim.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass unser Schirkanyer Landsmann, der als Soldat des Zweiten Weltkrieges sehr früh seine siebenbürgische Heimat verloren hatte, bald nach der Gründung der jungen Bundesrepublik Deutschland einen Neuanfang unseres organisierten sächsischen Gemeinschaftslebens in Deutschland wagte, es mitorganisierte, es mitgestaltete und es für unser heutiges Dasein fest zementierte. Auf allen vier möglichen Tätigkeitsfeldern des organisierten Daseins der Siebenbürger Sachsen in Deutschland (Nachbarschaft, Kreisgruppe, Landesverband und Bundesebene) hat er für den Weiterbestand unseres Gemeinschaftslebens Enormes geleistet. Hiermit sei ihm wie auch all den anderen mitbeteiligten Zeitgenossen, ganz herzlich gedankt.

Hans-Günther Kessler

Schlagwörter: Dinkelsbühl, Schirkanyen

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