19. September 2015

Evakuierung 1944-1945: Südsiebenbürger helfen in größter Not

Genau ein Jahr seit Beginn der Serie „Evakuierung 1944-1945“ in der Siebenbürgischen Zeitung soll hier zum Abschluss ein Text stehen, der die natürliche Verbundenheit zwischen Nord- und Südsiebenbürger Sachsen in einem weniger bekannten Bereich dokumentiert.
Kurz nach dem Krieg wurden Jungen und Mädchen aus dem arg geplagten Nordsiebenbürgen zu Landsleuten nach Südsiebenbürgen, das seinerseits durch die Deportation in die Sowjetunion traumatisiert war, geschickt, um praktisch dort zu überleben. Meine Schwester Maria, verheiratete Buzzi, schreibt 1990: „Ende 1945 oder Anfang 1946 vermittelten kirchliche Stellen die zeitweise Unterbringung von Jaader Kindern in der Gegend von Agne- theln. Rektor Otto Engler hat den Transport zusammengestellt. Die Gründe dafür waren vielfältig: In Jaad gab es damals keine deutsche Schule, die Versorgungslage war katastrophal, Eltern und ältere Geschwister waren z.T. zur Zwangsarbeit eingezogen worden ... Mit Lastwagen fuhren wir bis Schäßburg, dort blieben wir zunächst im Kinderwaisenheim auf der Burg, dann erfolgte die Aufteilung im Kreis zu deutschen Familien, die begütert waren. Zwar hatte 1945 eine Agrarreform stattgefunden, aber im Bereich des Handwerks und der Industrie folgte die Enteignung erst 1948. Bis Sommer 1946 war ich in Neithausen, danach in Agnetheln, bei Familie Orendi und später bei Familie Daniel und Helmi Andree (sie brauchten eine Hilfe im Haus). Diese Familie besaß die Lederfabrik „Andree & Ehrmann“. Es folgten für uns Kinder eigentlich gute, unbeschwerte Jahre, wir besuchten die Schule in Agnetheln, ja sogar die Konfirmation fand hier statt. Wir schlossen Freundschaften, die bis auf den heutigen Tag dauern. Die Verbindung zu den uns damals aufnehmenden Familien sind im Rahmen des Möglichen auch heute hier in Deutschland aufrechterhalten worden … Diese schlimmste Zeit der Gefangennahme in und der ständigen Angst vor Arbeitslagern endete für die entrechteten Deutschen etwa im Frühjahr 1948.“

Textauswahl: Horst Göbbel

Schlagwörter: Evakuierung, Geschichte, Rumänien, Zeitzeugenberichte

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