28. Dezember 2017

Erfüllung eines Bergsteigertraumes: Besteigung des Pik Lenin (7134 m) im Alleingang

Der gescheiterte Versuch, im Jahr 2016 den Pik Lenin im Pamir-Gebirge zu besteigen, beschäftigte mich noch eine geraume Zeit. Es war das erste Mal, dass ich bei einer Expedition den Gipfel nicht erreicht hatte. Lange analysierte ich die Gründe für das Scheitern und kam zu dem Schluss, dass der Wetterbericht aus dem Internet ungenau gewesen war und ich nicht mutig genug am Berg agiert hatte. Langsam, sehr langsam reifte die Entscheidung in mir, dieses Jahr einen erneuten Versuch zu starten.
Ich lauschte lange auf meine innere Stimme, ob ich dieses Wagnis allein eingehen solle. Als ich mich endlich dazu entschied, hatte ich nur noch einen Monat Zeit, um alles zu organisieren. Die Flüge waren schnell gebucht und mit Hilfe der Firma AT Reisen waren Transport, Verpflegung und Unterkunft im Basislager und im vorgeschobenen Basislager organisiert. Von da weiter sollte ich dann allein, ohne jegliche Unterstützung, unterwegs sein.
Pik Lenin ganz links vom Grat aufgenommen. Foto: ...
Pik Lenin ganz links vom Grat aufgenommen. Foto: Klaus Petzak
Am 18. Juli war es endlich soweit. Von München ging es nach Bischkek in Kirgisistan und weiter nach Osch, dem Ausgangspunkt der Expeditionen. Dort beschaffte ich noch schnell die fehlenden Lebensmittel. Am Morgen des 20. Juli ging es bei schönstem Sommerwetter mit einem Kleinbus in Richtung Basislager. Die gleiche Mannschaft wie im Vorjahr begrüßte mich sehr herzlich im Lager auf 3700m. Meinem Vorsatz treu, am Berg entschiedener zu agieren, trug ich schon am Tag nach der Ankunft einen Teil der Ausrüstung ins vorgeschobene Basislager auf 4400m. Ich fühlte mich hervorragend und stieg schon am 22. Juli endgültig mit der restlichen Ausrüstung auf. Die nächsten zwei Tage mit Schneefall nutzte ich zum Ausruhen und Akklimatisieren. Danach erlaubte mir das gute Wetter, weiter in die Höhe zu steigen und auf 5000m das nächste Lager einzurichten. Dort wollte ich einen einsamen Grat, den ich schon letztes Jahr entdeckt hatte, bis auf 6000m auskundschaften und mich so weiter akklimatisieren. Wie so oft im Leben lief nicht alles nach Plan. Ich erhielt während der Akklimatisierung über Satellitentelefon die Nachricht, dass sich das Wetter in vier Tagen verschlechtern würde. Nun musste ich eine Entscheidung treffen: schneller Aufstieg über die Normalroute in den verbleibenden schönen Tagen oder die nächste Schönwetterperiode abwarten, die eventuell zu spät kommen könnte. Ich beschloss, einen Ruhetag einzulegen und einen schnellen Aufstieg mit „leichtem“ Rucksack über die Normalroute zu versuchen. Das Zelt, die persönliche Ausrüstung sowie Gas und Lebensmittel für drei Tage packte ich ein und startete am 29. Juli in Richtung Lager 2 auf 5200m. Ich schlief schlecht in dieser Höhe, stieg aber trotzdem am nächsten Tag weiter in das Lager 3 auf. Nach einem langen Tag und einer kurzen Nacht auf 6 100 m startete ich um 5.30 Uhr als Vorletzter in Richtung Gipfel. Um Kraft zu sparen, versuchte ich einen langsameren Rhythmus einzuschlagen, der aber trotzdem schnell genug für den langen Weg zum Gipfel war. Zu meiner eigenen Sicherheit musste ich mich alle zwei Stunden per Funk melden.
Klaus Petzak auf dem Pik Lenin im Pamir-Gebirge, ...
Klaus Petzak auf dem Pik Lenin im Pamir-Gebirge, Juli 2017. Foto: Sasha, ein russischer Bergsteiger
Kurz nach 16.00 Uhr erreichte ich den Gipfel bei bestem Wetter. Freudentränen über die überwältigende Aussicht und das Gelingen des Aufstiegs liefen. Zum Genießen blieb leider nicht viel Zeit, weil noch der lange Abstieg wartete. Ziemlich flott traf ich nach dreieinhalb Stunden im Lager 3 ein. In dieser Nacht schlief ich hervorragend.

Weil das Wetter gegen Mittag umschlagen sollte und der Abstieg über den Gletscher nur am Morgen sicher war, musste ich schnell sein. Um 7.30 Uhr startete ich den Abstieg auf 6100m und kam vor Mittag glücklich und wohlbehalten im vorgeschobenen Basislager an. Am Abend gab es als Überraschung sogar eine Gipfeltorte. Ab hier hatte ich es nicht mehr eilig. Ein paar Tage verbrachte ich noch im Basislager und in Osch, wo ich viel Zeit für Spaziergänge, Einkäufe, Ausgehen und Lesen hatte.

Auf der Heimreise kam ein zwiespältiges Gefühl in mir auf: eine Mischung aus Freude über das Geschaffene und das baldige Wiedersehen mit geliebten Menschen und Traurigkeit, nun einen Traum weniger zu haben.

Klaus Petzak

Schlagwörter: DAV, Bergtour, Pamir-Gebirge, Asien

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  • 28.12.2017, 15:02 Uhr von kokel: Ich bin immer wieder begeistert, wenn es sich um den Mut von Menschen handelt, die ... [weiter]

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