23. Juli 2018

Alt und neu – unsere Hanklich soll hier zu Ehren kommen

Baumstriezel und Hanklich werden als siebenbürgische Spezialitäten bezeichnet und angenommen, aber, es ist nicht alles siebenbürgisch drin, wo siebenbürgisch drauf steht.
So ist der Baumstriezel – die Krone der altehrwürdigen Spezialitäten – wienerischen Ursprungs, über Ungarn nach Siebenbürgen gekommen. Im Kochbuch meiner Mutter heißt er auch Prügelkrapfen – es hat mit „prügeln“ oder „Prügel beziehen“ nichts zu tun, sondern ist in diesem Fall ein dickes Aststück gemeint, auch „der Baum“, auf den die süßen Hefeteigstreifen spiralig gelegt werden, um dann auf einem Drehspieß über Holzkohlenglut, mit Butter und Zucker bestrichen/bestreut eine prächtige Karamell-Glasur zu bekommen. Dazu brauchte es früher für den „echten“ Baumstriezel mehrere Helfer: Einer musste die Teigstreifen um den „Baum“ wickeln, der Drehspieß musste von Hand bewegt werden und eine dritte Person musste oben am „Baum“ den Baumstriezel während des Backens mit Butter (zerlassen) und Zucker „behandeln“, so dass mehrere Schichten übereinander kamen, bis der Teig darunter fertig gebacken war. Anders ist es mit der Hanklich: Flache, rundliche Teigstücke bilden die Grundlage (Brotteig oder Hefeteig).
Hanklich (Eierkuchen) auf einem Foto in ...
Hanklich (Eierkuchen) auf einem Foto in „Katharinas Back­rezepte“ (www.katharinasrezepte.de)
Weit verbreitet hatten alle Länder ihre eigenen Bezeichnungen und Rezepte für diese schnelle Art der Herstellung flachen Brotes. Dem Siegeszug der Pizza-Fladen kann sicher nichts gleichkommen, z.B. geht ein Rezept (aus der Sammlung der Carla Gui Comporesi aus Siena/Toskana auf die Etrusker zurück – es soll mehr als 25 Jahrhunderte alt sein. Das Produkt heißt: Schiacciata (Skiatschiatta gelesen) mit Trauben: Dazu benötigt man: ¼ kg Brotteig, 2 Esslöffel „Olio extra vergine“, 1 Zweiglein Rosmarin und 2 Esslöffel flüssigen Honig (die Etrusker kannten Zucker nicht). Das Öl, zusammen mit dem Rosmarin, werden erhitzt (kurz, aber nicht kochend heiß), wenn es ausgekühlt ist, wird das aromatisierte Olivenöl (ohne das Rosmarinzweiglein) in den Brotteig eingearbeitet – man kann auch einige gehackte Nüsse beifügen. Dann die Teigkugeln flach drücken, mit dem flüssigen Honig bestreichen und mit ganz kleinen süßen Trauben bestreuen. Es können auch Rosmarinnadeln dazu kommen.

Was den Namen der siebenbürgischen Hanklich und „alle ihre Geheimnisse“ angeht, ist der „Siebenbürgisch-Sächsischen Volkskunde“ von Adolf Schullerus, 1925 entnommen. Die Basis ist: Brotteig (Reste beim Brotbacken) oder Hefeteig (salzig oder süß) mit vielfaltigen Möglichkeiten des Belages.

„Als breitgedrückter Brotteig, mit Speck, Zwiebel, Apfelstückchen, Pflaumen, Pflaumenmus usw. belegt und gebacken, führt dieses Gebäck auch den Namen ‚Hangklich‘, (Briet, ,Schliecht‘, ,Wiertich‘ = ,Werktag‘), im besonderen ,Baflisch‘, ,Zwibel‘ ,Appel‘ usw.). Der vielbesprochene Name der Hanklich ist wohl am einfachsten als ,einer Hand gleich‘, also als ,wie eine Hand breitgedrucktes Brot‘ zu erklären (im mhd. Handliche, die Lautform wäre wie ,Mangkel‘, ,Mantel‘ u.a. zu verstehen). Vgl. in den Kronstädter Quellen 1541, noch gut mhd. ,pro pane et czypo handlich“. ,Hangklich‘ würde demnach der Bedeutung nach sich mit ,Bedemchen‘ und ,Fladen‘ (mhd. Vlade. ,flacher Kuchen“, urverwandt mit gr. ,breit“), decken.“

In der Entwicklung zur Verfeinerung hin haben „Hangklich“ und „Hibes“ die Führung übernommen, während der „Fladen“ ein gröberes Hausgebäck geblieben ist. Die Verfeinerung des Teigs für die „hiefich“ oder „Zaichhangklich“ (Hiefijet) besteht außer dem feiner gesiebten Mehl (gedeist Miel) darin, dass statt „Dissem“ Presshefe zur Gärung benutzt wird, vor allen aber in den reichlichen Zutaten von Milch, Butter, Eiern und etwas Zucker. Durch die Fülle der aufgestrichenen Würzzutaten ergibt sich die reiche Zahl verschiedener Hanklichen: Eier-, Rahm-, Grießhanklich usw.

Hochzeiten waren die große Notwendigkeit und Möglichkeit, die traditionelle Hanklich den bis zu 300 Gästen bei großen Dorfhochzeiten anzubieten. Am Tag vor der Hochzeit wurde die Hanklich gebacken. Das war aus süßem Hefeteig, flachgedrückt, mit dem Guss aus Eiern und Butter, genannt „das Geschmiersel“, im Backofen – (nach dem Brotbacken) gebacken und nachher mit Zucker bestreut – als „Willkommen“ jedem Gast auf den Teller gelegt und dazu einen Schluck Wein – bis das Essen (für 300 Personen braucht das seine Zeit) aufgetragen wurde (so in Tartlau im Burzenland). Andernorts, so im „Altland“, waren Hanklich und Baumstriezel das süße Gebäck für Nachmittag.

Die städtischen „noblen“ Gewohnheiten, Torten und Kleingebäck – wurden nur zögernd angenommen, wobei jeder, der seine Tortenzuteilung nicht gleich essen konnte, sie nach Hause mitnehmen konnte – wobei Gäste schon mit der vorbereiteten Papiertüte bei Tisch waren.

Der heutige Butterkuchen, Hefeteig mit Obstbelag (Zwetschendatschi z.B. in Bayern), Apfelkuchen sind sicher „die Enkelkinder“ der uralten Fladenkuchen.

Karin Kopton geb. Blücher

Schlagwörter: Volkskunde, Backen, Rezept, Hanklich

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