27. September 2015

Meeburger Altarbild eingeweiht

Anfang August hat der bekannte Reiseleiter Oswald Zerwes, Vorstandsmitglied der Kreisgruppe Traunreut der Siebenbürger Sachsen, seine neunte Reise durch Rumänien durchgeführt. Diesmal sollten die Reisenden nicht die einmalige Landschaft im Donaudelta oder die Moldauklöster näher kennenlernen, sondern es waren vorwiegend Reisefreudige aus Traunreut dabei sowie Gäste beispielsweise aus der Region Schaffhausen oder Stuttgart, welche die eindrucksvollen Landschaften in Nord- und Südsiebenbürgen sowie jene in den Ost- und Südkarpaten oder im Banat sehen wollten.
Ein Höhepunkt der Reise war Meeburg im so genannten Haferland im Kreis Kronstadt, wo das Meeburger Altarbild eingeweiht wurde. Für die Einweihungsfeier waren manche Meeburger aus der Bundesrepublik Deutschland Tage zuvor angereist, um das Gotteshaus und die Feier vorzubereiten. Der langjährige Meeburger Kirchenvater Johann Wagner, der inzwischen die Betreu- ung der Meeburger Kirchenburg aus Gesundheitsgründen an Willi Roth übergeben hat, freute sich sehr, dass nun nach mehr als zwei Jahrzehnten wieder ein ansehnlicher Gottesdienst in der Kirchenburg stattfand. Den Gottesdienst leitete der Dechant des Schäßburger Kirchenbezirks, Pfarrer Bruno Fröhlich, die Predigt hielt Pfarrer Dr. Rolf Binder, beide mit Meeburger Wurzeln. Erfreulich war, dass auch orthodoxe Mitbürger aus Meeburg, Schäßburg, Kronstadt und Bukarest dabei waren und so ihre Solidarität mit den evangelischen Meeburgern ausdrückten. Als Vertreter der politischen Gemeinde war der Sekretär der Vorortgemeinde Katzendorf mit Gattin, ehemals Lehrerin in Meeburg, anwesend.
Meeburger Kirchturm im August 2015 ...
Meeburger Kirchturm im August 2015
Der originale Meeburger Flügelaltar von 1513 stammt aus der Werkstatt des Schäßburger Meisters Johann Stoß, Sohn des Nürnberger Bildhauers Veit Stoß. Die Festtagsseite zeigt vier Bilder aus dem Leben der heiligen Ursula, Märtyrerin von Köln, die sich um die Zentralgestalt reihen. Diese Gestalt ist Jesus, in der seltenen symbolischen Erscheinung als Weltherrscher mit der Weltkugel in der Hand dargestellt, also als Sinnbild des Lebens und der Nächstenliebe. Der Sage nach soll diese Jesusstatue aus dem Nonnenkloster von dem Berg „Koppe“ (ungarisch „léanyhalom“) im Süden Meeburgs stammen, und von da stammen auch der deutsche Name „Meeburg“ – nach dem Sprachforscher Gustav Kisch ein „siebenbürgisches Magdeburg“ – sowie anscheinend auch der rumänische Ortsname „Beia“ ab. Heute sind noch die rumänischen Flurnamen „dealul chiliei“ (Kapellenberg) und „pârâul chiliei“ (Kapellengraben) in der Region bekannt – zu Details siehe Karpatenrundschau vom 26. April 2015. Nach der Wende wurde der Meeburger Flügelaltar vor Kunsträubern gesichert und Ende der 1990er Jahre konnte der restaurierte Altar in der Schäßburger Bergkirche aufgebaut werden. Heute wird er dort von über hundert Touristen jährlich bewundert.

Gemeinschaftssinn und Solidarität mit den heutigen wenigen Sachsen in Meeburg zeigte Oswald Zerwes, als er die Anfertigung des originalgetreuen Altarbilds (2,6 x 3,5 Meter) organisierte. Zerwes’ Urgroßvater war der erste namentlich bekannte Meeburger Organist, von da stammt der Name der Meeburger „Organisten-Verwandtschaft“ ab. Der Familienname Zerwes ist später mit dem bekannten Müller aus Zeiden zugewandert. Hergestellt wurde das Altarbild durch den bewundernswerten Einsatz des Historikers und siebenbürgischen Kulturexperten Martin Rill. In diesem kulturellen Kontext muss auch der relativ neue Bildband „Das Repser und das Fogarascher Land“ mit beeindruckenden Aufnahmen von Meeburg erwähnt werden, das beim Buchversand Südost, Telefon: (07132) 951162, E-Mail: info@siebenbuergen-buch.de, zu bestellen ist.
Dechant Bruno Fröhlich vor dem Altarbild in ...
Dechant Bruno Fröhlich vor dem Altarbild in Meeburg, August 2015. Fotos: Oswald Zerwes
Der feierliche Gottesdienst in der Meeburger Kirchenburg war beeindruckend: Nach so vielen Jahren riefen wieder alle drei Glocken die Meeburger zum Gottesdienst, dann erklang Orgelmusik (elektronisch, weil die alte Orgel leider nicht mehr funktioniert, wie auch die Turmuhr). Nach dem Gottesdienst fand ein gemütliches Beisammensein bei hervorragendem Sommerwetter bei Familie Zerwes in der Baiergasse in Meeburg statt. Ein herzliches Dankeschön gebührt Oswald Zerwes für die hervorragende Organisation, der Michael Schmidt Stiftung, die auch die Meeburger zur Abschlussfeier der Haferlandwoche herzlich eingeladen hatte, sowie den engagierten Mithelfern, allen voran den Brüdern Gerhard und Reinhard Zerwes. Und vor allem herzlichen Dank an Herrn Mittelbichler („unser Wasti“), weil er die Reisenden so hervorragend in die oft abwegigen, aber überaus interessanten Winkel Siebenbürgens und der Karpaten „kutschiert“ hat.

Gegen Abend fuhren die meisten Gäste mit dem Reisebus zurück nach Kronstadt, nachdem sie Abschied genommen hatten – auch von der Meeburger Kirchenburg mit dem einsamen, weithin sichtbaren spitzen Kirchturm, der noch immer auf seine Renovierung wartet – siehe Karpatenrundschau vom 30. September 2010.

Michael Schuller

Schlagwörter: Meeburg, Einweihung

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