11. Mai 2014

Geboren im kaiserlich-königlichen Hermannstadt: Herta Henning wird 100

Landauf, landab macht ein schwedischer Bestseller auch als Film Furore: Die Geschichte von dem Hundertjährigen, der durch das Fenster eines Altenheims türmt, um selbstbestimmt zu leben; ein Mensch, der unverschuldet in alle politischen Schlamassel der letzten hundert Jahre hineingeraten war, auf skurrile Weise ins Zeitgeschehen verwickelt wurde. Der Erfolg des Romans beruht darauf, dass die magische Formel „100 Jahre alt“ jeden fasziniert, bei jedem den Gedanken auslöst, einem Zeitzeugen zu begegnen. Bewegend ist es, wenn wir persönlich jemanden kennen, der dieses Alter erreicht. Frau Herta Henning aus Neu-Isenburg wird im Mai 2014 hundert Jahre alt. Sie würde ihr Leben nicht als „spektakulär“ bezeichnen. Und doch ist nicht zu leugnen, dass die großen historischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts auch für ihren Lebensweg die Weichen stellten.
Als drittes Kind des Ehepaares Hertel wurde Herta Hermine am 11. Mai 1914 im beschaulichen Hermannstadt nur wenige Wochen vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges geboren. Nach einer behüteten Kindheit besuchte sie dort die Handelsschule, wurde Bankangestellte und arbeitete später bei der Firma Krafft & Drotleff in Hermannstadt.

Weihnachten 1937 heiratete Fräulein Hertel den Schäßburger Schriftsetzer Hans Henning. Dem jungen Paar wurden zwei Kinder geschenkt. Der Zweite Weltkrieg bedrohte das junge Glück: Hans Henning wurde zum Kriegsdienst verpflichtet, die junge Mutter musste viele Jahre allein bleiben. Mit einer außerordentlichen einmaligen Ausreisegenehmigung von Rumänien siedelte Herta Henning mit ihren beiden Kindern im Februar 1950 nach Deutschland aus, wo sie von Ehemann und Vater glücklich empfangen wurden. Ihn hatte es nach den Kriegswirren nach Erlangen verschlagen. Hier waren sie 1952/1953 Mitbegründer der Landsmannschaft.

Herta Henning ...
Herta Henning
In den Zeiten des wirtschaftlichen Aufstiegs wurde 1953 das dritte Kind geboren. Wegen beruflicher Veränderung von Hans Henning zog die Familie 1959 nach Neu-Isenburg. Ihr landsmannschaftliches Engagement setzten sie fort. Bald wurde Herta Henning Frauen- und Sozialreferentin im hessischen Landesvorstand der damaligen Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen. In dieser Funktion beteiligte sie sich in Frankfurt am Empfangs- und Betreuungsdienst für die am Flughafen und Hauptbahnhof ankommenden Aussiedler aus Siebenbürgen. Nicht weniger rührig war sie beim Versenden von Lebensmittelpaketen in die alte Heimat, sowie beim Vermitteln von Medikamenten, Brillen, Hörgeräten und dergleichen.

Gern erinnert sich die Jubilarin an die vielen Veranstaltungen, die sie im Team und mit der Unterstützung von Ehemann Hans vorbereitete: Weihnachtsfeiern mit Krippenspielen und Kinderbescherung, Fasching mit Tombola, das unvergessliche Männerballett, Maitanz und Muttertags-Feiern, Waldfeste mit Baumstriezel-Backen, Erntedankfeste etc. Es gab viele Gelegenheiten, Gemeinschaft zu pflegen. Wir denken gerne zurück an die Waldfeste im Kleingartenverein Eichenbühl mit Unterhaltung, Holzfleisch und Tanz. Der mit einer blauroten Fahne geschmückte Schrebergarten der Hennings war ebenfalls ein willkommener Anziehungspunkt für den Frauenkreis und Freunde, wobei außer dem Holzfleisch der Baumstriezel besonders lockte.

Seit 1995 ist Herta Henning Witwe. Wie lebt es sich, wenn man rüstig, energisch und geistig rege 100 Jahre alt wird? – „Ganz normal“, wäre die Antwort. Das bedeutet, dass Herta Henning ihren eigenen Haushalt selbst organisiert, mit kleinen Hilfen von außen. Sie freut sich an ihrer großen Familie mit fünf Enkeln und sechs Urenkeln. Im Rhythmus des Jahres lässt sie es sich nicht nehmen, den Biskuitboden für die Erdbeertorte oder die Lebkuchennikoläuse selbst zu backen und zu verzieren. Und auch dieses Jahr gab es für ihre Lieben die traditionellen Faschingskrapfen. Für ihre Liebe zur siebenbürgischen Gemeinschaft und das daraus entstandene vorbildliche Engagement gebührt Herta Henning unser Dank. Alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen zum 100. Geburtstag!

Ursula Tobias und Christa Heinrich

Schlagwörter: Geburtstag, Porträt, Frauenreferentin, Hessen, Verband

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