4. März 2016

Susanne Schunns reiches Lebenswerk: Zum Tode der Malerin und Grafikerin

Am 13. Februar 2016 verstarb in Fürstenberg/Havel die am 3. Dezember 1929 in Kronstadt/Siebenbürgen geborene Kunsterzieherin und Kunstmalerin Susanne Schunn. Die Tochter des als Landschaftsmaler unvergessenen Heinrich Schunn (1897-1984) und Schwester des als Grafiker bekannten Heinz Schunn (1923-2014) studierte an der Academia de Belle Arte in Bukarest und Klausenburg; an der Münchner Akademie der Bildenden Künste vervollständigte sie ihr Studium und legte 1969 die Lehramtsprüfung ab. Bis zu der wegen eines Nervenleidens vorgezogenen Pensionierung am Münchner Michaeli-Gymnasium tätig – dank ihres schlagfertigen Witzes und ihrer Spontaneität bei Schülern und Kollegen beliebt –, widmete sie sich danach ganz der Malerei und Grafik.
Nach erfolgreichen Anfängen als Porträtmalerin bereits in Rumänien, erst recht nach der Niederlassung in München, 1965, wandte sich Susanne Schunn zunächst der Landschaftsmalerei und -grafik zu. Ohne Aquarell und Zeichnung zu vernachlässigen, ging sie jedoch nach und nach mit Konsequenz zur afigurativen Öl- und Acrylmalerei über. Dabei bedeutete die Freundschaft und Arbeitspartnerschaft mit dem bayerischen Kirchenmaler Franz Luibl (1926-1983) vielfache künstlerische Anregung und Weiterentwicklung. Luibls Tod traf die Vierundfünfzigjährige schwer; der im Jahr darauf erfolgte Tod des Vaters, mit dem sie Zeit ihres Lebens eine tiefe Seelenverwandtschaft verband, verstärkte die jäh eingetretene Schaffenskrise und -blockade.

Susanne Schunn bei der Ausstellungseröffnung 2011 ...
Susanne Schunn bei der Ausstellungseröffnung 2011 in Gundelsheim. Foto: Werner Sedler
Als der fruchtbarste Lebensabschnitt der Künstlerin können die Jahre etwa nach 1990 bis 2004/05 bezeichnet werden. Ähnlich dem Vater mit ungewöhnlich schneller Arbeitsfähigkeit begabt, waren in rascher Folge neue Grafiken und Gemälde in verhältnismäßig zahlreichen Ausstellungen in Bayern zu sehen. Jedesmal überraschten die Arbeiten das Publikum und überzeugten in gleichem Maße Kollegen wie Kritiker. Waren es zunächst die atmosphärisch suggestiven Landschafts- und Tierbilder, so immer häufiger die Acrylkompositionen im Großformat, mit denen sie sich der Öffentlichkeit zeigte. In genialer Kontrapunktik ist in den besten dieser Kompositionen die Wechselwirkung der Farbflächen als Einheit zu dramatischer Spannung und Wirkung gebracht. Dabei bestechen selbst die in dunklen Valeurs angelegten Arbeiten durch unverkennbare spezifische Leuchtkraft. Als Malerin ging Susanne Schunn in der Gestaltungsvorstellung ausnahmslos und unberirrbar von der Farbe als dem bestimmenden Formelement aus. Das nimmt ihren Gemälden alles Gewaltsame, jede theoretisierende oder ideologisierende Note. In der Handhabung der Grafik, in der sie beim Gegenständlichen blieb, hielt sie sich ans Prinzip der ästhetisch vertretbaren äußersten Reduktion. Sowohl ihre gemalten als auch die gezeichneten Porträts zeugen von psychologischem Gespür, mit dem sie gleichsam hinter die Physiognomie ins Innere des Porträtierten blickt. Eine Reihe hervorragender Kinder- und Erwachsenenbildnisse belegt ihr Können und darüber hinaus allgemein die Selbstständigkeit ihrer Handschrift.
Susanne Schunn: Leuchtendes Gelb, Acryl, 70cm x ...
Susanne Schunn: Leuchtendes Gelb, Acryl, 70cm x 99cm, 1998, Schenkung an das Siebenbürgische Museum Gundelsheim
Susanne (Suse) Schunn beherrschte im Bereich der Malerei und der Grafik vom Stillleben bis zum Landschaftsaquarell, vom Tiergemälde bis zur abstrakten Disposition ebenso einen weiten Themenbereich wie eine breite Skala der Techniken. Das Ausprobieren reizte sie. Ob Kohle-, Bleistift- oder Tusche-Feder-Zeichnung, ob Gouache, Collage, Nass-in-Nass-, Ölmalerei o. a.: Die Experimentierlust begleitete sie ein Leben lang.

Die zeitweilig häufig und heftig auftretenden Trigeminusschmerzen erzwangen Phasen künstlerischer Passivität; Ermüdungserscheinungen und Krankheit ließen die von unbändigem Fleiß und Tatkraft angetriebene Künstlerin schließlich Pinsel, Spachtel und Stift aus der Hand legen. Sie war die Mutter dreier Kinder aus der Ehe mit dem Schriftsteller Hans Bergel (geboren 1925) – Hildegard, Gerolf und Volker –, mit denen sie 1965, ein Jahr nach der Entlassung ihres Mannes aus politischer Haft, Rumänien endgültig verlassen hatte. Erst 1968 war die Familie in München bis zur Ehescheidung 1972 wieder vereinigt.

Suse Schunn hinterlässt ein nach Rang und Menge überdurchschnittlich reiches künstlerisches Werk. Der zum Atelier und Lagerraum ihres Hauses in der oberbayerischen Gemeinde Oberpframmern von ihr ausgebaute Dachboden beherbergte Tausende in Mappen und Ständern abgestellte Blätter, Kartons, Leinwände. Darunter ungezählte als Vorarbeiten gedachte Entwürfe, Detailstudien, Versuche, oft launisch in kürzester Zeit hingeworfene Kohle- oder Bleistiftzeichnungen neben Kostbarkeiten kleinformatiger Landschaftsaquarelle. Nicht zu übersehen die auf Reisen durch Ägypten, Griechenland, die Türkei, Jordanien, Frankreich oder Malta empfangenen und im Skizzenblock festgehaltenen Eindrücke und Anregungen. Ein großer Teil der Arbeiten ging noch zu Lebzeiten an die Sammlung auf Schloss Horneck in Gundelsheim am Neckar. Die Leitung der Sammlung wird das Ihre tun, das beachtliche Lebenswerk nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Im Jahr 2009 übersiedelte Suse Schunn zu ihrem Sohn Gerolf nach Fürstenberg an der Havel. In den Morgenstunden des 13. Februar 2016 entschlafen, fand sie auf dem Friedhof des brandenburgischen Städtchens nahe der Mecklenburgischen Seenplatte im Beisein der Familie und der nächsten Verwandten die letzte Ruhestatt.

HB

Schlagwörter: Künstlerin, Nachruf, Kronstadt

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