20. April 2022

Zwei Ämter und voller Tatendrang: Marianne Hinzel hat die Kreisgruppe Hannover aus der Lethargie geholt

Was unlösbar schien, hat Marianne Hinzel geschafft: Das Gemeinschaftsleben der Siebenbürger in der Kreisgruppe Hannover zu reaktivieren. Die rührige Harbachtalerin, geborene Drotleff, kam am 2. Februar 1973 in Kirchberg, in der Nähe von Agnetheln, zur Welt. Heute bekleidet sie das Amt der Vorsitzenden in der Kreisgruppe und ist gleichzeitig Kulturreferentin im Vorstand der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen. Im Gespräch mit Dietmar-Udo Zey schildert sie ihre Beweggründe, unseren Verband aktiv mitzugestalten.
Marianne Hinzel, Vorsitzende der Kreisgruppe ...
Marianne Hinzel, Vorsitzende der Kreisgruppe Hannover und Kulturreferentin der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen
Grüß dich, Marianne! Fröhlich lachend – so kenne ich dich. Das war zeitweilig anders: Du warst betrübt und unruhig, weil sich in eurer Kreisgruppe lange nichts mehr getan hat. Keine Veranstaltungen mehr, der Kreisvorstand inaktiv … Und dann die Landes-Mitgliederversammlung 2020, in der du „Sturm gelaufen“ bist.

Ich konnte gar nicht anders! Ich musste loswerden, was mich tief bewegt hatte. Ich merkte, dass unserem Gemeinschaftsleben die Felle davonschwammen. Das war jahrelang anders! Es war so viel Leben in unserer Kreisgruppe, der ich seit unserer Umsiedlung aus Siebenbürgen nach Hannover 1984, zunächst als Kind und Jugendliche, angehöre.

Dann warst du noch ein Kind. Wie hast du die Umstellung erlebt? Als Kind kann man sich doch schnell umstellen, oder?

Für meine Schwester und mich war es anfangs keine leichte Zeit. Wir zwei Kleinen haben die Heimat und unsere Freunde doch sehr vermisst. Mein Bruder war damals schon 18 und hat hier gleich Anschluss gefunden. Wir haben gerne alle Veranstaltungen der Landsleute besucht. Leider waren zu der Zeit nicht viele Kinder unseres Alters da. Dann kam die Zeit, in der wir in der Siebenbürgischen Zeitung von den Veranstaltungen der Kreisgruppen im Süden gelesen haben. Da fanden viele Bälle statt und dort wären wir an den Samstagabenden auch gerne dabei gewesen.

Verstehe und ahne, was kommt: Wenn sich nichts tut, wenn man nicht gerufen wird, sucht man selbst nach Wegen zur Geselligkeit.

Ja, die Umstände spielten uns in die Karten: Als nach der Revolution in Rumänien immer mehr Siebenbürger, auch Jugendliche, nach Hannover kamen, war die Zeit für uns gekommen. Ein Freund kam auf die Idee, hier bei uns, in Hannover, einen Ball mit einer siebenbürgischen Band zu veranstalten. Und da es in Siebenbürgen üblich war, bei einem Ball vorneweg ein Theaterstück oder Volkstänze aufzuführen, haben wir uns dazu entschlossen, eine Tanzgruppe zu gründen. Es entstand die Tanzgruppe „Siebenbürger Spatzen“. Jahrelang sind wir damit, parallel zur Kreisgruppe Hannover, aufgetreten und haben mehrmals im Jahr Bälle veranstaltet.

Was soll ich unter „parallel zur Kreisgruppe“ verstehen? Gehörtet ihr der Kreisgruppe nicht an?

Erst mal nicht. Die Kreisgruppe, vielmehr Mitglieder des Kreisvorstandes, waren etwas konservativ und wollten nicht ganz so wie wir. Aber wir haben schon auch für die Kreisgruppe getanzt. Im Jahr 2000 bin ich dann dem Verband als Vollmitglied beigetreten. Wir waren aktiv und die meisten damaligen Veranstaltungen fanden in dem Zentrum der Kirchengemeinde statt, in der mein Vater Küster war.

Ich glaube, ich war bei einem solchen Grillfest dabei. Dein Mann war „Grillmeister“, die Frauen haben selbst gebackene Kuchen, Salate usw. mitgebracht – wie sich’s eben bei den Siebenbürgern gehört. Das war gut organisiert und es hat Spaß gemacht.

Organisieren oder die Initiative zu ergreifen, war nichts Ungewöhnliches für mich, weil ich damals schon Frauenreferentin im Kreisgruppenvorstand war. Dass ich in den Vorstand gegangen bin, hat damit zu tun, dass ein damaliges Mitglied des Führungsgremiums mich dazu aufgerufen hat. Das entsprach meinem Drang, etwas bewegen zu dürfen. All die Jahre habe ich mit großer Freude Weihnachtsfeiern, Grillfeste, Tanzveranstaltungen und Ausflüge für unsere Mitglieder organisiert.

Und du warst nie überfordert? War dir nie etwas zuwider?

Ganz und gar nicht! Ich habe viele Siebenbürger kennengelernt, die ich inzwischen als Freunde bezeichnen darf. Für meine Tätigkeit habe ich viel Zuspruch und Dankbarkeit von Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern erfahren. Das motiviert. Und es macht mich traurig, wenn Lethargie um sich greift, wenn das Gemeinschaftsleben aufhört zu pulsieren, nicht nur weil viele ältere Menschen nicht mehr zu Veranstaltungen gekommen sind, sondern auch weil der Vorstand auseinandergedriftet ist.

Du sprichst von Nicht-Mitgliedern und, ich nenne es mal so, von Auflösungserscheinungen, Inaktivität. Das hat dich enttäuscht, verbittert?!

Ja natürlich! Und als es dann auf der damaligen Mitgliederversammlung 2020 seitens des Landesvorstandes hieß, ich solle in die Steigbügel steigen und die Kreisgruppe neu organisieren, sah ich eine neue Chance, hier etwas zu bewegen. Und nun stehen wir neu aufgestellt da. Seit November 2021 bin ich Vorsitzende der Kreisgruppe und ich darf sogar das Amt der Kulturreferentin im Landesvorstand ausüben. Mein Mann Uwe ist auch voll eingestiegen und hat sowohl im Kreisgruppen- als auch im Landesvorstand Aufgaben übernommen.

Und die Nicht-Mitglieder? Wie wollt ihr sie zum Eintritt in unseren Verband überzeugen?

Viele Siebenbürger meiner Generation sind nicht im Verband. Auch in meinem Freundeskreis ist das der Fall. Es wurde versäumt, sie zum Eintritt zu motivieren. Das finde ich schade. Aber genau in dem Personenkreis müssen wir jetzt bewusst um neue Mitglieder kämpfen. Das geht z.B. durch verlockende sozial-kulturelle Veranstaltungen, bei denen sichtbar wird, dass die Mitglieder privilegiert werden. Im Rahmen einer Busreise ergibt sich auch die Möglichkeit der werbenden Ansprache. Eine solche organisiere ich gerade. Es geht nach Gundelsheim, zum Schloss Horneck. Das ist ein Beispiel einer konkreten Maßnahme. Für die Nicht-Mitglieder kann der Jahresbeitrag doch kein Hemmnis sein einzutreten. Die 50 Euro dienen nicht nur für die Zeitung, die Arbeit in den Kreisgruppen und für Veranstaltungszwecke, sondern auch zum Erhalt unseres kulturellen Erbes – zum Beispiel Schloss Horneck. Ich habe ein klares Ziel vor Augen: Ich werde unser Brauchtum, unsere großartige Gemeinschaft und das Gefühl der Zusammengehörigkeit weiter stärken, um es für die Generation meiner Kinder zu erhalten.
Ich weiß, das klingt allgemein und vielleicht auch abgedroschen, aber mit dem neu gewählten Vorstand werden wir neue Wege suchen und gehen, um das Bewährte zu erhalten, aber auch den Jüngeren Möglichkeiten bieten, in unserer Gemeinschaft einen Platz zu finden.

Viel Glück bei deinem Vorhaben! In einem Jahr gibt es bestimmt mindestens zehn Siebenbürger aus Hannover, die unserem Verband beigetreten sind. Vielen Dank für das Gespräch!

Schlagwörter: Verbandsleben, Niedersachsen/Bremen, Hannover

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