9. Januar 2007

Martin Ohnweiler gestorben

Martin Ohnweiler, langjähriger Rumänien-Korrespondent der „Siebenbürgischen Zeitung“, ist am letzten Tag des abgelaufenen Jahres, dem 31. Dezember 2006, in Hermannstadt einem schweren Krebsleiden erlegen. Seit Anfang der 1990er Jahre hatte der Journalist über ein Jahrzehnt lang die Leser dieser Zeitung Ausgabe für Ausgabe zuverlässig mit den aktuellsten Nachrichten aus ihrem Herkunftsland versorgt.
Geboren wurde Martin Ohnweiler am 27. April 1945 in Hermannstadt, wo er im Kreise der Familie und zahlreicher Freunde seine Kindheit verbrachte und 1963 das Brukenthalgymnasium absolvierte. Nach dem Besuch des zweijährigen „Pädagogischen Instituts“ ebendort nahm er 1966 ein Studium der Psychologie in Bukarest auf, das er 1971 mit der Diplomprüfung abschloss. Im gleichen Jahr trat er in die Redaktion der dortigen deutschen Tageszeitung „Neuer Weg“ ein und kehrte 1977 als deren Lokalkorrespondent in seine Heimatstadt zurück, wo er noch bis kurz vor seinem Tode für das nach der Wende in „Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien“ umbenannte Blatt tätig war. Nebenberuflich hat er zeitweilig auch am Hermannstädter Pädagogischen Lyzeum, dem „Päda“, das Fach Kinderpsychologie unterrichtet und war, wie viele seiner ehemaligen Schüler bezeugen, ein äußerst beliebter Lehrer.

Martin Ohnweiler, langjähriger Rumänien-Korrespondent der Siebenbürgischen Zeitung.
Martin Ohnweiler, langjähriger Rumänien-Korrespondent der Siebenbürgischen Zeitung.
Als mit dem Zusammenbruch der nationalkommunistischen Diktatur in Rumänien die Abschottung des Landes aufgehoben und der grenzüberschreitende Informationsfluss möglich wurde, suchte die Redaktion der „Siebenbürgischen Zeitung“ nach einem freien Mitarbeiter im Herkunftsland, der von dort aus laufend nach München berichten sollte. Doch die Suche gestaltete sich zunächst schwieriger als gedacht. Es stellte sich nämlich heraus, dass die Heftigkeit, mit der die Landsmannschaft jahrelang vom totalitären Regime verteufelt worden war und von maßgeblichen Leuten auch nach der Wende immer noch verteufelt wurde, bei Journalistenkollegen in Siebenbürgen Wirkung zeigte: sie hegten ernste Vorbehalte gegenüber einer Kooperation mit der Verbandszeitung in München. Schließlich aber fand sich in Martin Ohnweiler der Mann, der vorurteilfrei genug und bereit war, für sie zu schreiben.

Damit begann eine Zeit von mehr als einem Jahrzehnt fruchtbarer Zusammenarbeit zwischen dem Hermannstädter Journalisten und der Redaktion. Ausgabe für Ausgabe belieferte er die „Siebenbürgische Zeitung“ pünktlich mit Kommentaren, Berichten und Kurzmeldungen aus dem Herkunftsland. Sein wacher Sinn für Wichtiges und Relevantes sowie ein sicheres Gespür für das, was die Zeitungsbezieher in Deutschland interessieren mochte, ließen ihn zu einem der meistgelesenen Autoren des Blattes werden. Seine Texte, zumeist dann, wenn er sie punktuell mit Sprachwitz und Ironie aufraute, transportierten nicht nur Fakten, Ansichten und Urteile, sie waren auch vergnüglich und wirkten publizistisch gekonnt. Wie sehr solches nicht bloß im Kreis der Landsleute, sondern auch darüber hinaus geschätzt wurde, belegt die Tatsache, dass auch nichtsiebenbürgische Publikationen wie etwa das auflagenstarke Münchner Wochenmagazin „Focus“ wiederholt seine Mitarbeit in Anspruch genommen haben.

An kritischer Bewertung von politischen Zuständen im Lande, auch von Entscheidungen oder Maßnahmen der Gremien, die dort die deutsche Minderheit vertreten, hat Martin Ohnweiler nicht gespart. Er weigerte sich, der selbstreferenziellen Genügsamkeit, ja Überschätzung zu dienen, die sich hin und wieder breit machten. Und obzwar er dabei nie die Grenzen journalistischer Objektivität und Fairness überschritt, haben ihm seine kritischen Anmerkungen oft genug den Tadel örtlicher Amtsträger, gar die böswillige Unterstellung eingebracht, er betreibe Liebedienerei gegenüber seinen Auftraggebern in Deutschland. Dadurch hat sich Martin Ohnweiler freilich nicht beirren lassen und ist stets sich selbst als aufrechter Journalist treu geblieben.

Im Mai 2005 machten sich die ersten Anzeichen seiner schweren Erkrankung bemerkbar. Unterschiedliche Behandlungen in Klausenburg und Wien brachten keine entscheidende Besserung. Darüber lamentiert hat er nicht. Noch drei Wochen vor seinem Tod schrieb er in einem Brief zwar über Sehbehinderung, Pflegebedürftigkeit, Schmerzen, schlaflose Nächte und die Notwendigkeit einer Chemotherapie, zu der er allerdings vorläufig viel zu geschwächt sei, berichtete das alles aber mit der gleichen, kühlen Sachlichkeit, die schon seine journalistischen Texte ausgezeichnet hatte. Auch seine Ironie, jetzt als Selbstironie, hatte er sich bewahrt. Den bitteren Zustandsbericht schloss er im selben Brief mit Blick auf das, was ihn erwartete: „Mal sehen, hat der Blinde gesagt.“

Mit Martin Ohnweiler hat die „Siebenbürgische Zeitung“ einen verlässlichen Mitarbeiter und guten Freund verloren.

Hannes Schuster

Schlagwörter: Nachruf, Journalismus, deutsch-rumänische Beziehungen, Verbandspolitik

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