19. Februar 2009

Joachim Szaunig verkörperte ein Stück siebenbürgischer Theatergeschichte

Das Theater war sein Leben. Schon als Kind machte er die ersten Schritte in eine Welt, die er bis zum letzten Atemzug nicht mehr verlassen sollte. Der Theaterschauspieler Joachim Szaunig starb am 19. Januar im Alter von 73 Jahren in Coburg.
Joachim Szaunig kam am 11. Oktober 1935 in Kronstadt zur Welt. Seine Mutter Hedwig Szau­nig (Noini) hatte in Hermannstadt kurz nach Ende des Krieges ein deutsches Puppentheater ins Leben gerufen, zu einer Zeit, als man von einem deutschen Theater noch nicht einmal zu träumen wagte. Und Jockel war dabei! Er spielte und sprach. Nebenbei besuchte er die Kunst­schule, wo er bei Costel Rădulescu Schau­spiel­unterricht nahm und 1952 als Abschluss­prüfung mit Bravour die Rolle eines Neunzigjährigen (er war gerade neunzehn geworden) spielte. Damals noch in rumänischer Sprache.

Joachim Szaunig in seiner Paraderolle als Mr. ...
Joachim Szaunig in seiner Paraderolle als Mr. Higgins im Musical „My fair Lady“.
Gerade zu der Zeit waren erste Bemühungen im Gange, in Hermannstadt nach achtjähriger Pause wieder ein deutsches Theater zu gründen. Joachim Szaunig war einer der ersten, die dabei waren. In der legendären Eröffnungsvorstellung mit Brechts „Mutter Courage“ spielte er den Eilif, den älteren Sohn der Marketenderin. Er wurde ein wichtiges Mitglied des Ensembles. „Kabale und Liebe“, „Ein Sommernachtstraum“, „Emilia Galotti“, „Clavigo“, „Gaan von Salzburg“, „Unse­re Kleine Stadt“ sind nur einige der Stücke, mit denen er sich in die Herzen der Hermannstäd­ter gespielt hat und auf unzähligen Gastspielen in Städten und Dörfern Siebenbürgens aufgetreten ist.

Nach achtzehn Jahren kam dann die Ausreise in die Bundesrepublik. Seine erste Station war das Stadttheater Heilbronn, wo er einer der wichtigen Schauspieler wurde und drei Jahre lang, von Macbeth und Molières „Misanthrop“ bis Dracula, alle wichtigen Rollen spielte. 1974 wechselte er an das Landestheater Coburg. Hier entdeckte er eine neue Seite seines Talents: er wurde Darsteller und Sänger im Musical.

In „Feuerwerk“, „Kiss me Kate“, aber vor allem als Higgins in „My fair Lady“, den er immer wieder spielte, feierte er große Erfolge. 1979 begann ein neuer Abschnitt in Szaunigs Leben. Er ging auf Tournee. Als Mitglied des „Berliner Tour­nee-Theaters“ bereiste er (oft auch als Tourneelei­ter) Deutschland, Österreich und die Schweiz. Hier hat er mit vielen der bedeutendsten Schau­spieler deutscher Zunge auf der Bühne gestanden: Heidi Brühl, Katja Epstein, Dagmar Koller, Hanna Schygulla waren seine Partnerinnen, aber auch mit Horst Frank, Günther Lamprecht, Götz George hat er ge­spielt. Im Fernsehen hatte er 1988 einen großen Auftritt an der Seite von Elke Sommer in der Komödie „Nina“.

Seine letzte große Tournee war mit Gerhart Hauptmanns „Biberpelz“, wo er als Mann von Doris Kunstmann noch einmal die ganze Inten­sität seiner Charakterdarstellung zeigen konnte. Als er vor zwei Jahren spürte, dass alles, was er auf der Bühne zu geben hatte, verausgabt war, lehnte er das Angebot einer weiteren Tournee mit dem „Biberpelz“ ab; die jahrelangen Stra­pazen und Doppelbelastungen machten sich bemerkbar. Ein ruhiges, beschauliches Alter war ihm nicht vergönnt. Mit Joachim Szaunig ist ein weiteres Stück siebenbürgischer Theaterge­schichte von uns gegangen.

Hanns Schuschnig

Schlagwörter: Kultur, Nachruf, Hermannstadt, Theater

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