18. April 2010

"Vater der Siebenbürger-Sachsen-Siedlung": Robert Gassner vor 100 Jahren geboren

Vor 100 Jahren, am 25. April 1910, wurde in Großschogen bei Bistritz ein Mann geboren, dessen Name unauslöschlich mit Drabenderhöhe verbunden ist: Robert Gassner, auch „Vater der Siebenbürger-Sachsen-Siedlung“ genannt. Er starb am 15. September 1990 im Alter von 80 Jahren. Sein Name schwebt auch heute noch, fast 20 Jahre nach seinem Tod, wie ein guter Geist über Drabenderhöhe und dem Oberbergischen Kreis, wo er bis zuletzt lebte, wirkte und in unteilbarer Treue zu seinem Volksstamm stand.
Den Menschen ist er in Erinnerung als unermüdlicher Motor der Siedlung und uneigennütziger Mittler zwischen seiner Volksgruppe und den alteingessenen Bewohnern. Allen zeigte er sich als treuer Freund und Ratgeber, auch in persönlichen Fragen. Es war seine freundliche Hilfsbereitschaft, die die Herzen der Menschen öffnete und die großes Vertrauen verbreitete.

Für seine Verdienste wurde Robert Gassner im Dezember 1976 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet, gegen das er sich zuvor drei Mal kategorisch „zur Wehr gesetzt“ hatte. Zur Vollendung seines 80. Lebensjahres überreichte ihm Dankwart Reissenberger in seiner Eigenschaft als Bundesvorsitzender der Landsmannschaft das Große Ehrenwappen. Er war der erste Träger dieser Auszeichnung. Reissenberger dankte Gassner „aus der Tiefe seines Herzens“ für all das, was er im Laufe seines Lebens unbeirrbar geleistet habe. Dabei ließ er rückblickend eine unvergessene Tat Revue passieren: Die Evakuierung von über 30000 Menschen, die Gassner im Alter von 34 Jahren in einem großen Treck aus der siebenbürgischen Heimat führte. Der Entschluss sei weitsichtig und lebensrettend gewesen. Tausenden von Siebenbürgern sei die Deportation nach Russland erspart geblieben.
Einweihung der Siebenbürger-Sachsen-Siedlung in ...
Einweihung der Siebenbürger-Sachsen-Siedlung in Drabenderhöhe im Juni 1966, von links: Konrad Grundmann, Arbeits- und Sozialminister ("Patenminister"), Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Franz Meyers und Robert Gassner.
Danach folgten für Robert Gassner, wie er selbst in seiner Biographie schrieb, ruhige und besinnliche Jahre, in denen er Zeit für seine Familie gefunden habe. Dann kam das Jahr 1962 und Gassner setzte alle Energie für den Bau einer Siedlung in Drabenderhöhe ein. Freunde und Weggefährten fragten sich oft: Wie schafft der Mann das eigentlich? Er schien Tag und Nacht im Einsatz zu sein. Der überzeugte Christ war jedoch bereit zu dienen. Was seinen Landsleuten in Siebenbürgen verloren gegangen war, versuchte er mit Unterstützung von vielen anderen Menschen wieder aufzubauen. Wer Rat und Hilfe suchte, fand bei Gassner ein offenes Ohr und die Bereitschaft zu helfen. Als Lehrer und Pfarrer scheute er sich nicht, Mitverantwortung auch für große Entscheidungen zu tragen. Erst in seinem letzten Lebensjahr gab er das letzte von 37 Ehrenämtern ab.

Gott habe ihm viele Gaben gegeben, die vornehmste sei seine Bescheidenheit, sagte einmal der Drabenderhöher Pfarrer i. R. Kurt Franchy. Gassner selbst betonte, dass er immer das ganz große Glück gehabt habe, vielen lieben Menschen begegnet zu sein. Stets bat er darum, ihn als einfachen Bruder zu sehen, der nichts anderes versuche, als sich in die Pflicht nehmen zu lassen. Bescheiden und selbstkritisch blieb Gassner bis zum 15. September 1990, als er an einem Herzinfarkt starb.

Zum 40-jährigen Bestehen der Siedlung wurde auf Initiative des Adele-Zay-Vereins im Innenhof des Altenheims Drabenderhöhe eine Bronzebüste zur Erinnerung an Robert Gassner enthüllt. Gleichzeitig wurde dieser Platz „Robert-Gassner-Hof“ getauft. In Nierswalde, wo Robert Gassner von 1950 bis 1961 Schulleiter war, wurde im September 2008 der Dorfplatz in Robert-Gassner-Platz umbenannt. Auch dort hat er viele Spuren hinterlassen, unter anderem das Erntedankfest sowie die Gründung von Schulchor, Jugend- und Tanzgruppe.

Der in Nordsiebenbürgen geborene Robert Gassner arbeitete nach der Lehrerausbildung in Hermannstadt in Petersdorf und ab 1932 in Deutsch-Budak (auch als Pfarrer). 1941 wechselte er zur Ackerbauschule in Bistritz. Gassner verstrickte sich in den Nationalsozialismus und warb als Gebietsführer dafür, dass junge Sieben­bürger sich in den Dienst der Waffen-SS stellen sollten. Der spätere CDU-Mann sagte oft, dass er damit persönliche Schuld auf sich geladen habe, die er nicht leugne, unter der er leide und die allein Gott mit ihm abrechnen werde. 1944 leitete er die Evakuierung der über 30000 Deutschen aus Nordsiebenbürgen mit einem Treck nach Österreich, um sie vor der Roten Armee und der befürchteten Deportation in die Sowjetunion zu schützen. Bis 1950 lebte Gassner in Oberösterreich, dann in Weeze am Niederrhein. Er arbeitete als Land- und Waldarbeiter. 1950 trat er eine Stelle als Volksschullehrer in Kevelaer an. 1961 kam er als Hauptlehrer ins oberbergische Schnellenbach. Die Volksschule Drabenderhöhe leitete er ab 1964. An Planung und Bau der Siebenbürger-Sachsen-Siedlung in Drabenderhöhe war er maßgeblich beteiligt. Daneben übernahm er Aufgaben als Pfarrer, gründete Vereine und Institutionen, arbeitete in Ehrenämtern.

Als er mit 80 Jahren starb, wurde er zu Recht „Vater der Siebenbürger-Sachsen-Siedlung“ genannt. Für den 10. Juli 2010 bplant die Kreisgruppe Drabenderhöhe zur Erinnerung an Robert Gass­ner, der vor 100 Jahren das Licht der Welt erblickte, eine Feierstunde.

Ursula Schenker

Schlagwörter: Verbandsleben, Drabenderhöhe, Nordrhrein-Westfalen, Bistritz

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