17. Mai 2019

Jugendskilager am Hochkönig feiert 70-jähriges Bestehen

Das Siebenbürgische Skilager hat am Ostermontag, den 22. April, sein 70-jähriges Bestehen in Mühlbach am Hochkönig im Salzburger Land gefeiert. Herta Daniel, Bundesvorsitzende des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Ludwig Niestelberger, stellvertretender Bundesobmann des Bundesverbands der Siebenbürger Sachsen in Österreich, Bürgermeisterin Anna Reitinger und der Obmann des Tourismusverbands Wolfgang Bauer aus Mühlbach würdigten diese einzigartige Institution, die Gemeinschaft, Wintersport und siebenbürgische Kultur erfolgreich miteinander verbindet. Rund 200 Gäste vom drei Monate alten Baby bis zur 91-Jährigen fanden sich zum generationsübergreifenden Fest auf der Mitterbergalm ein.
Die Bundesvorsitzende Herta Daniel lobte das Skilager als „gelungenes Beispiel von gemeinschaftlichen Aktivitäten, die über Jahrzehnte andauern“. Das Motto des Heimattages der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl „70 Jahre – Für die Gemeinschaft“ sei auch für das Skilager gültig. Am Anfang stand eine Spende von fünfzig Skiern aus Armeebeständen und Lebensmitteln der YMCA, die siebenbürgischen Jugendlichen ein paar unbeschwerte Tage in den Alpen ermöglichten. Mitgetragen wurde die 1949 von Helmut Volkmer initiierte Aktion von gleichgesinnten Siebenbürger Sachsen des studentischen Barackenlagers in der Hochsteingasse in Graz. „Diese Einrichtung des Skilagers hat auf vielerlei Art in all den Jahren Gemeinschaft herbeigeführt und eine breite Akzeptanz gefunden“, betonte Herta Daniel. Das Skilager sei zugleich die Keimzelle der Sektion Karpaten des DAV gewesen, die 1986 als Siebenbürgischer Alpenverein in Salzburg gegründet und dann in München registriert wurde.
Für ihren 20-jährigen Einsatz als Leiterin des ...
Für ihren 20-jährigen Einsatz als Leiterin des Jugendskilagers wurde Kerstin Simon von der Bundesvorsitzenden Herta Daniel mit einer Urkunde gewürdigt, auf dem Bild mit Christian Danek und Birgit Maderl (von rechts nach links). Foto: Petra Reiner
Dass das Lager seit Jahrzehnten Bestand habe, sei dem selbstlosen Einsatz vieler Ehrenamtlichen, allen voran Helmut Volkmer und seinen Töchtern Kerstin Simon und Birgit Maderl zu verdanken. Helmut Volkmer (1928-2016) wurde mit dem Siebenbürgisch-Sächsischen Jugendpreis (1994) und dem goldenen Ehrenwappen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen ausgezeichnet. „Das Leitungsteam des Skilagers am Hochkönig hat in den 70 Jahren des Bestehens Vorbildliches geleistet.“ Stellvertretend für dieses Engagement überreichte Herta Daniel eine Anerkennungsurkunde des Verbandes an Kerstin Simon. Ganz besonders am Herzen liegt ihr das Miteinander. So wartet beispielsweise ein täglich wechselnder Küchendienst der Teilnehmer mit multinationalen Küchenkreationen auf, kocht in badewannengroßen Töpfen und Pfannen und sorgt in den Hütten für Sauberkeit und Ordnung. „Das schafft nicht nur Zusammenhalt, sondern ermöglicht auch ein faires Preis-Leistungsverhältnis für alle Teilnehmer“, betonte Kerstin Simon.
Gruppenbild mit rund 200 Gästen, die das 70 ...
Gruppenbild mit rund 200 Gästen, die das 70-jährige Bestehen des Siebenbürgischen Jugendskilagers am Hochkönig feierten. Foto: Harald Lutsch
Auch Bürgermeisterin Anna Reitinger erinnerte an die Geschichte des Skilagers und lobte Kerstin Simon, der es zu verdanken sei, dass das Lager auch schwierige Zeiten überdauert habe.

Wolfgang Bauer, Tourismusobmann der Gemeinde Mühlbach am Hochkönig, dankte für die Treue zu Mühlbach. Es sei etwas Einmaliges, dass ein Skilager, getragen von einer Gruppe von Menschen, einem Berg sieben Jahrzehnte ohne Unterbrechung die Treue hält. Bauer ehrte gleich mehrere lanjährige Teilnehmer des Skilagers mit Urkunden: Ernst („Bunki“) Simon (für 40 Jahre Skilager), Walter Barosits (55), Kerstin Simon (55) und Erich Petrovitsch (60 Jahre). Bauer hat das Skilager jahrzehntelang als Bäcker mitbetreut. Kerstin Simon überreichte ihm und seiner Frau Karin zum Dank ein Ehrendiplom für das „weltweit beste Hausbrot und die traumhaften Festtagstorten“. Ehrendiplome und Körbe mit siebenbürgischen Spezialitäten überreichte Kerstin Simon auch den Familien Gschwandter und Radacher.

Peter Gschwandter erinnerte daran, dass seine Eltern Mädi und Sepp Kreuzberger dem Skilager die Türen geöffnet hatten. Der gebürtige Mediascher Lothar Connerth hatte 1948 bei ihnen übernachtet und die Botschaft des idealen Ortes für ein Skilager ins studentische Barackenlager nach Graz gebracht, wo er mit Helmut Volkmer wohnte und befreundet war. Peter Gschwandter war 30 Jahre lang Gastgeber des Jugendskilagers und stellte nun fest: „Die Siebenbürger Sachsen haben einen harten Kern, aber innerlich sind sie sehr weich.“ Sein Sohn und Nachfolger, Peter Gschwandter jun., überreichte Kerstin Simon als Geschenk eine Replik aus Metall der Himmelsscheibe von Nebra, 4000 Jahre alt, dessen Kupfer aus Mitterberg vom Hochkönig und Gold aus Siebenbürgen stammt. Damit steht die berühmte Himmelsscheibe symbolisch für die gelungene Symbiose des Siebenbürgischen Jugendskilagers am Hochkönig.

Peter Radacher (89) erinnerte sich, dass die Siebenbürger Sachsen vor 70 Jahren ihre Skier noch im Schweiße ihres Angesichts auf den Hochkeil, den nahe liegenden Hausberg, hinaufgetragen hatten. Seit Jahrzehnten präpariert er nun die Skipisten und fühlt sich den Siebenbürger Sachsen freundschaftlich verbunden.

Den Festvortrag hielt, wie auch beim 40. bis 60. Jubiläum, Dr. Hans Werner Loew (77), der das Lager ausführlich in seiner „sozio-kulturellen Singularität“ analysierte, die „kollektiven Formen des Feierns“ Revue passieren ließ, Helmut Volkmer als „begnadeten Kommunikator“ und Kerstin Simon als heutiges „Kopf und Herz“ des Lagers würdigte. Sein Ausblick fiel positiv aus: Die Freundschaften und der Gemeinschaftssinn seien gute Fundamente für die Zukunft. Das Jahresmotto des Jugendskilagers „Weitermachen bis zum Achtzigsten im 2029“ schien 1979 noch reine Utopie, jetzt werde es „zur greifbaren Zukunft“.

Loew trägt als „Bulgare“ die Nummer B006, Detlef Theiss (B0011) unterstützte ihn in seiner langen, aber ironisch-kurzweilegen Ansprache als Applausassistent. An der Feier nehmen drei weitere „Bulgaren“ in ihren traditionell roten Hemden teil: Erich Petrovitsch (B004), Walter Barosits (B008) und Rolf Mußgnug (B009). Die Skilagerteilnehmer lasen in den Anfangsjahren bei den abendlichen Unterhaltungen einander aus Gregor von Rezzoris „Maghrebinischen Geschichten“ vor und nannten sich in Anlehnung an die dortegen Gestalten selbstironisch und stolz „Bulgaren“.

Erwin Bendas (89) war als ältester ehemaliger Lagerteilnehmer ebenfalls dabei. Günther Fronius, 88, nahm am Ostersonntag sogar am Skirennen teil. Er kam 2017 das erste Mal, um in einer Gemeinschaft skizufahren. Er und seine Frau Gerda, 91, seien „ein unglaublich tolles Paar und Vorbild, sie nehmen an allen Aktivitäten des Skilagers teil, fügen sich unkompliziert in die Gemeinschaft ein und bereichern das Skilager unglaublich“, erklärte Birgit Maderl gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung.
Viele Gäste und die Kapelle Rosenau – Seelwalchen ...
Viele Gäste und die Kapelle Rosenau – Seelwalchen waren zum Fest am Hochkönig in siebenbürgisch-sächsischer Tracht erschienen. Foto: Birgit Tittes
Christian Danek („Pinzi“) aus Kronstadt moderierte gekonnt die Festveranstaltung, die erstmals in einem Festzelt vor den Hütten der Mitterbergalm stattfand. „Ich kam, sah und blieb“, bekannte er. 1982 kam er, damals als 17-Jähriger, auf den Hochkönig, danach jedes Jahr mit Familie und Kindern. Danek ist Tanzlehrer und Tanzschulbesitzer in Calw, mit ansteckendem Humor führte der gute Redner durch den Festakt.

Die Kapelle Rosenau – Seelwalchen unter der Leitung von Wolfgang Zilles, alle in siebenbürgischer Tracht, umrahmten das Fest mit stimmungs- und schwungvoller Musik. Viele Jugendliche waren dank des Einsatzes von Ruhtraut Ziegler in Michelsberger Tracht erschienen, denn „was liegt näher, als ein Traditionsfest“ in unserer traditionellen Kleidung zu feiern, betonte Ziegler.

Nach dem Siebenbürgen-Lied und der inbrünstig gesungenen Lagerhymne „Santa Lucia“ folgte ein herzhaftes Mittagessen, das der Küchendienst des Skilagers für die 200 Festteilnehmer hervorgezaubert hatte. Ein Höhepunkt des Festes war die Skimodeparade, die Birgit Maderl initiiert hatte und von Welf Broser moderiert wurde. Die Lagerteilnehmer trugen dabei Originalskibekleidung und Skiausrüstung aus dem Jahr 2019 (vom „überschützten Kind“) zurück bis ins Jahr 1950.
Ein Höhepunkt des Festes war die Skimodeparade, ...
Ein Höhepunkt des Festes war die Skimodeparade, wobei die Lagerteilnehmer Originalskibekleidung und Skiausrüstung aus dem Jahr 2019 (vom „überschützten Kind“) zurück bis ins Jahr 1950 trugen. Foto: Ruhtraut Ziegler
Nach der traditionellen Eröffnung der „Badesaison“ durch die Jugendlichen wurden die beiden Jubiläumstorten angeschnitten, wobei Peter Gschwandtner sen. mit einem spontan dargebotenen Jodler erfreute. Die aufwändig gestalteten Torten hatten die Familien Gschwandtner und Bauer als Geburtstaggeschenke mitgebracht.

Einen weiteren Programmpunkt steuerte Karin Theiß als Clown mit ihrem Stück Diabolo bei, Ferrid Mahdi bot eine Feuershow, die Sieger des Skirennens wurden geehrt und schließlich konnte man bis in die frühen Morgenstunden im perfekt ausgestatteten Discozelt abfeiern.

„Es war ein großartiges und unvergessliches Jubiläums-Skilager, hervorragende Stimmung, bei traum­haften Bedingungen, beste Schneeverhältnisse mit Sonnenschein, begeisterte Teilnahme der 70 Jugendlichen im Skilager der beiden Hütten (Burschen und Mädchenhütte) und 50 weiteren Teilnehmern der Familien, Altvorderen und Freunden der Siebenbürger Sachsen, die in den drei weiteren Hütten (Bauernhäusel der Familie Gschwandtner, Gästehaus Gschwandtner und im Berghof, der Familie Radacher) rund ums Skilager auf der Mitterbergalm auf 1400 m Höhe einquartiert waren“, resümieren Birgit Maderl und Kerstin Simon.
Vor dem Anschnitt der beiden Jubiläumstorten ...
Vor dem Anschnitt der beiden Jubiläumstorten erfreute Peter Gschwandtner sen. mit einem spontan dargebotenen Jodler, auf dem Bild mit seiner Frau Anni, Kerstin Simon und Wolfgang Bauer (von links nach rechts). Foto: Birgit Maderl
Weitere Höhepunkte des Skilagers waren der Eröffnungsabend am Karfreitag, am Ostersamstag „Waterslide“ 24 m am Hochkeil, am Ostersonntag das Skirennen aller Generationen sowie das traditionelles Sackrutschen – diesmal mit Reifen am Hochkeil.

„Das Skilager wird so gut, wie ihr es euch selber gestaltet“, so lautet seit nunmehr siebzig Jahren das Motto des einwöchigen Skilagers zu Ostern. Das Motto lebte und prägte der Gründer des Skilagers, Helmut Volkmer. „Wir haben nicht vergessen, woher wir kommen, aber wir wissen auch um unsere Zukunft“, weiß Kerstin Simon. Geboren sind die Lagerteilnehmer nicht mehr in Hermannstadt oder Kronstadt, die meisten haben aber siebenbürgische Wurzeln.

Für all jene, die diese Lagerluft einmal schnuppern wollen, empfiehlt sich das Nachtreffen vom 3. bis 6. Oktober 2019, das ebenfalls in den Hütten bei Mühlbach am Hochkönig stattfindet. Weitere Informationen und Fotos des Lagers von seinen Anfängen bis heute, finden Interessierte des Siebenbürgischen Jugendskilager am Hochkönig unter www.hkg-skilager.de, auf Facebook und Instagram.

Siegbert Bruss

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Jugendskilager am Hochkönig feiert 70-jähriges Bestehen

Schlagwörter: Hochkönig, Jugendskilager, Jubiläum, Ski, Österreich

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