15. Oktober 2013

Siebenbürger Blasmusik Stuttgart mit Freunden auf Namibia-Entdeckungsreise

Am Abend des 23. August flogen wir – Stuttgarter, Augsburger und Böblinger Blasmusikfreunde mit Ehepartnern, insgesamt 35 Personen – nach Windhoek, die namibische Hauptstadt. Die Fluggesellschaft Air Namibia hatte uns zusätzliches Freigepäck für die Musikinstrumente eingeräumt und uns somit ein großes Logistikproblem abgenommen. Die „Safari“ der siebenbürgisch-sächsischen Musiker nebst Anhang in die ehemalige Kolonie Deutsch-Südwestafrika konnte beginnen ... Für Michael Rochus von der Siebenbürger Blaskapelle Stuttgart, den Organisator der Reise, war denn auch der Musikaustausch mit Vereinen der namibisch- deutschen Minderheit Grund und Anlass dieses Reiseziel – das er von einer Konzertreise von vor drei Jahren kannte – zu wählen.
Den ersten Auftritt, einen Frühschoppen im Goethe-Zentrum in Windhoek, bestritten die Musiker gemeinsam mit dem Kinderchor der Grundschule von Aris. Mit ihren temperamentvollen Liedern warben die schwarzen Chorsänger für Spenden für ihre privat gegründete Farmschule und das daran angeschlossene Internat. Wir waren beeindruckt von der Musikalität der kleinen Naturtalente, die mit ihrem rhythmischen Gesang Lebensfreude verbreiten. Am vorletzten Tag unserer Reise besuchten wir sie in Aris und ließen uns die Einrichtung zeigen. Wir bekamen spannende Einblicke in das namibische Schulwesen, den Alltag der Schüler und ihrer Familien. Unsere spontane Spende reichte für das Schulgeld für zwei größere Kinder, welche die weiterführende Schule in Windhoek besuchen möchten. Angedacht ist auch die Übernahme einer weiteren Unterstützung. Die drei Vereine – die Stuttgarter, Augsburger und Böblinger Kapellen – möchten ein Stipendium für einen tüchtigen und begabten Schüler finanzieren, um so seine Ausbildungschancen zu verbessern.

Zwei weitere Konzerte – unter der musikalischen Leitung von Horst Wonner mit Ansagen von Kurt Reisenauer und Ingrid Wonner – fanden in Swakopmund und Omaruru statt. Hier wurde nach dem Konzert mit deutschsprachigen Namibiern bis spät nach Mitternacht gefeiert, gesungen und gelacht.

Wundervolle Landschaft

Tom, unser Reiseleiter, führte uns in zwölf Tagen insgesamt 2539 km sicher durch dieses Land der Superlative: von dem nach Wasser lechzenden zentralen Hochplateau um Windhoek in den nördlichen Etosha-Nationalpark, durch Städte mit exotisch klingenden Namen wie Outjo, Omaruru oder Otjiwarongo – die sich als europäisch geprägt entpuppten – zu den Felsenmalereien im Erongo-Gebirge, von der Atlantikküste über den Wendekreis des Steinbocks in den ausgedörrten weiten Namib-Naukluft-Park mit seinem Highlight, dem Tal der Dünen bei Sossusvlei. Mit dem grünen Safaribus durchreisten wir die unterschiedlichsten geologischen Formationen: erloschene Vulkane, ausgedehnte Wüsten, die zerklüftete Mondlandschaft, viele ausgetrocknete Flussbetten, die versteinerten Dünen. Jede Landschaftsform barg eine neue visuelle Erfahrung. Das klare Licht und die aufregenden Farben haben einen mystischen Einfluss, dem wir uns kaum entziehen konnten. Wir vermissten das von Europa gewohnte satte Grün nicht, weil jede tapfere Akazie vor dem tiefen Rostrot einer Düne zum Fotomotiv wurde.
Mit unserem Reiseleiter auf einer Sanddüne in der ...
Mit unserem Reiseleiter auf einer Sanddüne in der Namib, die Naukluft-Berge im Hintergrund. Foto: Gert Wagner

Außergewöhnlicher Tierreichtum

Namibia ist ein trockenes und raues Land. Die Vielfalt der Tierwelt ist dennoch erstaunlich. An den vielen Wasserstellen im geschützten Etosha-Nationalpark sammelt sich in den trockenen Wintermonaten eine außergewöhnlich große Anzahl verschiedenster Arten. Springböcke, Zebras, Giraffen, Löwen und Co. präsentierten sich unseren Fotoapparaten. Unvergesslich das besondere Spektakel am Olifantsbad: Eine 19-köpfige Elefantenfamilie stillte ihren Durst und hielt uns eine ganze Stunde lang in Atem. Auch in der freien Wildnis streifen viele Tiere umher, alle angepasst an glühende Hitze und extreme Trockenheit. Nicht selten kreuzten Bärenpaviane die Schotterstraße und kletterten flink die schroffen Felsen hinauf. Wir sahen Klippspringer und die kleinste Antilope – das Damara-Dikdik –, haben die Erdhörnchen am Straßenrand mit Keksen gefüttert und den unzähligen Warzenschweinen hinterher fotografiert. Wir staunten über die Größe der Riesentrappe. Mit einer Höhe von 1,3 Meter ist sie einer der schwersten flugfähigen Vögel. Beeindruckt waren wir von den vielen Flamingos und den tausenden Robben in der Lagune und auf den Sandbänken der Walfischbucht. Und als die Robbe Lippi in unser Boot sprang, sich füttern und sogar streicheln ließ, gebärdeten wir uns wie kleine Kinder.

Exoten der Pflanzenwelt

Namibia beeindruckte uns auch mit einer faszinierenden, auf den spärlichen Regen wartenden Pflanzenwelt. Wir haben erfahren, dass die silbrig-gelblichen trockenen Grasbüschel die Tiere vier Jahre lang ernähren können; erst dann muss der nächste Regen fallen. Neben Akazienarten wachsen in den ausgetrockneten Flussbetten imposante Ana-Bäume. Das überlebensnotwendige Wasser holen sie sich aus bis zu 40 m Tiefe. Kameldornbaum und Schirmakazie setzen weit sichtbare Akzente in der weiten Savannenlandschaft. Die Blätter des Mopane-Baumes riechen nach Terpentin und die pulverisierte Rinde des Wurmrindenbaumes wird als Mittel gegen Würmer genommen. Für die Herero ist der Ahnenbaum heilig, weil in ihm die Seelen ihrer Verstorbenen wohnen. Sie würden nie einen fällen. Beeindruckt waren wir von den urzeitlichen endemischen Welwitschia mirabilis-Pflanzen. Sie räkeln sich bis zu 2,5 m auf dem trocknen Wüstenboden. Der nächtliche Tau ist ihre Lebensquelle. Wir haben die Wahrzeichen Namibias – die Köcherbäume – an felsigen Hängen fotografiert. Den Namen verdanken sie den Buschmännern – sie verwendeten die harte Rinde als Pfeilköcher. Und in der lebensfeindlichen Mondlandschaft verwandelten ein paar Tropfen Wasser scheinbar leblose Steine in einen bunten Flechtengarten.

Begegnungen

Doppelt so groß wie Deutschland, ist Namibia mit nur 2,5 Millionen Einwohnern extrem dünn besiedelt. Hier leben zwölf Volksgruppen, jede mit eigener Kultur, Geschichte und Sprache und als Folge der Apartheid auch mit eigenem Landanteil (Homeland). Himbas und Damara, Nama, Herero, Ovambo und Baster, zusammen mit vielen Menschen europäischer Herkunft – ein farbenreiches Völkergemisch prägt das städtische Straßenbild.

Wir durften am anderen Ende der Welt Menschen kennenlernen, die unsere Sprache sprechen – wie Tom, unser erstklassiger Reiseleiter – und waren von ihrer offenen Art begeistert. Oder Anja, die Managerin der Namib Desert Lodge. Für das tags zuvor dargebrachte Geburtstagsständchen revanchierte sie sich mit einer Überraschungsfahrt in die ältesten Dünen der Welt: Vor atemberaubendem Panorama wurden Getränke und Häppchen serviert, Gruppenfotos geschossen und Musik gemacht. Noch nie war hier Musik erklungen. Sogar zwei Oryxantilopen wurden von den kraftvollen Klängen der Kapelle angelockt und begutachteten uns aus nächster Nähe! Die Stimmung war toll und die Atmosphäre einmalig!

In Swakopmund kam es zu einer Begegnung der besonderen Art. Dazu vorneweg ein Witz: Bei einer seiner Entdeckungsreisen ordnet Kolumbus einen zweistündigen Landgang an. Die zwei Siebenbürger Sachsen an Bord, allgemein bekannt für ihre Zuverlässig- und Pünktlichkeit, kommen diesmal nicht rechtzeitig zurück. Neugierig fragt Kolumbus nach dem Grund ihrer Verspätung. „Sie müssen entschuldigen, Herr Kolumbus! Wir haben zufällig zwei Landsmänner getroffen und beim Tratschen die Zeit vergessen.“ So in etwa auch in „Kückis Pub“: ein unverhofftes Treffen zwischen ,Kalahari-Dieter‘ – der seit 1994 mit seiner Familie in Namibia lebt – und Kurt, den zwei Reisenauers aus Neppendorf. Unser Prosit- Gesang mit anscheinend unverkennbarem siebenbürgischem Zungenschlag hatte den Dieter aufhorchen lassen und ihn in die andere Ecke des Lokals getrieben. Und die zwei Nachbarn haben sich tatsächlich sofort wiedererkannt. Was für eine Begrüßung!

Und schließlich wir, die wir diese interessante Reise antraten: Als zusammengewürfelter Haufen stiegen wir in den Flieger und kamen als gute Freunde zurück! Die gemeinsamen Erlebnisse, manch lustige Szene und viele Witze haben uns als Gruppe eng zusammengeschweißt. Es hat alles wunderbar gepasst – dank guter Reisevorbereitung und guter Organisation vor Ort. Dafür ein herzliches Dankeschön an Michael Rochus und Gert Wagner!

Bei aller Vielfalt an Eindrücken, die in den knapp zwei Wochen Aufenthalt auf uns wirkten, haben wir nicht vergessen, dass wir musikliebende Sachsen sind. Die mitgereisten Instrumente wurden zur eigenen Freude wie auch der unserer namibischen Gastgeber oft eingesetzt. Der harte Kern der Truppe – unsere ‚wüsten Musikantenʻ – hat Abend für Abend für gute Stimmung gesorgt, unsere Lieder begleitet und zum Tanz aufgespielt. Musik lag allenthalben in der Luft, sogar in der herrlichen Natur ...

Helga Sara Weber


Weitere Bilder und Eindrücke der Namibia-Tour auf der Homepage der Siebenbürger Blasmusik Stuttgart unter www.karpaten-express.de.

Schlagwörter: Blasmusik, Stuttgart, Augsburg, Böblingen, Reise, Afrika, Namibia

Bewerten:

28 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.