16. September 2017

Informationsabend mit Bernd Fabritius in Geretsried

Am 29. August trafen sich zahlreiche Mitglieder der Kreisgruppe Bad Tölz – Wolfratshausen des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland im Ratsstubensaal Geretsried mit Dr. Bernd Fabritius MdB, Präsident unseres Verbandes sowie des Bundes der Vertriebenen (BdV) und Stellvertretender Landesvorsitzender der Union der Vertriebenen und Aussiedler (UdV), der einen Vortrag mit anschließender Diskussion zum aktuellen Thema „Altersarmut bei Spätaussiedlern“ hielt.
Wie immer begrüßte uns der fleißige Chor unter der Leitung von Renate Klemm mit dem Lied „Im schönsten Wiesengrunde ist meiner Heimat Haus“. Gemeint waren bei dem großen Publikum nicht nur unsere Heimat und Haus in Siebenbürgen, sondern auch die Heimat der anderen Landsmannschaften, die hier an diesem Abend zahlreich vertreten waren. Aus der großen Anzahl der Teilnehmer konnte abgeleitet werden, dass dieses Thema allen unter den Nägeln brennt. Dass später der Saal nicht ganz überquoll, liegt wohl daran, dass Dr. Fabritius bereits ab 17.00 Uhr vor dem Isar Kaufhaus in Geretsried beim Infostand für individuelle Fragen zur Verfügung stand.

Nach den einführenden Worten von Andreas Orendi (UdV), Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller und Alexander Radwan, MdB, sprach Bernd Fabritius über die Altersarmut bei Spätaussiedlern, ihre Identität und Stellung in der Gesellschaft.
Dr. Bernd Fabritius referierte in Geretsried über ...
Dr. Bernd Fabritius referierte in Geretsried über „Altersarmut bei Spätaussiedlern“, der Chor der Kreisgruppe Bad Tölz – Wolfratshausen umrahmte den Abend. Foto: Wiltrud Wagner
Zuerst wies Fabritius auf Vergleichbares und Unterschiede zwischen der Vertreibung der Deutschen nach dem Krieg und heutigem Vertreibungsgeschehen hin. Die Aussage „Wir schaffen das“ könne keinesfalls direkt damit begründet werden, die Bundesrepublik habe es im Hinblick auf die Vertriebenen nach dem 2. Weltkrieg schon einmal geschafft, weil die Sachverhalte gerade hinsichtlich der Integrationsrahmenbedingungen völlig unterschiedlich seien. „Damals kamen Deutsche zu Deutschen. Heute müssen sich fremde Menschen in einem für sie völlig unbekannten Werteumfeld integrieren“, betonte Fabritius den wesentlichen Unterschied. Zu einer gelungenen Integration gehöre an erster Stelle die Sprache des Landes, in dem man sich zu Recht finden will, dabei dürfe daneben die Muttersprache nicht vernachlässigt oder gar vergessen werden, diese gehöre zur eigenen Identität, genau wie eine eigene Mundart: „Sprecht weiter, auch zu Hause, euer Sächsisch oder den Egerländer Dialekt, denn das Hochdeutsch lernt schon jedes Kind automatisch im Kindergarten und der Schule dazu.“

Entschädigung für zivile deutsche Zwangsarbeiter

Fabritius berichtete über Erfolge der deutschen Heimatvertriebenen in den letzten Jahren. Die in der zu Ende gehenden Wahlperiode des Deutschen Bundestages dort beschlossene Entschädigung für zivile deutsche Zwangsarbeiter sei eine längst überfällige „symbolische Anerkennung dieses Sonderopfers“ gewesen. Den meisten Betroffenen ginge es gar nicht primär um die 2 500 Euro, die jeder beantragen könne, sondern um die Anerkennung des Leides. Er wies darauf hin, dass Anträge auf Zahlung dieser Entschädigung noch bis zum 31. Dezember 2017 beim Bundesverwaltungsamt in Hamm gestellt werden könnten. Bei Antragstellung müssten die Art der Zwangsarbeit und die genaueren Umstände des Zwangs geschildert werden, die sonstigen Voraussetzungen würden dann großzügig geprüft werden.

Seit dem 20. Juni 2015 gibt es für die Heimatvertriebenen jedes Jahr einen nationalen Gedenktag. „Mit ihm treten wir aus dem Schatten des Vergessens“, deshalb rief er auf, sich bei der Begehung dieses Gedenktages deutlich zu beteiligen.

Einsatz für höhere Renten

Detailliert ging Fabritius auf die 1996 eingeführten Kürzungen im Rentenrecht ein und bezeichnete diese als „die größte Generationenungerechtigkeit, die uns bei der sozialrechtlichen Integration widerfahren ist“. Es gäbe den Generationsvertrag, der sinngemäß bedeute, dass die aktuelle Rente der Rentner immer von der jüngeren Generation bezahlt wird, die gerade Beiträge in das Rentensystem zahlen. Er wies aber darauf hin, dass vor Jahren gerade mehr Rentenbeitragszahler nach Deutschland gekommen sein als Rentner, so habe die Rentenkasse einen großen Überschuss durch die Spätaussiedler erhalten. Dr. Fabritius wird weiter aus allen Kräften versuchen, diese ungerechten Kürzungen ändern zu lassen. Der Kollege aus dem Deutschen Bundestag, MdB Alexander Radwan, der Fabritius nach Geretsried eingeladen hatte, nannte Dr. Fabritius einen „singularen Kämpfer für Ihre Anliegen“. Der entgegnet: „Ich erreiche im Bundestag alleine nicht viel. Ich brauche – wir brauchen – dort mehrere Vertreter, die sich für uns einsetzen!“ und dankte Alexander Radwan für die beständige Unterstützung.

Die letzte Frage betraf eine Verfahrensweise der Rentenbehörden bei Witwenrentenbeantragung: Viele Menschen verstehen nicht, dass dann noch einmal nach den Unterlagen und dem Lebenslauf der/des Verstorbenen gefragt werde. Fabritius erklärte, dass die Behörde dazu verpflichtet sei, um Veränderungen seit dem Rentenantritt des Verstorbenen zu prüfen. Wenn Unterlagen bereits vor Jahren an die Behörde gesendet worden seien, müsse das nicht wiederholt werden. Es reiche aus, die Fragen so gut wie möglich zu beantworten und darüber hinaus anzugeben, es lägen keine weitere Unterlagen oder Informationen vor, als die bereits vor Jahren im Rentenverfahren an die Behörde übermittelten Antworten und Dokumente. Danke an Bernd Fabritius für diesen Tipp.

Wiltrud Wagner

Schlagwörter: Bernd Fabritius, Geretsried, Chor Geretsried, Rente

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