25. Dezember 2010

Ausstellung siebenbürgischer Christleuchter

Wer dieser Tage in Hersbruck über den winterlichen Oberen Markt flaniert oder zum Weihnachtsmarkt des nahen Unteren Marktes unterwegs ist, kann vor dem „Kunstfenster“ der Sparkasse verweilen und sich in die Betrachtung durchaus nicht alltäglicher Dinge versenken.
Vor dem Hintergrund stimmungsvoller Bilder in Plakatgröße sind vier siebenbürgische Christleuchter zu sehen: aus Seiburg und aus Schweischer, aus Deutsch-Kreuz und aus Draas – und in der Mitte der ganz ungewöhnliche Schiuflichtert aus Keisd. Außer der Legende der ausgestellten Objekte (darunter eine Keisder Truhe von 1775) unterrichtet ein auf die Bedürfnisse des interessierten, gleichwohl eiligen Zeitgenossen passend zugeschnittener Text über die Brauchtumseinbindung der gezeigten Leuchter.

Zu danken ist dieses Unternehmen und seine ansprechende Gestaltung Werner Förderreuther, dem bestens bekannten fränkischen Liebhaber und Sammler siebenbürgischer Volkskunst. Akribisch um Authentizität bemüht, hat er in jahrelangen Erkundungen vor Ort, durch Sichtung von Bildmaterial und in zahllosen Gesprächen mit Gewährsleuten diese Leuchter erforscht, und während Rose Schmidt, die das Interesse teilte, Zwischenergebnisse in dieser Zeitung mitgeteilt hat, hat Werner Förderreuther Leuchtergestelle mehrerer Ortschaften handwerklich originalgetreu nachgebaut. Drei davon sind neben zwei nicht mehr gebräuchlichen Originalen in der Ausstellung zu sehen.
Ausstellung siebenbürgischer Christleuchter im ...
Ausstellung siebenbürgischer Christleuchter im „Kunstfenster“ der Sparkasse Hersbruck. Foto: Steinbauer GmbH, Hersbruck
Die ausgestellten Leuchter der Repser Gegend weisen insofern Gemeinsamkeiten auf, als sie die mit Grün geschmückten Reifen, die zum Grundgerüst zahlreicher Leuchtervarianten gehören, durch vier senkrechte Girlanden (oder Bänder) verbinden und die Zwischenräume teils durch ebenfalls grüngeschmückte gekreuzte Spangen, teils durch Papierblumen füllen. Sie ähneln dadurch tatsächlich einem auf einem Fuß stehenden überdimensionierten Bienenkorb. Dagegen gemahnt der einzigartige Keisder „Schafleuchter“ (vgl. Siebenbürgische Zeitung Folge 20/2009) eindeutig an Krippendarstellungen.

Durch sich nach oben verjüngende, bemalte senkrechte Wände bilden sich auf einer drehbaren Scheibe drei Räume mit figürlichen Darstellungen aus der Weihnachtsgeschichte: die Hirten auf dem Felde (darum „Schafleuchter“), die Heiligen drei Könige, das Kind in der Krippe. Durch seine gottesdienstliche Einbindung ist das Leuchterbrauchtum in der Diktatur davor bewahrt geblieben, zu ideologiegelenkter Brauchtumsveranstaltung zu verkommen. Dennoch stellte Hermann Binder 1990 fest, Leuchtergottesdienste seien in Siebenbürgen seit den 1980er Jahren rückläufig, während Helmut Höhr 2001 ihre Renaissance in Deutschland vermerkte. Tatsächlich stellen brauchtumsgestützte Gottesdienste zahlreicher Gemeinden hier eine willkommene Gelegenheit der Sammlung und Rückbesinnung dar. Sollte auch der Betrachter der ungewohnten Objekte vor dem Hersbrucker Schaufenster nicht nur stehen bleiben, sondern zu kurzer Einkehr innehalten, sähe der Gestalter seine Mühe belohnt.

Zu sehen ist die Ausstellung bis 7. Januar 2011 im Kunstfenster der Sparkasse am Oberen Markt in 91217 Hersbruck.

M. M.

Schlagwörter: Ausstellung, Lichtert, Weihnachten, Brauchtum

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Neueste Kommentare

  • 25.12.2010, 17:10 Uhr von der Ijel: Ein solches „Kunstfenster“ sollte der Verband der Siebenbürger Sachsen sein eigen nennen----- wo ... [weiter]

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