30. November 2011

Vor 30 Jahren gegründet: Heinz Ackers Jugendsinfonieorchester

Vor dreißig Jahren gründete der „frisch aus Siebenbürgen importierte“ junge Dirigent Heinz Acker an der Jugendmusikschule Bruchsal ein Jugendsinfonieorchester. Ein riskantes Unterfangen, wie er später bekannte. Gute Voraussetzungen waren zwar gegeben, denn an der Schule wurden praktisch alle sinfonischen Instrumente unterrichtet und es gab unter den Schülern überzeugende Begabungen und Könner. Aber eine Summe von Solisten ergibt noch lange kein Orchester. Die Fachlehrer bildeten Individualspieler aus. Werden ihre Schüler bereit sein, ihr Können in den Dienst eines größeren Ganzen, eines Orchesters zu stellen?
Es ist das große Verdienst von Heinz Acker, Bedenken und Zweifel damals zerstreut zu haben. Der Erfolg hat ihm Recht gegeben. Schon das Debütkonzert 1981 war eine Sensation. Bald reihten sich in dichter Folge etliche erste Landespreise und Ehrungen bei internationalen Festivals. Die höchsten Weihen aber erhielt das Orchester als Sieger beim Bundeswettbewerb 1996 in Gera. Durch seine weltweite Tourneetätigkeit von Israel über Russland, Rumänien, Italien und Spanien, Großbritannien, die Niederlande, Jordanien und Syrien bis in die USA wurde das Orchester zu einem sympathischen Botschafter deutscher Musikkultur.

Am 30. Oktober 2011, 30 Jahre nach der Gründung, trafen sich die „Ehemaligen“ zu einem Jubiläumskonzert im Bruchsaler Bürgerzentrum. Der Konzertsaal war ausverkauft, die „alten“ Fans und Wegbegleiter ließen es sich nicht nehmen, dabei zu sein. Wie die Gründung war auch das Jubiläumskonzert risikobehaftet: Wie werden die aus allen Himmelsrichtungen nach Bruchsal gekommenen Ingenieure, Lehrerinnen, Techniker oder Ärzte, freilich auch etliche Berufsmusiker, zu denen die damaligen Spieler inzwischen geworden sind, nach so vielen Jahren und so wenigen Proben musikalisch zusammenfinden? Noch dazu bei einem auch für Profis außerordentlich schwierigen Programm. Doch der alte Geist war noch lebendig. Der nicht enden wollende Applaus war beredter Ausdruck des Dankes an die professionelle Könnerschaft und emotionale Intelligenz dieses Orchesters, das souverän dem Taktstock und der Gestik Heinz Ackers folgte.
Das Jugendsinfonieorchester unter der Leitung ...
Das Jugendsinfonieorchester unter der Leitung Heinz Ackers brillierte beim 30-jährigen Jubiläumskonzert in Bruchsal.
Schon die eingangs angestimmte dritte „Leonoren-Ouvertüre“ Beethovens ließ aufhorchen. Hier wurde ein Ensemblezusammenspiel hörbar, das in seiner Geschlossenheit so niemand vermutet hätte. Die akzentuierten Wechsel dramatischer und lyrischer Passagen gaben dem Stück die erforderliche Dynamik.

Bis heute gibt es in der Musikliteratur nur wenige Beispiele der Tripelkonzertgattung. Beethovens Tripelkonzert, das etwa zur gleichen Zeit wie seine „Eroica“ entstand, darf wohl als Höhepunkt dieser Gattung angesehen werden. Der Grund, dass das Konzert selten zu hören ist, liegt auf der Hand: Es ist recht schwierig, drei Solisten gleicher Güteklasse für Klavier, Violine und Cello zu finden. Nicht in Bruchsal, nicht für Heinz Acker, der mit Prof. Anke Schittenhelm (Geige), Constantin Meier (Violoncello) und Andreas Kehlenbeck (Klavier) drei „Ehemalige“ (heute Berufsmusiker) zur Verfügung hatte. Solistische Brillanz, gepaart mit kammermusikalisch präzisem Orchesterzusammenspiel begeisterten die Zuhörer.

Die größte Herausforderung bewältigte das Orchester mit seinem fast 70 Jahre jungen Dirigenten nach der Pause. Dass die ausgesprochen schwierige 4. Sinfonie Anton Bruckners, seine „Romantische“, ausgewählt wurde, zeugt vom Selbstvertrauen und der Könnerschaft dieses Klangkörpers. Überzeugend herausgearbeitet war jenseits der Sonatenstruktur das großartige romantische Klanggewebe dieser Partitur vom feinsten Weben der Streicher bis hin zu den gewaltigen Klangeruptionen der Blechbläser. Besonders die Hörner als Inbegriff des Naturhaften schmeichelten dem Ohr immer wieder und trieben das Werk thematisch voran.

Als musikalische Zugabe bot das Orchester nach Beethoven und Bruckner das dritte große „B“, nämlich zwei „Ungarische Tänze“ von Brahms. Noch mehr Applaus erhielt aber die dritte „Zugabe“: Heinz Ackers Ansprache. Mit warmen, zu Herzen gehenden Worten würdigte er das Engagement der Orchestermitglieder, deren Eltern und nicht zuletzt der Politik – die erst in ihrem Zusammenwirken die legendären Erfolge des Ensembles ermöglicht haben. Bescheiden hat er verzichtet, seinen eigenen Beitrag zum Gelingen des Projektes JSO zu nennen: seine Fachkenntnis, seine Fähigkeit, aus vielen künstlerisch begabten Jugendlichen eine „Familie“ zu schmieden, die als „Amateure“ – also „Liebhaber“ – der klassischen Musik auf Augenhöhe mit Profis musiziert haben und – wie das Jubiläumskonzert bewies – es auch heute noch können, wenn Prof. Heinz Acker den Taktstock schwingt …

Margrit Caspari

Schlagwörter: Orchester, Jubiläum, Musik, Konzert

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