16. Dezember 2012

Prof. Heinz Acker (70) mit Staufermedaille gewürdigt

„… und überreiche Ihnen die von Ministerpräsident Kretschmann persönlich verliehene Staufermedaille für Verdienste um das Land Baden-Württemberg“, schloss die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Theresia Bauer, ihre Laudatio am 9. Dezember im Bruchsaler Bürgerzentrum. Damit wurde eine außergewöhnliche Lebensleistung geehrt: Der Siebenbürger Sachse Heinz Acker hat mit seinem Wirken entscheidend zu einem positiven Bild der Siebenbürger Sachsen beigetragen und seine alte Heimat Siebenbürgen in der neuen Heimat Deutschland würdig vertreten.
Es mag eine Ironie der Geschichte sein, dass die baden-württembergische Staufermedaille 1977 gestiftet wurde, dem Jahr, in dem das Ehepaar Marianne und Heinz Acker zusammen mit ihren drei Kindern dem kommunistischen und zunehmend nationalistischen Rumänien Ceaușescus den Rücken zukehrte. Dabei hätte das Land die herausragenden Begabungen des jungen Acker gut nutzen können: Er begann als Lehrer für Musiktheorie und Orchestererzieher am neugegründeten Musikgymnasium in Hermannstadt, getragen von der Begeisterung der Schülerinnen und Schüler, aus denen er ein Jugendorchester formte, das bald landesweit von sich hören machte. Folgerichtig vertraute Henry Selbing, der Chef der Hermannstädter Staatsphilharmonie, ihm mehrfach das Dirigat für Konzerte der Philharmonie an. Auch im Bach-Chor war er als Assistent und gelegentlicher Vertreter Dresslers willkommen. All das sollte bei den Behörden nichts zählen, denn Heinz Ackers Bruder Dieter war im Westen geblieben und getreu der damals praktizierten Sippenhaft(ung) wurde Heinz Acker entwürdigenden Schikanen ausgesetzt. Mit 35 Jahren kehrte er Rumänien den Rücken und fand in der Jugendmusikschule im badischen Bruchsal fördernde Bedingungen vor. Und so entstand hier ein Jugendsinfonieorchester, das mit seinen Tourneen auf allen Kontinenten die Musik als Sprache des Friedens und der gegenseitigen Achtung zu verbreiten wusste. Lange vor Daniel Barenboims West-Eastern ­Divan-Orchester musizierten israelische, arabische und deutsche ­Jugendliche in gemeinsamen Konzerten unter der Leitung von Heinz Acker. Ein begeisterter Musik-Rezensent schrieb nach dem fulminanten Konzert in Damaskus (2001): „Um wieviel besser wäre es um den Frieden bestellt, wenn es mehr Ensembles und Initiativen wie die des Bruchsaler Jugendsinfonieorchesters gäbe.“

Unzählige vorderste Preise auf Landes- und Bundesebene, viele CD- und Rundfunkaufnahmen bezeugen das hohe spielerische Niveau dieses Orchesters, das sich bald zum Sammelbecken der begabtesten jungen Musiker von Karlsruhe bis Heidelberg entwickelte und zu einem Aushängeschild der Region wurde. Es hat auf internationaler Bühne vielfach ehrenvoll bei Wettbewerben, Festivals und vor allem bei unzähligen Austauschprogrammen Land und Stadt vertreten. Jedes Jahr (von 1980 bis 2003) wurde eine größere Orchesterfahrt organisiert. Neben der musikalischen Qualität war dabei für Heinz Acker ebenso wichtig, den Blick der Jugendlichen für die weite Welt zu öffnen, Verständnis für das Andersgeartete zu wecken, Vorurteile abzubauen. Wie sehr das gelungen ist, davon zeugen die vielen Kontakte (bis hin zu Eheschließungen), die heute noch zwischen den jungen Musikern all der Länder bestehen: Großbritannien (1984), Italien (1986), Spanien (1987 und 1993), die damalige DDR (1990), Moskau (1991), Israel (1992), England und die Niederlande (1995), St. Petersburg (1997), Kirgistan (1997), USA (1998), Paris (1999), Jordanien und Syrien (2000), Siebenbürgen (2001), das Baskenland (2002) und Tschechien (2003). Stets war das Orchester privat bei den jungen Musikern der Gastgeberländer untergebracht – ebenso jene bei den Gegenbesuchen in Bruchsal.
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (links) ...
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (links) und Bruchsals Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick gratulieren Heinz Acker zur Staufermedaille und zum 70. Geburtstag. Foto: Franz Csiky
Auch eine ganz andere Perspektive eröffnete sich Acker bald – eine akademische Laufbahn, denn schon 1978 konnte er einen Lehrauftrag für Musiktheorie an der Musikhochschule Heidelberg-Mannheim übernehmen, wo er 1987 zum Prof. für Musiktheorie berufen wurde. Als herausragendes Werk wird in der Fachwelt seine Darstellung der „Modulationslehre“ betrachtet. Die Technik des Übergangs von einer Tonart in eine andere kommt in jeder Komposition vor. Acker war der erste, der das wissenschaftlich beschrieb.

Mit seiner Bearbeitung der Lieder des Georg Meyndt, mit den Liederabenden mit Liedgut vom Volks- bis zum Kunstlied und Vorträgen zusammen mit seiner Gattin Marianne sieht Acker sich in der Verpflichtung seiner Vorväter, für das Kulturerbe und die Sprache seiner siebenbürgischen Vorfahren einzutreten.

In den Laudationes auf Heinz Acker kamen zahlreiche andere Leistungen zur Sprache: Wissenschaftsministerin Theresia Bauer zeichnete Ackers Lebensweg als permanente Modulation, als ständigen Wechsel der gesellschaftlichen „Tonarten“ nach. Bruchsals Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick würdigte das Jugendsinfonieorchester als ehrenamtlichen Botschafter der Stadt und eines friedliebenden Deutschland.

Heinz Acker selbst ist glücklich, dass er seine Begeisterung für die Musik auf Jugendliche übertragen konnte, die zeitlebens dieses beglückende Gefühl der Harmonie, der Ensembleleistung nicht vergessen. So ist es auch kein Wunder, dass Acker nur rufen musste und „seine Ehemaligen“ waren zur Stelle, um am 9. Dezember, 31 Jahre nach der Gründung, im Bürgerzentrum Bruchsal einerseits der Verleihung der Staufermedaille einen würdigen Rahmen zu geben, andererseits ihrem Mentor und Dirigenten zum 70. Geburtstag zu gratulieren.

Man durfte gespannt sein, wie diese aus allen Himmelsrichtungen nach Bruchsal gekommenen Ingenieure, Lehrerinnen, Techniker, Beamtinnen – und Musiker! – nach so vielen Jahren und so wenigen Proben musikalisch zusammenfinden würden. Noch dazu bei dem ambitionierten Programm: Gershwins „Rhapsody in blue“ (symbolisch für Ackers Aufbruch in eine neue Welt) , Beethovens „Eroica“ (als Protest gegen Diktatur und Missachtung der Menschenrechte) und schließlich zur akademischen Biografie Ackers und zum Anlass der Ehrung besonders passend, Brahms „Akademische Festouvertüre“. Der nicht enden wollende Applaus war dann beredter Ausdruck des Dankes für die professionelle Könnerschaft und emotionale Intelligenz dieses Orchesters, das souverän dem Taktstock und der Gestik Heinz Ackers folgte.

Zu den „Geburtstagsgeschenken“ sei aus siebenbürgischer Sicht, die von Kurtfritz Handel geschaffene Büste des Geehrten zu nennen. Handel hat übrigens als erste Anlaufstelle nach seiner Ankunft in Deutschland ebenfalls an der Bruchsaler Jugendmusik- und Kunstschule gewirkt. Auch darauf wies die ehemalige stellvertretende Bundesvorsitzende Karin Servatius-Speck in ihrer Laudatio hin: „Sie haben in Ihrer Wahlheimat Baden-Württemberg neu gewurzelt – ohne sich zu verbiegen, ohne dem Mammon oder schillernden modischen Kunstströmungen zu huldigen. Sie sind mit ihrem bisherigen Lebenswerk eine substanzielle Bereicherung der Kunstszene und für ihr neues Lebensumfeld.“

Der stellvertretende Bundesvorsitzende und Vorsitzende der Landesgruppe Baden-Württemberg, Alfred Mrass, überbrachte die Glückwünsche des Landes- und des Bundesvorstandes: Außer den vielen genannten Erfolgen dürfe man nicht vergessen, dass Prof. Heinz Ackers Engagement auch für das kulturelle Leben der in Deutschland lebenden Siebenbürger prägend sei – und lange noch prägend bleiben möge.

Franz Csiky

Schlagwörter: Acker, Ehrung, Musiker, Baden-Württemberg

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