25. April 2013

Filmfestival Go East 2013

Zum 13. Mal feierte Wiesbaden das mittlerweile sehr bekannte Go-East-Filmfestival. Wettbewerb, Rahmenprogramm, Begleitprogramm, Lesungen, Filme, Diskussionen – die Ausmaße des Festivals werden immer größer und anspruchsvoller. Die „Party“ der Osteuropäer in Wiesbaden hat Tradition. Waren es vor einem Jahrhundert Dostojewski, Kandinsky und andere Künstler, die es nach Wiesbaden zog, so sind es heute die Cineasten, die während fünf Festivaltagen und -nächten in Wiesbaden das kulturelle Leben dominieren.
Aus Transsilvanien, wie drei junge Regisseure sich selbst vorstellten, war Adrian Sitaru aus Klausenburg mit seinem tragikomischen, skurrilen Film Domestic dabei, der eine Geschichte über verschiedene Menschen einer Hausgemeinschaft in einer Plattenbausiedlung erzählte. Tierliebe, Tierschutz, Leben und Tod stehen dicht beieinander bei Mensch und Tier. Ein Mädchen wird von einem Auto überfahren, während es seinem Hund nachläuft, die Tiere im Film werden geschlachtet und gegessen, was bei einigen Filmbesuchern zu vielen Fragen führte. Sitaru ist auch ein Vertreter des neuen Realismus im rumänischen Film. Obwohl sein Film wenig Handlung, aber viel Dialog präsentierte, kam er äußerst gut an beim Publikum und hat doch keinen Preis erhalten. Auch das melodramatische, poetische Kino in Rocker des Regisseurs Marian Crișan aus Oradea, die Geschichte einer Jugendband in Oradea, fand nicht die erhoffte Sympathie des Jurypräsidenten Bence Fliegauf aus Ungarn und der Jurymitglieder. Außerhalb des Wettbewerbs lief auch der Film Von Menschen und Schnecken (Despre oameni și melci, 2011, Regisseur Tudor Giurgiu) vom Transilvania International Film Festival, das alljährlich in Klausenburg stattfindet. Das Transilvanian Festival stellte sich in Wiesbaden vor und mehrere deutsche Teilnehmer schwärmten von der tollen Atmosphäre des Filmfestivals, das in diesem Jahr vom 31. Mai bis 9. Juni in Klausenburg stattfindet.

Der Film als „Mittel der Rückschau und Aufklärung“ stellte die Festivalleiterin Gabi Babic das diesjährige Konzept von Go East vor. Ein Symposion war der „Schwarzen Welle“ gewidmet, dem jugoslawischen Film der sechziger Jahre, der rebellisch und ungeschönt den sozialistischen Alltag darstellte. Am Rande der Filmvorstellungen fand die Fotoausstellung „Land ohne Eltern“ im Wiesbadener Stadtmuseum statt, mit Fotos von Andrea Diefenbach. Sie zeigte Kinderporträts aus der Republik Moldau – es sind dies die verlassenen Kinder von Eltern, die sich als Arbeitsmigranten im Ausland aufhalten. Die Fotografin besuchte 2007 die Moldau, um zu diesem Thema im Auftrag einer Frauenzeitschrift zu berichten. Die Hauptpreise gingen an den Film der georgischen Regisseurin Nana Ekvtimishvili Blütezeit und gleich zwei Preise erhielt der russische Regisseur Aleksey Fedorchenko mit seinem Film Die Himmelsbräute der Wiesen-Mari, eine skurrile Hommage an eine kleine wolgafinnische Minderheit aus Russland. Die ungarischen Filmemacher berichteten von den schwierigen Bedingungen für die Schauspieler und Regisseure in Ungarn. Martina Gedeck war zu Gast und präsentierte den Film Hinter der Tür von István Szabó, eine Sequenz aus den sechziger Jahren aus dem Leben der ungarischen Schriftstellerin Magda Szabo. Gedeck erzählte über beengte und beängstigende Verhältnisse im Kulturleben Ungarns. Wie geht es den Intellektuellen heute im Vergleich zu den Sechzigern? Auch heute sind sie in Ungarn ausgegrenzt, in ihrer Freiheit der Darstellung eingeschränkt und isoliert.

Katharina Kilzer

Schlagwörter: Film, Festival, Südosteuropa

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