26. Juni 2013

17. Zeidner ortsgeschichtlicher Gesprächskreis in München mit neuem Projekt

Im Frühjahr 2013 fand der einmal jährlich veranstaltete Zeidner ortsgeschichtliche Gesprächskreis (ZOG) im Haus des Deutschen Ostens in München statt, zu dem die beiden ZOG-Organisatoren Udo Buhn und Helmuth Mieskes erstmals gemeinsam eingeladen hatten. Der Vormittag war für die Zeidner Hobby-Genealogen und Familienforscher reserviert, um in einem größeren Kreis herauszufinden, wo die Zeidner Nachbarschaft 2013 in puncto Familienforschung steht. Anhand einer Power-Point-Präsentation stellte Altnachbarvater Udo Buhn das bisher in der Zeidner Familienforschung Geleistete dar und zeigte am Beispiel seiner Familiendaten den Nutzen der genealogischen Arbeit auf. Dabei erinnerte er an die Verdienste von Michael Königes (Erstellung einer Vielzahl von Ahnenpässen vor dem Zweiten Weltkrieg) und Lehrer Friedrich Josef Wiener (Herausgabe der Blätter zur Familienforschung in den Jahren 1979-1993), die stets bestrebt waren, dass Familienforschung eine wichtige Bedeutung für die Volks- und Ortsgeschichte hat.
Zu den aktivsten Zeidner Hobbygenealogen zählen heute Dieter Kraus, Hugo Heitz und Helmut Wenzel. Alle drei nahmen die Gelegenheit wahr, ihre Arbeit und den aktuellen Stand ihrer langjährigen und mühseligen „Forschungs- und EDV-Eingabearbeit“ vorzustellen und auf die Schwierigkeiten aufmerksam zu machen, denen Ahnenforscher bei ihrer akribischen Arbeit immer wieder begegnen. Hauptsächlich handelt es sich hier um Erfassungsfehler der Vorgänger und fehlende Daten. Zudem arbeitet Hugo Heitz seit vielen Jahren an der Zeidner Hofgeschichte, die es möglich macht, die Eigentümer bestimmter Höfe in Zeiden über mehrere Generationen zu benennen.

Helmut Wenzel informierte über das Vorhaben der Sektion Genealogie des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL), die seit April 2013 unter der Leitung von Jutta Tontsch steht. Mit einer modernen Software soll in einem neuen Anlauf (das Projekt ist alt) versucht werden, die Daten aller siebenbürgischen Orte zusammenzutragen, um dem Ziel einer gemeinsamen Siebenbürgischen Familienforschung näher zu kommen. Da auch der Vorstand der Zeidner Nachbarschaft diese Arbeit wieder verstärkt in den Blickwinkel der Zeidner/-innen rücken möchte, wurden konkrete Schritte festgehalten, die in nächster Zeit umgesetzt werden sollen: Die Zeidner Familienforschung soll weitergeführt werden. Im „Zeidner Gruß“ soll verstärkt über die Familienforschung und die Zeidner Hofgeschichte berichtet und auf die Auswertungsmöglichkeiten für Familien (Ahnenforschung) hingewiesen werden. Auf der Zeidner Homepage soll eine neue Rubrik Familienforschung eingerichtet werden. Als Vorstandsmitglied der Nachbarschaft wird künftig Helmut Wenzel die Verbindung zur Sektion Siebenbürgische Genealogie halten. Er wird zum Ansprechpartner von Frau Tontsch (AKSL) benannt. Den Hobby-Genealogen wird angeboten, Genealogie-Tagungen des AKSL zu besuchen.

Nach dem Mittagessen führte Helmuth Mieskes in das neue ZOG-Projekt „Die Aussiedlung aus Zeiden“ ein und erläuterte die Beweggründe für dieses bisher etwas unbeachtete Thema, das dringend von Wissensträgern (also von uns allen, die ausgereist sind) aufgearbeitet werden muss. Wohl wissend, dass jede Ausreise zwischen 1968 und 1998 anders verlaufen ist und dass jede Ausreise seine eigene Vorgeschichte hatte, wies er auf die Wichtigkeit einer ehrlichen und umfassenden Darlegung der Geschehnisse hin, um für die Nachwelt die wahren Hintergründe und vor allem die persönlichen Beweggründe für unsere Ausreise aus Rumänien zu hinterlassen. Er betonte ausdrücklich, dass dies ein Stück Zeitgeschichte darstelle, die der Beweis dafür sei, dass in den drei Jahrzehnten in unserem Leben und in unserer Heimatgemeinde Zeiden wichtige Veränderungen von geschichtlicher Bedeutung stattgefunden hätten, die später in die Geschichte Zeidens als finaler Exodus eingehen würden.

Mit drei sehr unterschiedlichen Beiträgen versuchten Helmuth Mieskes, Udo Buhn und Kurt Schoppel ihre Erinnerungen an oder um die Ausreise wieder zu geben und auf Dinge verstärkt hinzuweisen, die während des einsetzenden „Ausreisewahns“ in vielen Familien für schlaflose und unruhige Nächte gesorgt haben. Während Helmuth Mieskes an eine spannende, aber letztendlich gescheiterte DM-Geldübergabe mit beträchtlichen Geldsummen im Jahr 1984 in einem Waldstück nahe Elisabethstadt erinnerte, versuchte Udo Buhn seine Ausreise (1975) im Rahmen einer Familienzusammenführung (Heirat) in einem Licht erscheinen zu lassen, das der damaligen etwas unkonventionellen Handhabung (Vorteilnahme im Amt) bei der Bewilligung von Ausreiseanträgen entsprach. Kurt Schoppel erbrachte mit seinem Beitrag den Beweis, dass Anfang der siebziger Jahre (1974) durchaus die Möglichkeit bestand, ohne Schmiergelder das Land zu verlassen. Dass dabei gute Bekannte oder gar Freunde in der Lage waren, richtig und ohne Vorteilnahme zu helfen, und auch wichtige Beziehungen von Vorteil sein konnten, stand außer Frage. Völlig legale Ausreisen, die unter Einhaltung der Bedingungen für die Familienzusammenführung besonders zwischen 1968-1978 zustande kamen, waren das Ergebnis von wiederholten Verhandlungen zwischen Rumänien und der Bundesrepublik. Das erfuhr man jedoch sehr viel später.

Im Anschluss an die Beiträge entwickelte sich eine lebhafte Gesprächsrunde, bei der viele Gesprächsteilnehmer an ihre eigene Ausreise und die damit verbundenen Unwägbarkeiten erinnerten. Eine der spannendsten Fragen war die nach dem Warum? Warum sind wir eigentlich aus Zeiden ausgereist? Warum war dieser Wunsch eigentlich so stark? Warum wurde diese Welle bis 1989 nie unterbrochen (die Zahlen sind belegbar) und welche Hauptursachen waren verantwortlich für den Wunsch, der damaligen Heimat den Rücken zu kehren, Freunde und Verwandte zu verlassen und für eine über achthundertjährige Geschichte das Ende in großen (am Anfang sicher nicht überschaubaren) Schritten einzuleiten. Jeder, der darauf eine Antwort wusste – und die Antworten waren sehr unterschiedlich und zum Teil auch überraschend –, versuchte auf seine Art, die ehrlichen und wohl auch zwingenden Gründe für seine Auswanderung darzulegen. Die Rede war von geschichtlichen Zwängen, materiellen Gründen, Wohlstandsdenken, von einem Leben in Freiheit, vom unerträglichen Druck der Securitate, von Bespitzelung, Unzufriedenheit im Alltag und im Berufsleben, von Angst und Ungerechtigkeit, Beeinflussung, Verzweiflung und Vereinsamung.

Helmuth Mieskes

Schlagwörter: Zeiden, Genealogie

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