22. August 2013

Kulturleistungen als Versandartikel

Das Label TransylvANTIQs wurde 2009 vom Klausenburger Musiker Erich Türk ins Leben gerufen, um das breite Publikum für die wertvollen historischen Instrumente Siebenbürgens und deren Problematik zu sensibilisieren. Die ersten drei unter diesem Label erschienenen CDs sind schon seit einiger Zeit erhältlich und präsentieren die Orgel der evangelischen Kirche zu Mediasch (eine der schönsten Barockorgeln Siebenbürgens), das Klavichord des Schäßburger Geschichtemuseums (das einzige spielbare Klavichord Rumäniens) sowie einen Querschnitt durch das vielschichtige siebenbürgische Musikleben des 18. Jahrhunderts anhand von Musik aus verschiedenen historischen Quellen.
Mit dem neuen Online-Shop www.transylvantiqs.ro möchte der Herausgeber zur Bekanntmachung siebenbürgischer Musikkultur beitragen, wobei nicht nur Leistungen der Siebenbürger Sachsen, sondern auch die kulturelle und ethnische Vielfalt zur Geltung kommen sollen. Angeboten werden die vier bisherigen TransylvANTIQs-CDs sowie diejenigen des Barockensembles „Transylvania”, unter dessen administrativer Schirmherrschaft die TransylvANTIQs-Reihe entsteht. Wertvolle siebenbürgische Instrumente sowie alte und neue einheimische Musik werden dabei vorgestellt. Für 2012 gab es auch einen Orgelkalender, eine Initiative, die auch in Zukunft fortgesetzt werden soll. Auch die CDs betreffend ist ein Wachsen der Reihe geplant.

Ebenfalls im TransylvANTIQs-Shop erhältlich sind Bastelbögen zur Herstellung von Modellen siebenbürgisch-sächsischer Kirchen. Einstweilen sind die Modelle von Michelsberg (Bergkirche), Birthälm und Großau im Angebot, in Zukunft werden auch andere dazukommen. Unter dem Motto „Schneiden – Kleben – fröhlich sein” sollen die aus Kartonbögen zusammenzuklebenden Kirchenmodelle im Maßstab 1:160 sowohl Bastelspaß als auch Bildung und Wissen um das einzigartige siebenbürgische Kulturerbe vermitteln. Diese fotorealistischen Reproduktionen können damit zu Hause wie in der Schule Freude und Kurzweil bescheren. Ihr Hersteller Radu Nebert stammt aus einer siebenbürgischen Künstlerfamilie und lebt als freischaffender Designer in Klausenburg. Alle TransylvANTIQs-CDs, der Kalender und auch der Online-Shop wurden von ihm gestaltet.
Das Modell der Großauer Kirche (30,5 x 15,5 x ...
Das Modell der Großauer Kirche (30,5 x 15,5 x 41,5 cm), im Hintergrund Karl Nebert (7), der Sohn des Herstellers. Foto: Radu Nebert
Die neueste CD stellt ein wenig bekanntes, aber umso bemerkenswerteres Instrument vor. Die ehemalige Orgel von Rode, heute die älteste Orgel Rumäniens, befindet sich in der reformierten Kirche zu Küküllőpócsfalva (Păucișoara), 6 km östlich von Sankt Martin (Târnăveni) an der Kleinen Kokel. Das aufwändig verzierte Positiv von 1693 wurde unlängst vom Hermannstädter Orgelbauer Hermann Binder restauriert. Die Geschichte der Orgel läßt sich bis 1801 zurückverfolgen, als sie in der evangelischen Kirche zu Rode stand. Damals schrieb Pfarrer Michael Ungar ein Gesuch um Orgelbauunterstützung an den Grundherren: „so ruiniert und so alt seiend, daß man sie nicht mehr reparieren kann, unsere jetzige Orgel, daß wir eine neue machen lassen”. 1802 bestellten die Roder bei Samuel Maetz eine neue Orgel und verkauften die „ruinierte” Orgel nach Bladenmarkt (Bălăușeri). Die Bladenmarkter wiederum bestellten 1885 eine neue Orgel und veräußerten die alte an ihren jetzigen Standort. Verständlicherweise konnte sich die knapp über 100 Seelen zählende Gemeinde von Küküllőpócsfalva im Laufe der letzten 128 Jahre keine neue Orgel leisten, umso bemerkenswerter ist jedoch die Fürsorge, dank derer dieses schon 1801 als alt und ruiniert betrachtete Insrument noch heute existiert. Seine fachgemäße Restaurierung stellt für die Verhältnisse einer so kleinen Gemeinde eine enorme Investition dar, deren Finanzierung dem unermüdlichen Einsatz des Pfarrers József Keszegh zu verdanken ist.

Welche Musik wurde aber zu ihrer Zeit in Siebenbürgen gepflegt? Eine herausragende Persönlichkeit des siebenbürgischen Musiklebens war Johannes Kajoni (1629-1687). Sein berühmter Kodex ist eine vielschichtige Sammlung von katholischer und protestantischer Kirchenmusik, Instrumentalstücken, höfischen Tänzen sowie Volkstänzen und -liedern. Hervorhebenswert ist die Tatsache, dass außer der deutschen Kunstmusik, die vor allem von den Siebenbürger Sachsen über Jahrhunderte hinweg gepflegt wurde, auch die italienische Musikkultur der Renaissance und des Frühbarock in Siebenbürgen Verbreitung fand. Der Kajoni-Kodex ist bei weitem nicht der einzige Beleg hierfür. Seit Mitte des 16. Jahrhunderts war italienische Musik ein unverzichtbarer Bestandteil fürstlicher Hofhaltung. Sigismund Báthorys Botschafter István Jósika verdingte in Italien nicht nur Musiker für seinen Herren, sondern beschaffte auch neue Noten und musiktheoretische Traktate.

Das CD-Cover zeigt die älteste Orgel Rumäniens, ...
Das CD-Cover zeigt die älteste Orgel Rumäniens, dazu das Ensemble Fonte di Gioia, von links: István Csata (Viola da gamba), Amalia Goje (Orgel und Cembalo), Csongor Dénes und Anna Dénes (jeweils Violine). Foto: Erich Türk
Die CD enthält Werke aus dem Kajoni-Kodex, Musik von Salomone Rossi, Girolamo Diruta, Biagio Marini, Marco Uccellini u. a., gespielt vom jungen Klausenburger Ensemble Fonte di Gioia. Csongor und Anna Dénes (Violinen), Amalia Goje (Cembalo und Orgel) und István Csata (Viola da Gamba), ehemalige Studenten Erich Türks, sind Preisträger des internationalen Barockmusikwettbewerbs „La Stravaganza“ 2009 und haben sich seither in der Alte-Musik-Szene Rumäniens fest etabliert.

Erich Türk

Schlagwörter: Internet, Kirchenburgen, Musik, Shop

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