8. Dezember 2013

Eine Feier der Kronstädter Musik

Viel Applaus und Anerkennung ernteten auch in diesem Jahr die Festspiele „Musica Coronensis”, die vom 11. bis 17. Oktober in Kronstadt zum elften Mal stattgefunden haben. Herzstück des Festivals ist einerseits die Förderung des materiellen und musikalischen Kulturguts Siebenbürgens, indem Kronstädter Komponisten ins Rampenlicht gerückt werden, siebenbürgische Interpreten an den Aufführungen mitwirken – und der Erlös der Konzerte den Orgelrestaurierungsprojekten in der Region zugute kommt. Ziel der Veranstalter (Evangelische Kirchengemeinde A.B. Kronstadt, Deutsche Botschaft Bukarest) ist es aber auch, möglichst viele Kulturinstitutionen der Stadt am Fuße der Zinne einzubeziehen und somit das Netzwerk der Musikschaffenden rund um die Schwarze Kirche zu stärken.
An der Konzertreihe beteiligten sich neben den Musikern und Formationen der Honterusgemeinde auch Schüler, Studenten und Lehrer des Musiklyzeums, des „Șaguna“-Kollegiums und der Musikhochschule, Solisten der Oper, das sinfonische Orchester der Philharmonie, das Kulturzentrum Redoute und das Gedenkmuseum „Casa Mureșenilor“.

Am ersten Abend wurde mit festlicher Musik von Händel, dargeboten von Steffen Schlandt und dem Kammerorchester aus Miercurea Ciuc, die restaurierte Orgel aus Hahnbach wiedereingeweiht, die ihr neues Zuhause auf der Empore der Schwarzen Kirche gefunden hat. Die Stiftung Forum ARTE und die Honterusgemeinde haben damit ein weiteres wertvolles Instrument gerettet, nachdem in den vergangenen Jahren die Orgeln aus Bodendorf und Reps restauriert worden waren. Das Siebenbürgenforum würdigte das tatkräftige Engagement für das Kulturerbe der gemeinnützigen Hermann-Niermann-Stiftung Düsseldorf und verlieh die Honterusmedaille an den Stiftungsvorsitzenden Uwe Stiemke. In den vergangenen elf Jahren hat seine Organisation beinahe vier Millionen Euro für den Erhalt des siebenbürgischen Kulturerbes bereitgestellt. Davon profitierten u.a. die Bergschule in Schäßburg, die Kirchenburgen in Wurmloch und Katzendorf und unlängst das „Haus Kronstadt“ am alten Marktplatz Nummer 16.

Moderne Klänge brachten im Anschluss der Organist Hans Eckart Schlandt und die Sopranistin Cristina Radu zu Gehör. Sie interpretierten das 1952 geschriebene Werk „Toccata, Odae und Aria“ des in Reps geborenen Wilhelm Georg Berger, dessen Todestag sich heuer zum 20. Mal jährt.

Den feierlichen Abend schloss der Kronstädter Jugendbachchor ab, der vor 20 Jahren gegründet wurde und seither nicht nur in Siebenbürgen wertvolle Musik der Heimat bekannt macht. Der Chor bot gemeinsam mit dem Kammerorchester aus Miercurea Ciuc die rumänische Uraufführung der „Cäcilienmesse“ von Helmut Sadler dar. Der Komponist wurde 1921 in Streitfort im Kreis Kronstadt geboren, ist jedoch in Rumänien kaum bekannt – dabei entdeckte das Publikum sein Werk als erfrischende, dynamische Musik, die sich nicht nur an Kenner wendet, sondern auch die Herzen erwärmt.
Der Jugendbachchor Kronstadt feierte sein 20 ...
Der Jugendbachchor Kronstadt feierte sein 20-jähriges Bestehen mit Musik von Helmut Sadler. Foto: Christine Chiriac
Dass sich die Festspiele eines hohen Ansehens erfreuen, zeigte auch die diplomatische Präsenz. An dem Konzert der zwölf Cellisten aus Klausenburg – „Napocelli“ – nahmen der deutsche Botschafter in Bukarest, Werner Hans Lauk, und sein französischer Amtskollege Philippe Gustin teil. Der Abend stand im Zeichen der 50-jährigen Feier seit Unterzeichnung des Elysée-Vertrags. Die darauf folgenden Konzerte hatten unterschiedliche thematische Schwerpunkte. Ein Musikabend im neu restaurierten Saal der Philharmonie (ehemaliges Kino „Patria“) war den jungen Kronstädter Talenten gewidmet. Die Veranstalter wollten dabei „eine ‘Radiografie‘ des einheimischen Potentials“ bieten, so Festivalkoordinator Steffen Schlandt. Im Gedenkmuseum „Casa Mureșenilor“ gaben die Sopranistinnen Cristina Radu und Anda Pop von der Kronstädter Oper einen gefühlvollen Liederabend mit Werken von Enescu und Debussy. Schließlich schlug die Musik, die vom Organisten Paul Cristian und dem Vokalquintett „Anatoly“ in der Römisch-Katholischen Kirche im Stadtteil „Astra“ mit großer Ausdruckskraft dargeboten wurde, einen Bogen über die Jahrhunderte angefangen vom siebenbürgischen Barock des „Codex Caioni“ bis hin zur Uraufführung einer Komposition von Laurențiu Beldean, Jahrgang 1970. Zwei besondere Instrumente kamen dabei zum Einsatz: die älteste Orgel der Stadt, ein Instrument aus dem 17. Jahrhundert, das aus Budila hierher umgesiedelt wurde, und die neueste Orgel Kronstadts, voriges Jahr errichtet von dem Orgelbaumeister László Bors.

Das Abschlusskonzert mit Mendelssohns gewaltigem Oratorium „Elias“ zeigte die Festspiele von ihrer internationalen Seite. Gastgeber war der Bachchor der Schwarzen Kirche, der unter der Leitung von Steffen Schlandt alle bisherigen Auflagen von „Musica Coronensis“ mitgestaltet hat und heuer sein 80-jähriges Bestehen feiert. Zu Gast war der etwas jüngere, 1945 gegründete Bachchor Hannover, dessen Leiter Jörg Straube gleichzeitig der frühere Hochschullehrer von Steffen Schlandt ist. Ihre Dirigierkunst machte sich auch am homogenen Klang der beiden Chöre bemerkbar, die die anspruchsvolle Partitur trotz weniger gemeinsamer Proben souverän meisterten. Die Solopartien übernahmen die Kronstädterin Cristina Radu, die Mezzosopranistin Mihaela Ungureanu-Binder aus Wien sowie der Tenor Cezar Dima und der Bariton Torsten Gödde, die aus Deutschland angereist waren. Begleitet von dem philharmonischen Orchester unter der Stabführung von Steffen Schlandt, erfüllte das gewaltige Ensemble Mendelssohns dramatische Musik mit Leben. Man freut sich schon jetzt auf die zwölfte Auflage des Festivals. Wer allerdings auch bis dahin Konzertmitschnitte aus Kronstadt hören möchte, kann dies online unter www.musica.coronensis.ro tun.

Christine Chiriac

Schlagwörter: Kronstadt, Musik

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