25. Oktober 2014

Satans Handlanger

„Eigentlich habe ich nie die Absicht gehabt, ein Buch zu schreiben. Ich hatte lediglich den Wunsch, etwas für meinen Geist zu tun, um fit zu bleiben. Ich fing einfach an zu schreiben, und plötzlich überschlugen sich meine Erinnerungen, meine Ideen, meine Kenntnisse und ich fasste diese in einen Roman, in eine Familiensaga zusammen. Irgendwann wollte mein Gatte wissen, was ich so schreibe. Als er dann eine kleine Kostprobe gelesen hatte, überredete er mich voller Begeisterung, das Buch verlegen zu lassen. Es war die Geburtsstunde für den Roman ,Der Kommunismus im Teufelsfrack‘“. So erzählt Astrid M. Helmers die Entstehungsgeschichte ihres Buchs über das Schicksal einer Familie in Siebenbürgen nach dem Zweiten Weltkrieg.
Geschäftsmann Julius Grundman, seine schöne, charmante Frau Lya und die Töchter Bea, Pam und Lena stehen im Mittelpunkt des Geschehens. Die wohlhabende Familie lebt in Bukarest, muss aber gegen Kriegsende fliehen und zieht nach Mühlbach, wo sie sich mehr schlecht als recht durchschlägt. Julius kann sich verstecken und entgeht so der Deportation in die Sowjetunion, und schließlich gelingt der Umzug in Lyas Heimatstadt Hermannstadt, wo man auf bessere Zeiten hofft. Julius’ Mantra „Wenn die Amerikaner kommen …“ hält ihn trotz des Spotts seiner Familie aufrecht, aber vor der Willkür der kommunistischen Machthaber kann ihn sein fester Glaube nicht bewahren.

Auf über 600 Seiten breitet Astrid Helmers die Schrecken aus, denen die Familie sich stellen muss: Pädophilie, Vergewaltigung, Missbrauch, Armut, gesellschaftliche Ächtung, Ehebruch, Haft und Folter sind nur einige der Prüfungen, die die Hauptfiguren ihres Romans zu bestehen haben, und als Leser kann man nur den Kopf schütteln über all das, was die Autorin zwischen zwei Buchdeckel gepackt hat. Der Schwäbischen Zeitung sagte sie: „Bei dem Buch handelt es sich nicht um eine Autobiografie oder meine Lebensgeschichte, auch wenn viele persönliche Erfahrungen und Erinnerungen einflossen.“ Dankbar liest man diesen Satz und wünscht sich gleichzeitig, sie hätte weniger Gräuel in ihrem Roman verarbeitet und dafür sorgfältiger geschrieben. Die Dialoge sind hölzern, die Figuren eindimensional, der Zeitrahmen diffus. Auch einige sachliche Fehler hätten nicht stehenbleiben dürfen. Der titelgebende „Kommunismus im Teufelsfrack“ und seine Anhänger, „diese skrupellosen Kommunisten“, „diese Pharisäer“, werden gebetsmühlenartig als Sündenböcke für alles Unheil dargestellt; „sie sind das Werk des Satans“, liest man, und „Satans Handlanger“. Irgendwann hat man dieses Kommunisten-Bashing gründlich satt, hält aber bis zum Ende des Romans durch, weil man doch wissen will, ob der Familie auch einmal etwas Gutes widerfährt – und siehe da, zu guter Letzt erscheint die immer wieder verworfene, lang verschobene Ausreise nach Deutschland als Hoffnungsschimmer am Horizont. Dies ist der Aufhänger für eine Fortsetzung der Familiengeschichte, die bereits in Arbeit ist.

Astrid Helmers, geborene Goschler, feierte dieses Jahr 60-jähriges Abiturjubiläum mit ihren Kolleginnen vom Hermannstädter Mädchengymnasium „Domnița Ileana“. Wegen der „kapitalistischen“ Vergangenheit ihrer Familie bekam sie keinen Studienplatz und wanderte nach dem Tod ihres Vaters, eines österreichischen k.u.k-Gesandten, in den 50er Jahren nach Deutschland aus. Sie lebt im baden-württembergischen Westerheim. Mit ihrem Mann Dietmar teilt sie die Liebe zu Oldtimern und ist vor allem im Sommer mit dem Rolls Royce Silver Cloud II von 1961 oder dem Lagonda Aston Martin Drophead Coupé von 1948 fast jedes Wochenende unterwegs zu Rallyes und Treffen von Autoliebhabern. Als zweites Hobby hat sie das Schreiben für sich entdeckt; die Einnahmen aus dem Verkauf des Buchs „Der Kommunismus im Teufelsfrack“ sollen einem wohltätigen Zweck zukommen.

Doris Roth


Astrid M. Helmers, „Der Kommunismus im Teufelsfrack“, Aquensis Verlag, Baden-Baden, 2014, 608 Seiten, 16,80 Euro, ISBN 978-3-95457-097-3.

Schlagwörter: Buch, Kommunismus, Roman

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  • 25.10.2014, 14:20 Uhr von Ortwin Bonfert: Grundsätzlich sind Publikationen begrüßenswert, die der hiesigen deutschen Leserschaft Hintergründe ... [weiter]

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