5. Juli 2016

Ein Grandseigneur siebenbürgischer Musik

Am 23. Juni dieses Jahres durfte Helmut Sadler in Mauer bei Heidelberg im Kreise seiner Familie – seiner Frau Angela und seiner Töchter Andrea und Christine – bei geistiger Frische seinen 95. Geburtstag feiern. Damit ist er der Grandseigneur der siebenbürgischen Musik, den nur noch der 100-jährige aus Kronstadt stammende Münchner Kirchenmusiker Adolf Hartmut Gärtner an Jahren übertrifft. Auch wenn Sadler den Großteil seines Lebens in Deutschland wirkte, im Herzen ist er immer ein Siebenbürger geblieben. Geboren wurde er 1921 in Streitfort, einem Dörfchen, das am östlichen Rande des sächsischen Siedlungsgebietes liegt, da, wo die Nachbardörfer bereits rumänische oder ungarische Namen tragen. Das war nicht unerheblich für den Erstgeborenen des Dorfschullehrers Andreas Sadler, der ebenso wie der Großvater Martin Maurer Dorfkantor war. In diesem multiethnischen Umfeld lernt Helmut schon früh neben der sächsischen Musiktradition auch die Kultur der anderen Ethnien kennen und schätzen. Diese kulturelle Durchmischung wird in seinem späteren Werk eine große Rolle spielen.
Nach dem Besuch des Hermannstädter Landeskirchenseminars wird der junge Lehrer zum Kriegsdienst an die Ostfront eingezogen. Nach russischer und amerikanischer Gefangenschaft kann er endlich seinen Traum erfüllen und zunächst an der Kirchenmusikschule in Erlangen und dann an der Musikhochschule Heidelberg bei Gerhard Frommel Komposition studieren. Sein beruflicher Werdegang ist recht verschlungen; vom freischaffenden Komponisten über den Lehrbeauftragten am Heidelberger Fröbel-Seminar, den Mannheimer Gymnasiallehrer bis hin zum Dozenten und schließlich Professor für Tonsatz an der Musikhochschule Heidelberg-Mannheim.

Sein kompositorisches Oeuvre umfasst Werke aller Gattungen: Vokal- und Instrumentalkompositionen, Chor- und Orchesterwerke, Sing- und Märchenspiele und viele Volksliedbearbeitungen. Sie alle kennzeichnet
Helmut Sadler, 2011. Foto: Heinz Acker ...
Helmut Sadler, 2011. Foto: Heinz Acker
eine kräftige Vitalität, geprägt von eingängiger Melodik und starkem rhythmischen Impetus, wobei Sadler immer wieder auf die Melodik und Rhythmik der rumänischen oder ungarischen Volksmusik zurückgreift. Diese Bodenständigkeit seiner Musiksprache, ihre gute Spielbarkeit wie auch der freundliche Humor, der dahinter immer durchscheint, machen seine Musik gerade für junge Spieler und Hörer äußerst attraktiv. Sein Transsilvanisches Klavierbuch oder seine Siebenbürgischen Märchenbilder etwa werden landauf-landab an Musikschulen gerne gespielt. Helmut Sadler gehört zu den Gründern des Arbeitskreises für Südostdeutsche Musik (heute Gesellschaft für Deutsche Musik im Südosten Europas), wo er bei den Löwensteiner Musiktagen immer ein gerne gesehener Gast war und viele seiner Werke uraufgeführt wurden. Auch die Siebenbürgische Kantorei verdankt Helmut Sadler etliche ihr zugeeignete Werke. Die meisten seiner Werke sind in den siebenbürgischen Musikverlagen (Gehann-Musikverlag, Kludenbach, und MusikNoten-Verlag Latzina, Karlsruhe) erschienen.

Heute ist es etwas stiller um den Altmeister geworden, der dennoch zufrieden feststellen darf, dass seine Musik immer wieder begeisterte Interpreten und auch Hörer findet. Zu seinem 90. erklangen seine „Lebensstufen“, eine Kantate für Chor und Streichorchester. Darin geht Sadler der Frage nach „Was ist der Mensch?“ In Zehner-Schritten wird diese Frage unterschiedlich beantwortet, bis es schließlich heißt: „Mit Neunzig ist man wieder ein Kind!“, womit weniger die Hilfsbedürftigkeit des Kindes gemeint ist, als vielmehr die kindliche Fähigkeit zu staunender Freude wie auch das kindliche Urvertrauen in die führende Hand eines Allmächtigen“. Beides hat sich Helmut Sadler bis ins hohe Alter bewahrt und beides darf man ihm auch von Herzen für die nächsten Lebensstufen wünschen.

Prof. Heinz Acker, Heidelberg

Schlagwörter: Musiker, Jubilar, Geburtstag, Porträt

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