19. August 2016

Baumgärtners Buch über Siebenbürgen in der Zeit der Kuruzzenkriege

Es waren unruhige Zeiten, Zeiten der Kriege, der Intrigen und Verschwörungen. Die Feuer der Rebellion brannten! Ungarische Adelige verschworen sich gegen den Kaiser. Protestantische Rebellen, Kuruzzen genannt, revoltierten und die Türken und der Kaiser bereiteten einen großen Krieg vor. Welche Rolle spielte Siebenbürgen in diesem Mächtespiel?
Der Autor Wilhelm Andreas Baumgärtner geht in der gleichen bewährten Weise vor wie in seinen anderen Bänden zur siebenbürgischen Geschichte. Er verbindet die internationalen Ereignisse mit der siebenbürgischen Geschichte in einer anschaulichen und spannend erzählten Art, die sich deutlich unterscheidet von einem langweiligen und trockenen Geschichtsbuch. Sorgfältig recherchiert werden auf diese Weise die Ereignisse lebendig.

„Wir brauchen den deutschen König nicht mehr. Wir brauchen einen ungarischen König“, riefen ungarische Adelige, weil sie sich über den Friedensvertrag von Eisenburg, geschlossen zwischen dem Kaiser Leopold I. und der Hohen Pfor­te im Jahre 1664, empörten. Daraus wurde eine heimliche, später eine offene Rebellion. Man ging in der Planung so weit, den Kaiser auf der Jagd zu überfallen und ihn gefangen zu nehmen; span­nend auch der Plan, ihn während eines Fischerfestes zu vergiften. Der Aufstand wurde niedergeschlagen. Die Grafen Zrinyi, Nadasdy und Frangepan wurden des Hochverrats angeklagt und zum Tode verurteilt. Als Folge dieser Rebellion schaffte der Kaiser die ungarische Verfassung ab zu Gunsten einer habsburgischen Alleinherrschaft und führte eine starke Katholisierung durch. All das erfährt man im ersten Teil „Aufstand der Magnaten“ des Buches.

Man liest im zweiten Teil „Siebenbürgische Befindlichkeiten“ von sozialen Spannungen und Kon­flikten zwischen wohlhabenden machtgierigen Familien und von Bürgern, die vom politischen Leben immer mehr ausgeschlossen wurden. Kor­ruption, Ämtermissbrauch und Vetternwirtschaft waren an der Tagesordnung. „Die sächsischen Officianten … bereichern sich aus dem Schweiße der armen Leute“. Baumgärtner legt einen Schwerpunkt auf die Darstellung der Rebellion von Keisd, als die Bürger sich gegen die Bevormundung der wirtschaftlich erstarkten Schäßburger wehrten. Es wütete die Pest in Hermannstadt, von 2733 Menschen starben allein 108 Bewohner aus der Heltauergasse. Es wüteten die Naturgewalten während des Brandes von Schäßburg, am 30. April 1676. „Entsetzen, Verwirrung und Verzweiflung“ beherrschten die Stadt. Während die Falschmünzprägung in Schäßburg um sich griff, wurde auch der Bürgermeister Johann Schuller von Rosenthal beschuldigt und der Sachsengraf von Harteneck des Hochverrats angeklagt und verurteilt.

Es sind bemerkenswerte Ereignisse, die spannend beschrieben werden. Getrübt wurde das Licht der Aufklärung durch die Hexenverfolgungen, die auch Siebenbürgen trafen. Überall brennende Scheiterhaufen und verbranntes Menschenfleisch! Und Pfarrer, die das Ungeheuerliche dulden! Im 17. Jahrhundert hatte fast jeder Ort seinen Hexenweiler, in dem das Hexenbad vollzogen wurde. Der Leser erfährt skurrile Details, z. B. dass die Frau des Fürsten Apafi Angst vor Fliegen hatte, weil sie dachte, diese seien verwandelte Hexen; oder entsetzliche, wie ein Vater, der so weit ging, seine Frau und sein Kind anzuzeigen, die schließlich hingerichtet wurden. Ob das grausame Spektakel in seiner Gegenwart geschah?

Nach diesem siebenbürgischen Zwischenspiel führt Baumgärtner den Leser im dritten Teil „Dem Krieg entgegen“ wieder ins Kriegsgeschehen zurück. Die Hohe Pforte und, nach gescheiterten Friedensbemühungen, auch der Kaiser rüsten auf. Sultan Mohammed IV., der „Jäger“ und „Herr der Weiber“, beauftragte Kara Mustafa, den neuen Kronfeldherrn der Pforte, mit dem Aufmarsch des osmanischen Heeres. Die imposante Heeresschau sollte den österreichischen Gesandten beeindrucken, beeindruckt aber eher den Leser! Die arabischen Sterndeuter sagten den siegreichen Feldzug bis Rom voraus. Die Hohe Pforte will end­lich den „Goldenen Apfel“ pflücken! Der heimliche „König der Kuruzzen“, Emmerich Thököly, unterstützt mit den ungarischen Magnaten die Hohe Pforte, nach dem Motto „lieber türkisch als papistisch“. Mit den Vorbereitungen zur Verteidigung Wiens, dem Herannahen des Feindes und der Flucht des Kaiserpaares endet das Buch. Am 14. Juli 1683 steht das türkische Heer vor Wien!

Auch in diesem Buch findet man den klaren, anschaulichen und spannenden Erzählstil Baum­gärtners wieder, der mit seiner Darstellungsweise ein breiteres Publikum erreichen will. In einem Labyrinth von Informationen, gelingt es dem Autor, überzeugend zentrale und interessante historische Ereignisse in den Mittelpunkt zu stellen und übergreifende Zusammenhänge strukturell in einen geschickten Rahmen zu setzen. Man ist gespannt auf die Fortsetzung, den Kampf um Wien!

Heidemarie Bonfert

Wilhelm Andreas Baumgärtner: Die Feuer der Rebellion. Siebenbürgen in der Zeit der Kuruzzenkriege, Schiller Verlag Hermannstadt - Bonn 2016, 206 Seiten, Preis: 14,80 Euro, ISBN 9783944529851, zu bestellen im Buchhandel oder beim Schiller Verlag, Telefon (Bonn): (0228) 90919557, Internet: www.schiller.ro

Schlagwörter: Rezension, Geschichte

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