23. September 2017

Barockkolloquium – Michael-Lassel-Ausstellung im Brukenthalmuseum

Als ein Beitrag des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. wird die Ausstellung „Barockkolloquium“ bis zum 27. September im Kartografischen Kabinett des Brukenthal-Museums gezeigt. Sie präsentiert 34 Ölgemälde des aus Ludwigsdorf stammenden und in Fürth lebenden Künstlers Michael Lassel. Die Vernissage fand am Freitag, dem 4. August, nach der Eröffnung des Sachsentreffens statt. Sie läutete eine ganze Reihe weiterer Ausstellungseröffnungen des reichhaltigen und vielseitigen Veranstaltungsprogramms ein.
Knapp 200 Kunstinteressierte, darunter mehrere Kamerateams und Pressevertreter, drängten zur Vernissage der Lassel-Ausstellung ins Grafik-Kabinett, so dass die brodelnde Betriebsamkeit des Sachsentreffens auch auf diese vermeintliche Oase der Ruhe überschwappte und während der gesamten Ausstellungsdauer nur langsam abklang.

Es war „die am besten besuchte Eröffnung einer Ausstellung zeitgenössischer Kunst“, was einerseits dem Sachsentreffen und andererseits dem 200. Jubiläum des Museums (siehe Folge 4 dieser Zeitung vom 15. März 2017, Seite 1 und 4) zu verdanken sei. Das bekannte Univ.-Prof. Dr. Sabin Adrian Luca, der Generaldirektor des Nationalmuseums Brukenthal, in seiner Begrüßung. Er zeigte sich erfreut darüber, dass die Koopera­tion mit dem Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland diese Ausstellung ermöglicht hat, die er zu den besten und qualitätvollsten Ausstel­lungen modernen Kunst zähle, die das Brukentahlmuseum bisher gezeigt hat. – Nicht weiter verwunderlich bei so einem herausragenden und international erfolgreichen Künstler wie Michael Lassel, der zu den Meistern der gemalten Illusion (Trompe-l’œil) gehört und dessen Werdegang bis ins British Museum und in die Londoner Tate Gallery geführt hat.
Michael Lassel zwischen den Selbstbildnissen Der ...
Michael Lassel zwischen den Selbstbildnissen Der Glücksbringer, 1992, Öl auf Holzplatte, 60 x 50 cm (links) und Seifenoper, 1994, Öl auf Leinwand, 80 x 60 cm. Foto: Hans-Werner Schuster
Näher heran an Michael Lassel und seine Werke führte die Einführung – in rumänischer Sprache von der Bundesvorsitzenden des Verbandes Herta Daniel gehalten, in deutscher Sprache von Bundeskulturreferent Hans-Werner Schuster. Darin wurde bewusst gemacht, dass es sich bei den 34 zwischen 1990 und 2017 entstandenen Werken, deren jedes die Frucht eines im Schnitt dreimonatigen Schaffensprozesses ist, um ein Fünftel seines Lebenswerks handelt. Es wurde auch verdeutlicht, dass es kein Zufall ist, dass der 1948 im nordsiebenbürgischen Ludwigsdorf geborene und seit der Ausreise 1986 als freischaffender Künstler im bayerischen Fürth lebende Michael Lassel ausgestellt wird. Die Entscheidung fiel ganz ­bewusst auf ihn, der 1970-1974 an der Kunstakademie Bukarest bei Professor Corneliu Baba studiert, als Kunsterzieher am Joseph-Haltrich-Gymnasium und nach Lehrverbot als Grafiker in Schäßburg gewirkt hatte, denn: „Seine Werke fügen sich nahtlos ein in das barocke Ambiente des Brukenthal-Palais’. Nicht nur mit der äußerst akribisch-pedantischen Maltechnik schlagen sie eine Brücke in die Zeit vor 200 Jahren. In ihnen klingen barocke Gelehrsamkeit ebenso an wie pralle barocke Lebenslust und das damit gepaarte Wissen um die Vergäng­lichkeit alles Lebendigen wie auch Sächlichen. Nichtsdestotrotz sind es Kunstwerke der Gegenwart, die uns die Entwicklung der Kunst in diesen 200 Jahren vor Augen führen und uns den Scheideweg bewusst machen, an dem die Kunst heute steht.“

Die Einführung konnte ebenso wie die abschlie­ßende Betrachtung von Dr. Alexandru Sonoc, Leiter der Kunstgalerien und mit Schuster Kura­tor dieser Ausstellung, recht kurz gehalten werden, da zu der Ausstellung ein zweisprachiges Faltblatt und ein dreisprachiger Katalog gedruckt worden waren. Darauf verweisend, überließen die Einführenden die Besucher „den Inszenierungen von Michael Lassel, der sich selbst ebenso in Szene zu setzen weiß wie die ihn umgeben­de Welt. Noch den profansten und nebensäch- lichsten Dingen bietet er eine Bühne, lässt sie an seinem ,Schau-Spiel‘ teilhaben, widmet ihnen die volle Aufmerksamkeit und adelt sie durch seine vollkommene Maltechnik. So werden viele der hier ausgestellten Werke zu einem ,Schau-Kasten‘ in des Wortes doppelter Bedeutung.“
Flankiert von Kurator Dr. Alexandru Sonoc, der ...
Flankiert von Kurator Dr. Alexandru Sonoc, der Bundesvorsitzenden Herta Daniel, Museums­direktor Prof. Dr. Sabin Adrian Luca und Michael Lassel präsentiert Bundeskulturreferent Hans-Werner Schuster bei seiner Einleitung auch den Ausstellungskatalog. Foto: George Dumitriu
Nach einer kurzen Dankesrede stellte sich Michael Lassel den zahlreichen Fragen der Kunstfreunde und der Medienvertreter. Er signierte auch Kataloge, die – da kostenlos – schnell vergriffen waren. Ebenso schnell lehrten sich die vie­len bereitgestellten Wein- und Wasserflaschen. Nur die Wirkung der Werke und der Ausstellung insgesamt wird noch lange anhalten. Mit Sicherheit bei den Besuchern der Vernissage und der Ausstellung, die einen Höhepunkt ästhetischer Wahrnehmung erleben durften. Wahrscheinlich aber auch bei vielen, die den Ausstellungsbericht und das Interview mit Michael Lassel in der Akzente-Sendung vom 14. September sehen durften oder noch sehen werden – siehe unter www.tvrplus.ro/editie-akzente-604468. Nicht zuletzt bei den Kunstfreunden, die sich an dem Ausstellungskatalog erfreuen.

Der 72-seitige, auf hochwertigem Bilderdruck­papier in der Honterusdruckerei im großformatigen nahezu quadratischen Format und durchgehend farbig gedruckte Katalog kann sich sehen lassen. Anders als die vorausgegangenen Kataloge Michael Lassels kompensiert der dreisprachige Band – Deutsch, Rumänisch, Englisch – die noch immer ausstehende Monographie zu diesem herausragenden Künstler zumindest in Ansätzen.

Diesen Anspruch verrät schon der Titel „Barockkolloquium“, unter dem der Künstler in einen Gedankenaustausch – die eine Bedeutungsebene von Kolloquium – mit den Betrachtern (und in der Ausstellung auch mit dem Ambiente des barocken Brukenthalmuseums) tritt. Gleichzeitig legt er in der Haupt- und Hermannstadt der Siebenbürger Sachsen als Künstler Rechenschaft ab – die andere Bedeutungsebene von Kolloquium.

Diesen Anspruch verdeutlichen die großformatigen Abbildungen der Werke, die viel von dem, was die Originale ausmacht, bewahren und ausstrahlen, ebenso die Details der Selbstbildnisse und Signaturen, die die Persönlichkeit des Künstlers greifbar werden lassen, ebenso die sechs Seiten Bio-Bibliographie, die beiden Geleitworte und nicht zuletzt der Essay „Welttheater der Ideen“. Darin skizziert der Journalist und Filmemacher Frank Remmert die künstlerische Entwicklung des Malers und wagt auch eine Verortung des Werkes jenseits von starren und engen stilistischen Kategorisierungen – und nennt diese Pioniertat bescheiden „Versuch über den Maler Michael Lassel“.

Der Katalog ist für das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien von Hans-Werner Schuster herausgegeben und vom Departement für Interethnische Beziehungen im Generalsekre­tariat der Regierung Rumäniens gefördert worden. Dem Departement, dem Landesforum und dem Siebenbürgenforum ist dafür ebenso zu danken wie der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, die über die Kulturreferentin Südosteuropa am Donauschwäbischen Zentralmuseum die Ausstellung gefördert hat.

„Barockkolloquium“, dreisprachiger Ausstellungskatalog hrsg. von Hans-Werner Schuster für das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien. Hermannstadt: Honterus Verlag, 2017, 72 Seiten, Bildband, ISBN 978-606-8573-88-5. Restexemplare sind gegen eine Schutzgebühr erhältlich bei: Demokratisches Forum der Deutschen in Siebenbürgen und Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland.

Kurzer Nachtrag: Im Kartografischen Kabinett war die großformatige Reproduktion des Gemäldes eines unbekannten Künstlers des 18. Jahrhunderts zwischengelagert, das Samuel von Brukenthal als Ritter des St.-Stephan-Ordens zeigt. Die Kuratoren integrierten sie in die Ausstellung und ermöglichten so dem Namensgeber des Museums einen Blick auf Lassels Werke, in der festen Überzeugung, dass er einige davon seiner Sammlung einverleibt hätte.

H-W

Schlagwörter: Ausstellung, Lassel, Hermannstadt, Sachsentreffen, Brukenthalmuseum, Jubiläum

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