3. November 2017

Zum 200. Geburtstag des siebenbürgischen Archäologen Friedrich Bayern (1817-1886)

Friedrich Bayern gehört zu den bedeutenden siebenbürgischen Forscherpersönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, die außerhalb ihrer Heimat zu Ruhm und Anerkennung gelangten. Seine umfangreichen naturwissenschaftlichen Sammlungen ermöglichten die Gründung des kaukasischen Museums in Tiflis. Ab 1864 widmete er sich hier vorrangig archäologischen Untersuchungen und wurde durch seine erfolgreiche Tätigkeit auf diesem Gebiet zum Begründer der prähistorischen Forschung im Kaukasus und Araratgebiet.
Friedrich Bayern (Bayer) wurde am 20. Oktober 1817 als Sohn des Riemers Samuel Bayer in Kronstadt geboren. Hier besuchte er die Volks- und die Realschule. Als Realschüler wurde er von seinen Lehrern Hiemesch und Wolf in die Technik des Sammelns und Präparierens von Insekten, Pflanzen, Mineralien und Gesteinen eingeführt. 1834 begann er seine Ausbildung zum Kaufmann, die er 1838 in Kronstadt mit der Kaufmannsprüfung abschloss. Danach war er als solcher in Hermannstadt und ab 1839-1842 in Bukarest als Kaufmann tätig. Von 1842 bis 1845 war er hier Privatlehrer. In seiner Biographie bedauert er, dass er in Kronstadt nicht die Honterusschule absolviert hat, da dieser Abschluss ihm den Zugang zur Universität eröffnet hätte.

Als Schulmann und Naturforscher in Odessa (1845-1850)

Seinem Forschungsdrang folgend, entschloss er sich im Januar 1845, eine Reise nach Russland und in die Türkei anzutreten. In Odessa, wo er zur Sicherung seines Lebensunterhaltes als Sprachlehrer wirkte, begann er auch seine Sammlungs- und Forschungstätigkeit gemeinsam mit dem Anatomen Nordmann. Dieser machte ihn mit europäischen Käferforschern bekannt, die sich vorübergehend in Odessa aufhielten und die an Bayern als Exkursionsführer in diesem Gebiet interessiert waren. Als Dank dafür führten sie ihn in die wissenschaftlichen Methoden des Sammelns und Bestimmens ein und halfen ihm auch beim Bestimmen seiner Käfersammlung. Durch Nordmann lernte Bayern auch den Grafen Mnischek kennen, der Bayern beauftragte, auf einer von ihm finanzierten Expedition Käfer im Kaukasus und im Araratgebiet zu sammeln. Im April 1849 begann Bayern seine Sammelreise und kehrte im Herbst dieses Jahres mit reichen Sammlungen nach Odessa zurück.

Als Naturforscher und Archäologe in Tiflis (1850-1886)

Vom Kaukasus fasziniert, übersiedelte er 1850 von Odessa nach Tiflis. Im Herbst 1851 kam auch der Naturforscher Hermann Abich nach Tiflis, der Bayern kennen lernte. Abich war es auch, der Bayern einer Gesellschaft als Forschungsreisenden empfahl, die in Tiflis ein Museum einrichten wollte. Mit dieser Gesellschaft wurde vereinbart, dass Bayern auf deren Kosten eine Sammelreise durchführen und mit den mitgebrachten Sammlungen das neue Museum einrichten sollte. Im Sommer 1852 trat Bayern ­diese Reise an und kam im Herbst mit umfangreichen Sammlungen nach Tiflis zurück. Zwar konnte die Gesellschaft mit seinen Sammlungen das neue Museum einrichten, aber die Auszahlung des vereinbarten Honorars wurde ihm verweigert, was ihn tief enttäuschte. 1859 erhielt Bayern durch die Vermittlung von Abich eine Stelle als Konservator am Museum der Geographischen Gesellschaft in Tiflis. Im Auftrag dieser Gesellschaft unternahm er eine Forschungsreise nach Armenien, wobei er wertvolle prähistorische Funde am Ararat machte. Seine großen naturwissenschaftlichen Sammlungen (Insekten- und Gesteinssammlungen, Herbarien) hat er teils dem kaukasischen Museum in Tiflis geschenkt, größtenteils wurden ihm diese, während seinen Forschungsreisen in den Jahren 1863/64, vom Museum einfach weggenommen. Allein der Katalog seiner Käfersammlung in Tiflis wies damals 28000 Käfer nach. Teile seiner Sammlungen befinden sich auch in Privatsammlungen und in Museen in Moskau, Petersburg und Wien.

Erst als Bayern 1864 beschloss, sich fortan nur noch der Archäologie der Kaukasusländer zu widmen, wurde er über die Grenzen Russlands hinaus bekannt. Schon zu jener Zeit war er der beste Kenner der ethnographischen und prähistorischen Verhältnisse des Kaukasus und des Araratgebietes. Der französische Archäologe Ernest Chantre schreibt diesbezüglich: „Keiner, der irgendwelche Forschungen in diesen ­Ländern vornehmen wollte, konnte seinen Rat entbehren, am allerwenigsten auf archäologischem Gebiet.“ Auf seinen zahlreichen Forschungsreisen hat er viele Grabstätten entdeckt und an deren Ausgrabungen mitgewirkt. Aus einem von ihm in Tiflis gegründeten Freundeskreis ging die „Gesellschaft der Altertumsforscher des Kaukasus“ hervor, und somit wurde Bayern zum Begründer der prähistorischen Forschung im Kaukasus und Araratgebiet. Diese Gesellschaft gründete ein Museum, dessen Verwalter er wurde. Im Auftrag dieser Gesellschaft unternahm er Grabungen, deren Ergebnisse zahlreiche Forscher in den Kaukasus lockten, zu denen auch der namhafte Berliner Pathologe Rudolf Virchow gehörte. Bei gemeinsamen Grabungen auf den Totenfeldern von Mzchet (Samthavro) und Marienfeld (Sartatschli) lernte Virchow ihn persönlich kennen und schätzen. Dieser schreibt diesbezüglich: „Man kann ohne Übertreibung von ihm sagen, dass er, ein lebendes Inventar der kaukasischen Altertümer, alle nennenswerten Tatsachen in seiner Erinnerung bewahrte.“ Ernest Chantre schreibt 1881 über Bayern: „Während der gemeinsamen Fahrten und Grabungen lernte ich sein umfangreiches Wissen und seinen lauteren Charakter kennen. Damals verwandelte sich meine Bewunderung für den gewissenhaften, ausdauernden, wahrhaft vielseitigen Gelehrten, in aufrichtige Zuneigung für den selbstlosen Menschen.“

Friedrich Bayern war korrespondierendes Mitglied der „Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte“ und Mitglied mehrerer wissenschaftliche Gesellschaften. Über seine Forschungsergebnisse sind im Druck 17 Veröffentlichungen erschienen. Für seine außergewöhnlichen Verdienste ist er wiederholt ausgezeichnet worden. 1862 erhielt er das Kaukasische Kreuz, in den Jahren 1864-1870 Medaillen der Ausstellungen in Moskau, Tiflis, Paris und Petersburg. Bei der Weltausstellung 1873 in Wien verlieh ihm die österreichische Regierung der Franz Josef-Orden. Zu den bedeutenden Persönlichkeiten, mit denen Bayern in enger Verbindung stand, gehörte auch die Schriftstellerin Bertha von Suttner.

Im Alter erkrankt, wurde er von seiner Schwester Luise, die ihm von Kronstadt nach Tiflis gefolgt war, betreut und gepflegt. Schon fast blind, starb Bayern in Tiflis am 4. März 1886.

Dr. Heinz Heltmann

Schlagwörter: Archäologe, Geburtstag, Kronstadt, Naturwissenschaften

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