1. September 2019

Natur und Mensch im Donaudelta sind eine Reise wert: Buchreihe "Forum: Rumänien" mit zehn Bänden fortgesetzt

Das Donaudelta gehört zu den touristischen Geheimtipps in Europa; die Attraktivität der Mündung von Donau ins Schwarze Meer liegt in der dort vorkommenden Artenvielfalt. Da nur schwer erreichbar, wird das von den drei Armen der Donaumündung abgegrenzte Gebiet von nur vergleichsweise wenigen Touristen besucht. Dass sich eine Reise lohnt, zeigt auch das Buch von Thede Kahl, das nachfolgend kurz vorgestellt werden soll.
Thede Kahl widmet der Natur den ersten Teil seines inhaltlich sehr dichten Buches. Er beschreibt das Relief und die Entstehung des Übergangs von Donau zum Schwarzen Meer, das Klima, die morphologisch-geographische Zonierung, die Vegetation sowie die Fauna. Deren Vielfalt war das wichtigste Argument, das Donaudelta als von der UNESCO geschütztes Biosphärenreservat anzuerkennen. In Rumänien führen nur zwei weitere Regionen diesen mit vielen Verpflichtungen verbundenen Ehrentitel: das Retezat-Gebirge und das Gebiet „Pietrosul Mare“ im Rodna-Gebirge (beides in den Karpaten). Eine Besonderheit ist, dass neben Rumänien auch die Ukraine für den Schutz des Donaudeltas als Biosphärenreservat verantwortlich ist.

Der den im Donaudelta lebenden Menschen gewidmete zweite Teil des Buches beginnt mit einem historischen Überblick. Daran schließen sich Ausführungen zu den Siedlungen und ihrer Architektur an. Unerwartet vielfältig ist die ethnische, sprachliche und religiöse Zugehörigkeit der im Mündungsgebiet der Donau lebenden Menschen, schon die Aufzählung der Kapitel lässt die große Bandbreite erahnen: Rumänen (bzw. Moldauer), Russen/Lipowaner, Ukariner/Chacholen, Griechen, Bulgaren, Gagusen, Türken, Tataren, Roma und Xoraxaj, Juden, Armenier, Deutsche, Italiener, Ungarn, Aromunen, Meglen-Vlachen. Es folgt eine kurze Beschreibung des Donaudeltas in Mythologie, Volksdichtung und Literatur. Der Wirtschaft ist ebenso ein eigenes Kapitel gewidmet wie der Bedrohung, der das Delta ausgesetzt ist, und dem Schutz dieser einmaligen Natur- und Kulturlandschaft.
Sehr ausführlich und hilfreich ist der Index, beeindruckend lang die Bibliographie, drei Karten erleichtern den Überblick. Das Buch ist reichlich und anschaulich bebildert. Manche Fotos sind zu klein, um viel darauf erkennen zu können; weniger wäre hier mehr gewesen. Etwas mehr Sorgfalt hätte das Lektorat benötigt, bei der Vielzahl von Daten und Informationen ist manches nicht korrekt oder überholt. So sind die deutschen Siedler nicht ab 1842 nach Bessarabien eingewandert (S. 113), sondern bereits ab 1814. Der Status der zwischen Rumänien und der Ukraine umstrittenen Schlangeninsel (im Schwarzen Meer, vor der Mündung der Donau) bzw. des von diesem Status determinierten Kontinentalsockels ist durch ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom Februar 2009 geklärt worden.

Das Buch ist in der Reihe „Forum: Rumänien“ erschienen, die von Valeska Bopp-Filimonov, Thede Kahl und Larisa Schippel herausgegeben wird. Einen maßgeblichen Anteil am Gelingen der Reihe hat Dr. Karin Timme, Inhaberin des Verlages Frank & Timme, in dem die Buchreihe erscheint. Mit fast 40 Bänden in weniger als zehn Jahren ist „Forum: Rumänien“ die produktivste Buchreihe zu dem südosteuropäischen Land im deutschen Sprachraum; sie leistet mit einem breiten Themenspektrum einen wesentlichen Beitrag zur Kenntnis des Landes in Wissenschaft und der interessierten Leserschaft.

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Thede Kahl: Natur und Mensch im Donaudelta, Frank & Timme-Verlag, Berlin 2018, Reihe „Forum: Rumänien“, Band 36, 244 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Karten; Preis: 24,80 Euro; ISBN: 978-3-7329-0438-9.

Übersicht der Buchreihe „Forum: Rumänien“

Die seit der letzten Vorstellung der Buchreihe in dieser Zeitung (siehe "Buchreihe „Forum: Rumänien“ auf mehr als 25 Bände angewachsen“; Siebenbürgische Zeitung Online vom 20. August 2015) erschienenen Bände werden nachfolgend aufgelistet. Einige dieser Bände sind in der SbZ rezensiert worden, dies wird jeweils vermerkt.

Bd. 28: Pascal Bentoiu: George Enescu: Meisterwerke

Bd. 29: Lucian Boia: Wie Rumänien rumänisch wurde

Bd. 30: Michael Metzeltin: Das Rumänische im romanischen Kontrast. Eine sprachtypologische Betrachtung

Bd. 31: Lucian Blaga: Über das philosophische Bewusstsein

Bd. 32: Martin Jung: In Freiheit. Die Auseinandersetzung mit Zeitgeschichte in Rumänien (1989 bis 2009) [siehe dazu die Besprechung von Dr. Michael Kroner unter dem Titel „Ideologische Kontaminierung der Geschichtsschreibung in Rumänien“ in der SbZ Online]

Bd. 33: Thede Kahl (Hg.): Von Hora, Doina und Lautaren. Einblicke in die rumänische Musik und Musikwissenschaft

Bd. 34: Iulia Dondorici: Den Körper schreiben – Poetiken des Körpers in der Prosa der rumänischen Moderne

Bd. 35: Thede Kahl, Peter Mario Kreuter, Christina Vogel (Hg.): „Vergessen, verdrängt, verschwunden“. Aufgegebene Kulturen, Beziehungen und Orientierungen in der Balkanromania

Bd. 36: Thede Kahl: Natur und Mensch im Donaudelta

Bd. 37: Michèle Mattusch (Hg.): Kulturelles Gedächtnis – Ästhetisches Erinnern. Literatur, Film und Kunst in Rumänien [siehe dazu die Besprechung von Ingeborg Szöllösi unter dem Titel „Erinnerung jenseits von Nostalgie und Schönfärberei“ in der SbZ Online]

Bd. 38: Carola Heinrich/Thede Kahl (Hg.): Litterae – magistra vitae. Heinrich Stiehler zum 70. Geburtstag

Weitere Bände sind in Planung, der interessierte Leser darf gespannt bleiben.

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Schlagwörter: Rezension, Donaudelta, Verlag Frank & Timme

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