6. Dezember 2021
Samuel von Brukenthal: Vom Logenbruder zum Gubernator Siebenbürgens
Was bringt ein streng auf 60 Minuten angesetztes Podiumsgespräch? Natürlich einiges, wenn die richtigen beisammensitzen und das Publikum auch noch zum Zuge kommt. Geladene Gäste am 11. November im Münchner Haus des Deutschen Ostens waren Josef Balazs als Moderator und Dr. Konrad Gündisch als Historiker. Beide konnten kenntnisreich Fakten vermitteln und zudem neue Denkanstöße in Bezug auf Brukenthal als die wohl bedeutendste Persönlichkeit der siebenbürgisch-sächsischen Geschichte geben.
Leider schien die Diskussion insgesamt unter einer gewissen Unwucht zu leiden, was auch damit zu tun hatte, dass Josef Balazs als kundiger Stichwortgeber mit seinen Impulsfragen (er ist praktizierender Freimaurer) die Erfolgsgeschichte des siebenbürgischen Aufklärers Brukenthal vielleicht etwas zu monokausal mit dessen Tätigkeit als Freimaurer in Verbindung brachte. Was auch zeitweilig wegen der dürftigen Quellenlage stark ins Spekulative abdriftete (vgl. hierzu auch Th. Șindilariu in Hermannstädter Zeitung v. 23.7.2021, https://www.hermannstaedter.ro/2021/07/karrierestart-und-freimaurerei/). Insbesondere im ersten Teil konzentrierte sich Balazs in seinen Fragen auf die Studienzeit Brukenthals in Halle und Jena sowie auf seinen kurzen Aufenthalt in Wien während dessen Fahrt nach Halle. In Wien hatte Brukenthal erste Kontakte zu dortigen Freimaurerlogen. Details zu diesen Verbindungen werden auch in Balazs‘ Aufsatz zu lesen sein, der in der nächsten Nummer der Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde, Jahrgang 2021, erscheinen wird.
Danach wurden noch weitere Stationen und Aspekte bis in die jüngste Gegenwart behandelt, natürlich mit Georg Adolf Schullers monumentaler zweibändiger Brukenthal-Biografie von 1967 bzw. 1969 im Marschgepäck. Auch hierbei erfuhr man Neues, nachgerade Spektakuläres, nämlich dass Schuller einen dritten Band mit Quellen vorbereitet hatte, der 2013 in Hermannstadt wieder aufgefunden wurde. Zurzeit wird davon eine Online-Edition von Quellen zur Biografie Brukenthals am Siebenbürgen-Institut an der Universität Heidelberg vorbereitet (mehr dazu in einer der kommenden Folgen dieser Zeitung). Nachgerade tragisch der Umstand, dass aus dem unter Maria Theresia fortschrittlichen Staatsmann und Protestanten Brukenthal (in rein katholischem Umfeld!) unter dem reformfreudigen „Volkskaiser“ Josef II. die Modernisierung des Großfürstentums Siebenbürgen trotz gemeinsamer aufklärerischer Ideale nicht zur Zufriedenheit des Kaisers vorankam, sicher auch wegen seines ständisch-konservativen Denkens. So schied Brukenthal 1787 verbittert aus dem Staatsdienst und widmete sich hinfort nur noch seinen Studien, Sammlungen und der Landwirtschaft.
Spannend wurde es, Stichwort Erinnerungskultur, als die beiden Gesprächspartner in der jüngsten Gegenwart ankamen. Bekanntlich wurde für den jedem Kult um seine Person abholden Freiherrn zu seinem 300. Geburtstag in Hermannstadt ein Bronzestandbild des Großwardeiner Bildhauers Deák Árpád auf dem Großen Ring errichtet, dessen Enthüllung am 11. September 2021 der rumänische Staatspräsident Klaus Johannis persönlich vornahm. Seit damals kam es zu wiederholten Schmierattacken und Schändungen des hauptsächlich von den Hermannstädter Rotariern finanzierten Brukenthal-Denkmals.
Den nationalistischen Geschichtsklitterern zufolge sei ja Brukenthal wegen der Niederschlagung des Aufstandes von 1784 ein „ucigaș de români“ (Rumänenmörder) – ein neuer (bzw. neu aufgelegter) Opfermythos war geboren, selbst wenn hinter den Aktionen nur eine vergleichsweise kleine Gruppe radikaler „Patrioten“ stecke (als Gegenmittel hatte Gündisch David Prodans maßgebliche Monographie über den Bauernaufstand von 1784 mitgebracht und als Lektüre empfohlen). Da auch Präsident Johannis von den Demonstranten als „Komplize“ ins Visier genommen wurde, sind die Farbbeutelattacken – bis hin zu einer rituellen Verfluchung Brukenthals! – durchaus auch als Johannis-Bashing zu verstehen; ein Fall von Stellvertreterkrieg, keine Frage. Was Wunder, dass es der um die Ecke residierende orthodoxe Metropolit Siebenbürgens vorzog, bei der Denkmalenthüllung nicht dabei zu sein – „aus hygienischen Gründen“. Willkommen in der rumänischen Gegenwart mit ihren üppig sprießenden Verschwörungstheorien.
Danach wurden noch weitere Stationen und Aspekte bis in die jüngste Gegenwart behandelt, natürlich mit Georg Adolf Schullers monumentaler zweibändiger Brukenthal-Biografie von 1967 bzw. 1969 im Marschgepäck. Auch hierbei erfuhr man Neues, nachgerade Spektakuläres, nämlich dass Schuller einen dritten Band mit Quellen vorbereitet hatte, der 2013 in Hermannstadt wieder aufgefunden wurde. Zurzeit wird davon eine Online-Edition von Quellen zur Biografie Brukenthals am Siebenbürgen-Institut an der Universität Heidelberg vorbereitet (mehr dazu in einer der kommenden Folgen dieser Zeitung). Nachgerade tragisch der Umstand, dass aus dem unter Maria Theresia fortschrittlichen Staatsmann und Protestanten Brukenthal (in rein katholischem Umfeld!) unter dem reformfreudigen „Volkskaiser“ Josef II. die Modernisierung des Großfürstentums Siebenbürgen trotz gemeinsamer aufklärerischer Ideale nicht zur Zufriedenheit des Kaisers vorankam, sicher auch wegen seines ständisch-konservativen Denkens. So schied Brukenthal 1787 verbittert aus dem Staatsdienst und widmete sich hinfort nur noch seinen Studien, Sammlungen und der Landwirtschaft.
Spannend wurde es, Stichwort Erinnerungskultur, als die beiden Gesprächspartner in der jüngsten Gegenwart ankamen. Bekanntlich wurde für den jedem Kult um seine Person abholden Freiherrn zu seinem 300. Geburtstag in Hermannstadt ein Bronzestandbild des Großwardeiner Bildhauers Deák Árpád auf dem Großen Ring errichtet, dessen Enthüllung am 11. September 2021 der rumänische Staatspräsident Klaus Johannis persönlich vornahm. Seit damals kam es zu wiederholten Schmierattacken und Schändungen des hauptsächlich von den Hermannstädter Rotariern finanzierten Brukenthal-Denkmals.
Den nationalistischen Geschichtsklitterern zufolge sei ja Brukenthal wegen der Niederschlagung des Aufstandes von 1784 ein „ucigaș de români“ (Rumänenmörder) – ein neuer (bzw. neu aufgelegter) Opfermythos war geboren, selbst wenn hinter den Aktionen nur eine vergleichsweise kleine Gruppe radikaler „Patrioten“ stecke (als Gegenmittel hatte Gündisch David Prodans maßgebliche Monographie über den Bauernaufstand von 1784 mitgebracht und als Lektüre empfohlen). Da auch Präsident Johannis von den Demonstranten als „Komplize“ ins Visier genommen wurde, sind die Farbbeutelattacken – bis hin zu einer rituellen Verfluchung Brukenthals! – durchaus auch als Johannis-Bashing zu verstehen; ein Fall von Stellvertreterkrieg, keine Frage. Was Wunder, dass es der um die Ecke residierende orthodoxe Metropolit Siebenbürgens vorzog, bei der Denkmalenthüllung nicht dabei zu sein – „aus hygienischen Gründen“. Willkommen in der rumänischen Gegenwart mit ihren üppig sprießenden Verschwörungstheorien.
Konrad Klein
Schlagwörter: München, HDO, Podiumsdiskussion, Brukenthal, Konrad Gündisch, Balazs, Geschichte, Freimaurer, Klaus Johannis
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