3. Mai 2022

Frühjahrsputz in der Kirchenburgenlandschaft: seit 2016!

Seit mehr als sechs Jahren arbeitet die Stiftung Kirchenburgen unermüdlich am Erhalt der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgenlandschaft. Die Tätigkeiten des mittlerweile achtköpfigen Teams reichen dabei weit über Sanierungsarbeiten hinaus. Im Laufe der Zeit hat die landeskirchliche Einrichtung sich auch in den Bereichen Fachtourismus, Bildungs- und Kulturarbeit sowie Strategieentwicklung einen Namen gemacht. Millionenbeträge wurden in den letzten Jahren über die Stiftung in das Kulturerbe Siebenbürgens investiert. In dem folgenden Artikel werden die Entwicklungen und das Team der Stiftung vorgestellt. Es ist der erste Beitrag einer Reihe, in der die Siebenbürgische Zeitung regelmäßig über die Stiftungsarbeit informieren wird.
Die beeindruckende Kirchenburg von Henndorf im ...
Die beeindruckende Kirchenburg von Henndorf im nördlichen Harbachtal beherbergt innerhalb ihrer Wehrmauern neben dem berühmten Truhenfund auch Nebengebäude. Diese werden in den nächsten Monaten von der Stiftung Kirchenburgen zu Unterkünften und Aufenthaltsbereichen für Gäste umfunktioniert. Foto: Stefan Jammer, Hermannstadt
Die Ursprünge der Stiftung Kirchenburgen, wie man sie heute kennt, gehen in die Mitte der 2000er Jahre zurück. Steffen Mildner (1948-2021), der seit Ende der 1990er Jahre die Sanierung der Hermannstädter Altstadt für die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) koordinierte, entwickelte ein starkes Interesse am Erhalt der Kirchenburgen der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) und etablierte im Jahr 2006 das Projektbüro Leitstelle Kirchenburgen. Schon damals war aber klar, dass es im Hinblick auf den langfristigen Erhalt der gesamten Kirchenburgenlandschaft nachhaltigere Instrumente und Strukturen braucht. Vor genau acht Jahren, im April 2014, wurde im Rahmen einer öffentlichen Präsentation samt Pressekonferenz der Aufbau einer Stiftung nach rumänischem Stiftungsrecht angekündigt, woraus schließlich im Herbst 2015 die Stiftung Kirchenburgen entstehen konnte. Als Ziele der Stiftung wurden nicht nur der Erhalt des Kulturerbes, sondern auch Bildungsarbeit, Konzeptentwicklung und Fachberatung genannt. Welche Bedeutung der Existenz der Stiftung auch weit über die Grenzen der EKR und Rumäniens hinaus beigemessen wurde, zeigte sich unter anderem daran, dass die Staatsoberhäupter Rumäniens und Deutschlands sich zur Übernahme der Schirmherrschaft für die junge Einrichtung bereit erklärten. Nach Traian Băsescu und Joachim Gauck haben deren Nachfolger Klaus W. Johannis und Frank-Walter Steinmeier dieses Ehrenamt übernommen.

Eine kleine Erfolgsgeschichte

Als Fachinstitution für den Erhalt des kirchlichen Kulturerbes wirkt die Stiftung Kirchenburgen seither in einer Vielzahl von siebenbürgischen Orten im Sinne der Denkmalpflege: In den letzten Jahren fanden Notsicherungen, Dachreparaturen, Instandsetzungen und vieles andere mehr an etwa fünfundzwanzig Kirchen und Kirchenburgen statt. Im Rahmen des Dächerprogrammes wird derzeit an den Kirchen von Braller, Hundertbücheln, Irmesch, Marienburg bei Schäßburg und Weingartskirchen gearbeitet. Langenthal und Martinsdorf stehen noch in diesem Jahr auf der Agenda des Stiftungsteams.

Das Logo der Stiftung Kirchenburgen wurde von ...
Das Logo der Stiftung Kirchenburgen wurde von Mark Fabini gestaltet.
Im Bereich Fortbildung veranstaltet die Stiftung Kirchenburgen regelmäßig Workshops unter dem Titel „Hands On Conservation“, Seminare und Arbeitseinsätze – oft direkt vor Ort zwischen den Wehrmauern – für junge Fachleute und Freiwillige. Im Jahr 2020 wurde ein Partnerschaftsvertrag mit der Organisation European Heritage Volunteers abgeschlossen, dessen erste konkrete Folge zwei intensive und erfolgreiche Arbeitseinsätze von Freiwilligen aus aller Welt in Holzmengen und Hundertbücheln (2021) waren.

Auch an der Entwicklung des Kirchenburgentourismus der letzten Jahre ist immer mehr die Handschrift der Stiftung Kirchenburgen erkennbar: Für Universitätsprofessoren, Studierende, Handwerker unterschiedlicher Gewerke und Fachleute aus diversen Bereichen organisiert das Stiftungsteam seit Jahren maßgeschneiderte Fachexkursionen. In deren Rahmen werden den Gästen eine Vielzahl wertvoller Studienobjekte gezeigt, die Stiftung kann im Gegenzug von deren Fachexpertise profitieren. Oft resultieren aus solchen Reisen langfristige Partnerschaften und wissenschaftliche Arbeiten.

Mit Publikationen, Informationsmaterialien für Groß und Klein, einer Kirchenburgen-App, Veranstaltungen, Vorträgen, Auftritten auf nationalen und internationalen Reisemessen sowie der praktischen Beratung von Besuchern engagiert sich die Stiftung Kirchenburgen seit vielen Jahren auch im Bereich des allgemeinen Tourismus. Diese Aktivitäten finden in enger Zusammenarbeit mit vielen regionalen Partnern aus der Reisebranche statt, was zu einer stetig steigenden Zahl in- und ausländischer Besucher führt.

Unterstützung ermöglicht Projekte

Im Jahr 2018 hat der Deutsche Bundestag beschlossen, der Stiftung Kirchenburgen über die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) 1,1 Millionen Euro zur Sicherung und Sanierung der Kirchenburgen zur Verfügung zu stellen. Doch gerade für die meist entscheidenden Notinterventionen an Dächern und Gebäudehüllen sind es oft die regelmäßigen Spenden von Freundinnen und Freunden der Kirchenburgenlandschaft sowie insbesondere der in Deutschland lebenden Siebenbürger Sachsen, die – zum Beispiel über ihre Heimatortsgemeinschaften – Projekte der Stiftung Kirchenburgen fördern und so die wichtigen Arbeiten überhaupt erst ermöglichen.
Das Team der Stiftung, von links: Sebastian ...
Das Team der Stiftung, von links: Sebastian Bethge (Beauftragter für Bau- und Denkmalpflege), Ramona Laczko David (Kulturreferentin des Siebenbürgenforums), Philipp Harfmann (Geschäftsführer), Ecaterina Gal (Koordination BKM-Dächerprogramm), Wieland Köber (Projektverwaltung), Andreea Manastirean (Büroleitung und Projektmanagement), Ruth István (Referentin für Fachtourismus und Öffentlichkeitsarbeit), nicht auf dem Bild: Annemarie Rothe (Architektin). Foto: Magdalena Menzinger
Insgesamt konnte die Stiftung Kirchenburgen seit 2016 rund 1,75 Millionen Euro aus Förderungen, Spenden und Eigenmitteln für die Kirchenburgenlandschaft investieren. Neben den altehrwürdigen Mauern profitieren davon auch die jeweilige Kirchengemeinde, alle Besucherinnen und Besucher sowie nicht zuletzt auch die lokalen Fachbetriebe, die operativ an den Arbeiten beteiligt sind.

Neue Wege in der Denkmalpflege

Die Nutzung der Kirchenburgen ist eine der besten Strategien zu ihrem langfristigen Erhalt. Weil jedoch aufgrund der sehr gering gewordenen Anzahl an Gemeindegliedern in der Mehrheit der Orte nur noch selten oder gar keine Gottesdienste mehr gefeiert werden, befasst sich die Stiftung Kirchenburgen seit jeher mit Konzepten der Nutzungserweiterung. Philipp Harfmann, Geschäftsführer der Stiftung, erklärt, dass „diese Maßnahmen genauso wichtig wie die Reparaturen selber und daher für den mittelfristigen Erhalt der Kirchenburgen unverzichtbar sind. Entscheidend ist, auf sanfte und an die Denkmäler angepasste Formen der Nutzungserweiterung zu setzen, die die ursprüngliche Funktion der Bauwerke nicht in Frage stellen“. Im Rahmen des neuesten Projektes sollen in Nebengebäuden der Kirchenburgen von Henndorf, Hundertbücheln und Kirtsch Übernachtungsmöglichkeiten geschaffen werden. Harfmann erwartet daraus zukünftig nicht nur Einnahmen für den Erhalt der Kirchenburgen: Es sei „ein wichtiger Schritt zur Bewusstseinsschaffung über dieses Kulturerbe von europäischer und weltweiter Bedeutung, das zu schützen die Motivation unserer Arbeit ist“.

Stefan Bichler



Nähere Infos: kirchenburgen.org

Schlagwörter: Stiftung Kirchenburgen, Kultur, Steinmeier, Klaus Johannis

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