7. März 2025
Hochschulausbildung von Chirurgen und Hebammen/Vor 250 Jahren in Klausenburg älteste medizinische Hochschuleinrichtung Siebenbürgens gegründet
Vor wenigen Wochen jährte sich zum 250. Mal die Gründung der ältesten und somit bedeutendsten medizinischen Hochschuleinrichtung Siebenbürgens. Am 26. Januar 1775 ernannte Kaiserin Maria Theresia den in Wien examinierten österreichischen Wundarzt und Meister der Geburtshilfe, Joseph Laffer (1741-1798), zum ersten Professor für Anatomie, Chirurgie und Geburtshilfe an der Universitas Claudiopoliensis, der Nachfolgeeinrichtung der vormaligen Jesuitenakademie. Diese Berufung war die Geburtsstunde der staatlich kontrollierten medizinisch-chirurgischen Ausbildung von Wundärzten und Hebammen in Siebenbürgen, die dann 1872 nahtlos in die Medizinische Fakultät der Königlich-Ungarischen Universität (später Franz-Joseph-Universität Klausenburg) überging.

Zunftmäßig ausgebildete Barbiere und Wundärzte
Bis Ende des 18. Jahrhunderts gab es nicht nur im Großfürstentum Siebenbürgen, sondern im ganzen Habsburgerreich wenige an Universitäten ausgebildete Ärzte oder gar Doktoren der Medizin, deren Dienste vor allem von den Stadtmagistraten, wohlhabenden städtischen Bürgern und Geistlichen in Anspruch genommen wurden. Damals erfolgte die medizinische Versorgung der ländlichen Bevölkerung beinahe ausschließlich durch Barbierchirurgen, auch Wundärzte genannt, und Bader, die nach den Regeln und Traditionen des frühneu-zeitlichen Zunftwesens ausgebildet wurden, sowie Hebammen, aber auch durch Quacksalber und sonstige Heilkundige. Wundarztzunftordnungen, wie jene von 1562 der Sächsischen Nationsuniversität, regelten unter anderem auch die Ausbildung. Die Lehrlinge, auch Tyros oder Knechte genannt, lebten für drei bis fünf Jahre in der Hausgemeinschaft des Wundarztmeisters, bis sie das Handwerk in dessen Offizin von ihm erlernt hatten, und wurden nach bestandener Prüfung durch den Zunftmeister mit der Ausstellung eines Entlassungsbriefes befreit. Danach gingen sie als Gesellen für einige Jahre auf Wanderschaft von einem Meister zum anderen, manchmal sogar in fremde Länder, um ihre Kenntnisse zu erweitern und Erfahrungen in ihrem Handwerk zu sammeln. Schließlich konnten sie sich einer Meisterprüfung (Meisterstück) unterziehen und ihr Wissen vor dem Zunftmeister unter Beweis stellen. Die Prüfung umfasste Kenntnisse im Bart- und Haarscheren, Zubereiten von Salben- und Pflastern, Verbinden, Aderlassen, Wundversorgen, Amputieren, Starstechen, Steinschneiden, Zahnreißen, später auch in der Geburtshilfe. Wundärzte erbrachten als praktisch tätige Heilkundige, eingekeilt zwischen den sozial höhergestellten Ärzten (Aufseher aller Heilkundigen) und den Quacksalbern und Scharlatanen, die sie vehement bekämpften, beachtliche Leistung, wofür sie das Vertrauen breiter Bevölkerungsschichten genossen und lange Zeit von der Medizinhistorie nicht entsprechend erforscht und gewürdigt wurden.Staatliche Prüfung und Diplom zur Pflicht gemacht


Diplomierte Hebammen nach dreiwöchigem Kurs
Ein weiterer Auftrag der Lehranstalt bestand in der Ausbildung und Prüfung von Hebammen. Die Regierung in Klausenburg ließ zunächst jährlich in allen Komitaten einen dreiwöchigen Hebammenkurs ausschreiben. Die Bewerberinnen erhielten Stipendien und nach bestandener Prüfung das für ihre Berufsausübung erforderliche Hebammenzertifikat. Hier wurde den Schülerinnen den Aufbau des menschlichen Körpers sowie die notwendigen Kenntnisse um Schwangerschaft und Entbindung sowie Pflege von Neugeboren beigebracht. Da es damals nur Hospitäler als Armen- und Altenasyl, aber kein Krankenhaus im heutigen Sinn des Wortes gab, war in den ersten Jahrzehnten keine praktische Ausbildung von Chirurgen und Hebammen möglich. Die Gebärstation am Landeskrankenhaus Carolina wurde erst 1851 eröffnet. Der Hebammenunterricht erfolgte in allen drei Landessprachen.Erster rumänischer Wundarzt und Okulist als Professor für Augenheilkunde
Der dritte Lehrstuhl ging 1791 an Joannes (Ioan) Molnár (1749‒1815), auch Piuariu genannt. Er war ein in Zoodt (Sadu) gebürtiger rumänischer Wundarzt und in Wien examinierter Okulist, der in Hermannstadt lebte und durch seine Staroperationen sehr erfolgreich und berühmt wurde. Seit 1777 wirkte er sogar als „Landesaugenarzt“. Molnár wurde 1792 mit dem Adelsprädikat von Müllersheim nobilitiert. Seine Antrittsrede ließ er auf Latein in Druck erscheinen und unterrichtete in Klausenburg sein Fach jährlich jeweils drei Monate und übte auch seine Praxis bis 1812 aus. Somit war er der erste rumänische Hochschullehrer der Heilkunde, der unter dem Namen Ioan Molnar Piuariu als einer der herausragendsten Persönlichkeiten der rumänischen Aufklärung gilt, da er Herausgeber einiger ökonomischer Werke und von Übersetzungen, sowie eines deutsch-rumänischen Wörterbuchs war. Die Qualität des Unterrichts wurde deutlich gesteigert, als 1793 auch für die Pathologie und Physiologie ein weiterer Lehrstuhl eingerichtet wurde. Als Lehrer wurde der Luxemburger Doktor der Medizin André Etienne ernannt. Ihm folgte 1800 Mihály Incze aus Klausenburg, der in Wien promovierte, und war damit der erste siebenbürgisch-ungarische Professor der Medizinisch-chirurgischen Lehranstalt.Unterricht modernisiert
Nach Laffers Tod im Jahr 1798 wurde sein Dreifachlehrstuhl Johannes Eckstein von Ehrenberg aus Oberungarn anvertraut, einem in Pest ausgebildeten Meister der Chirurgie und Geburtshilfe, bis er 1808 an die Universität Pest wechselte. Ihm folgte Elek Keresztes, ein Doktor der Medizin, aus dem Szeklerland. Elek Bruszt, ein Wundarzt armenischer Herkunft aus Neuschloß (Szamosújvár /Gherla), folgte nach Fuhrmanns Tod auf dem Lehrstuhl für Veterinärmedizin. Aus den ersten Jahrzehnten sind keine Namensverzeichnisse der Zöglinge überliefert, aber es wird angenommen, dass die Zahl der jährlich ausgebildeten Wundärzte sich zwischen fünf und zehn bewegte und die der Hebammen zwischen zehn und fünfzehn. Die Ausbildungsdauer von Medico-Chirurgen wurde 1810 auf zwei Jahre verlängert und der Unterricht erfolgte auf Latein, Deutsch und, wenn nötig, auch auf Ungarisch und Rumänisch. Die Ausbildung am Krankenbett wurde von Mihály Incze in dem 1818 eröffneten Landeskrankenhaus Carolina eingeführt, das 1827 in das Gebäude des ehemaligen Frauenkonvents der Franziskaner umsiedelte. Dort, im Lehrkrankenhaus fanden dann ab 1830 die chirurgischen und medizinischen Vorlesungen, Operationen und Entbindungen statt. Nach der Reform des Hochschulunterrichts im Habsburgerreich wurde 1833 die Ausbildung der Medico-Chirurgen auf drei Jahre ausgedehnt und damit auch den Lehrstoff erhöht. Infolge der Reorganisation der Lehranstalt wurden drei neue Lehrstühle geschaffen. In den folgenden Jahren wirkten da als Lehrer Antal (Anton) Elias Pfenningsdorf, Mihály (Michael) Judenhoffer, József Szabó, Miklós Szilágyi und István Joó. Der Lehrer der Chirurgie Bogdán (Adeolat) Ábrahám, wendete 1847 als erster Arzt im Land die Äthernarkose bei einer Operation an. Alle diese Doktoren der Medizin waren Wiener Absolventen. Die Zahl der Studenten lag bei ca. zwanzig, aber nur ca. zehn machten jährlich ihren Abschluss.
Umwandlung in eine Medizinische Fakultät der neuen Klausenburger Universität
Nach dem politischen Ausgleich von 1867 (Vereinigung Siebenbürgens mit Ungarn innerhalb Österreich-Ungarns) erreichte die Zahl der Lehrstühle im letzten akademischen Jahr 1871/72 sogar zehn und damit war das Institut reif für die Aufwertung zu einer Medizinischen Fakultät. Acht Mitglieder des Lehrkörpers setzten da ihre Tätigkeit fort. Zurückblickend auf die fast hundertjährige Geschichte der Lehranstalt, kann festgehalten werden, dass die 32 Lehrer und die 38 Lehrassistenten etwa 1000 Medico-Chirurgen und 1500 Hebammen ausgebildet hatten. Sie vermochte im Laufe der Jahrzehnte eine moderne wissenschaftsbasierte Ausbildung für Wundärzte und Hebammen sicherzustellen und dem gravierenden Mangel an heilberuflichen Fachkräften effektiv entgegenzuwirken. Anhand vorhandener Namenslisten ist zu erkennen, dass da alle Ethnien des Landes: Deutsche, Ungarn, Rumänen, Armenier, Juden, Böhmen und andere, aber auch Studierende aus den Nachbarländern vertreten waren. Zusammenfassend kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass die Medico-Chirurgische Lehranstalt bzw. Institut zu Klausenburg auf eine viel zu wenig bekannte Erfolgsgeschichte zurückblickt, auf gleicher Augenhöhe mit anderen vergleichbaren mitteleuropäischen Hochschulen. Somit verdient sie sowohl eine gebührende Würdigung im Rahmen einer wissenschaftshistorischen Tagung zum 250-jährigen Jubiläum (geplant für den 6. November 2025) als auch einer, sich bereits in Entstehung befindlichen medizin- und bildungshistorische Monografie.Prof. Dr. Robert Offner
Schlagwörter: Medizin, Geschichte, Klausenburg
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