30. Mai 2025

Fanfare Ciocarlia wandert auf neuer CD zwischen Tradition und Weltmusik

„The Devil Rides Again“ (Der Teufel reitet wieder), so nennt sich die neue CD der längst nicht nur bei Insidern bekannten Roma-Blechbläser von Fanfare Ciocârlia. Unterstützt wurden die aus einem kleinen Dorf in Nordostrumänien Stammenden dabei von dem kanadischen Musiker Adrian Raso. Und tatsächlich entsteht durch diese interkulturelle Liaison zwischen dem unüberhörbaren Spirit des Balkans mit der filigranen Art der Moderne des Rockjazzers ein pittoresk-explosiver Klangteppich. Verstärkt wird dieser Eindruck durch den Umstand, dass alle Titel instrumental sind.
Oftmals wirken die Melodien melancholisch verträumt. Ja, als ultimative Einladung, um ausgedehnte Reisen ohne konkreten Zielpunkt anzutreten. Klar, gefühlsbeladen ist das seit Anfang Mai vorliegende Angebot durch und durch. Irgendwie wirkt alles aber auch wie eine tönende Vision über eine recht prickelnde und pulsierende Welt, wo man die Probleme mithilfe der Musik erst einmal hinter sich lassen kann. Das Gesamtkunstwerk ist auf diese Weise eine Art Worldmusik, die aufmuntert und fast überall einsetzbar ist. Wir als Zuhörer begegnen beispielsweise – nachdem sich zuvor die eher urbanen folkgetränkten Töne verdichteten, plötzlich der Erbmasse von Steve Winwood. Der langjährige Frontmann der Spencer Davis Group kreierte einst „I’m a Man“. Die hier zu entdeckende Version wirkt frisch wie ehedem. Geeignet als unausgesprochene musikalische Einladung zum Verweilen.

Der Ausflug in die Rockgeschichte entpuppt sich jedoch nur als eine kurze Rast. Voller Hingabe wird nämlich gefühlte dreieinhalb Sekunden danach mit mehreren Titeln das Lebensgefühl Süditaliens (beispielhaft der Song „Tarantella Noir“) regelrecht zelebriert. Besondere Akzente setzt das kurz zuvor auf der CD geparkte „Blue Drag“, ursprünglich eine Kreation von Django Reinhardt. Besonders jetzt spürt der hörende Betrachter kulturelle Überschneidungen. Wuchs doch dieser Musiker einst unter prekären Verhältnissen am Rande von Paris auf und gehörte nicht zur Mehrheitsgesellschaft. Spätestens beim „Transylvania Twist“ erreichen wir den Ausgangspunkt unserer Fahrt durch die Welten des Balkanblues, Jazz und Rockabilly. Endlich sind wir allesamt in einem verschlafenen balkanischen Dorf angekommen. Angeblich ein Ort weit weg von allem, was wirklich Spaß bereitet. Aber genau hier wurden die Aufführenden vor fast 30 Jahren entdeckt und enterten dann ungeniert plus hochmotiviert en masse Konzertbühnen fast aller Kontinente unseres Planeten. Nebenbei traf die Crew irgendwann einen Kanadier, der bei dieser Produktion weit mehr als nur kurze Zwischenspiele lieferte. An all da darf man gern denken, wenn die Titel loshüpfen, um mentale Nähe zu den Fans zu suchen … Die CD ist bei Asphalt Tango erschienen.

Roland Barwinsky

Schlagwörter: Musik, CD

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