5. Juni 2006

Horst Ganea: Sein Werk wird ihn überleben

Zahlreiche Freunde, Künstler und Familienangehörige, darunter die einen Monat alte Enkelin Katharina, fanden sich am 5. Mai 2006 auf dem Waldfriedhof Fürstenfeldbruck ein, um von Horst Viktor Ganea (1938-2006), Maler, Grafiker, Karikaturist und Fotograf, Abschied zu nehmen.
Der vielseitige Künstler, der zuerst in Bukarest die Ausbildung an einer Fachschule für medizinisch-technische Assistenten beendet hatte, um dann später, nach der Aussiedlung 1976, als Fotograf im Klinikum Großhadern in München zu arbeiten, wurde am 21. Januar 1938 in Ploieºti geboren. In dieser Industriestadt des Prahova-Tales gab es zu jener Zeit, was heute kaum noch bekannt ist, eine nicht geringe Anzahl deutscher bzw. deutschsprachiger Einwohner. Der Bildhauer Peter Jacobi und die Malerin Clarette Wachtel, um nur zwei prominente Namen zu nennen, stammen ebenfalls aus Ploiești.


Horst Ganea: Die drei seltsamen Vögel, Borkendruck, 1998.
Horst Ganea: Die drei seltsamen Vögel, Borkendruck, 1998.

Nach dem Zweiten Weltkrieg übersiedelte die Familie nach Bukarest, wo Horst Ganea zusammen mit seiner zwei Jahre jüngeren Schwester Erika aufwuchs und das Deutsche Gymnasium besuchte. "Trotz materieller Not schafften es unsere Eltern, uns beiden ein liebevolles Zuhause zu geben", erinnerte er sich Jahrzehnte später. Doch von besonderer Bedeutung in der Entwicklung des Großstadtkindes waren die vielen Sommerferien in Kerz, einer malerischen, kulturhistorisch bedeutsamen siebenbürgischen Gemeinde am Alt, nahe der Karpaten.

Hier, in einer damals in mancher Hinsicht noch "beinahe heilen sächsischen Welt", geprägt von Tradition und einem identitätsgefestigten Selbstbewusstsein, erlebte er "die schönsten Monate einer Kindheit, in der auch die Naturverbundenheit, die Liebe zu Pflanzen und Tieren sowie zu den heimatlichen Bergen, die man aus der Ferne gut erkennen kann, von großer Wichtigkeit waren". Später, als Erwachsener und Künstler, konnte er immer noch "stundenlang auf der Lauer liegen, um eine Eidechse zu beobachten".

In Bukarest lernte er 1960 die Kronstädterin Marianne Bosch kennen, die Architektur studierte. Sie heirateten 1964, Sohn Peter kam 1969 und Tochter Johanna 1971 zur Welt. Marianne Bosch wurde später, nach der gemeinsamen Aussiedlung nach Deutschland, auch als Keramikerin und Gestalterin von Kleinplastiken bekannt. Noch in Bukarest entstanden Ganeas erste Folgen von Karikaturen, nachdem er bereits als Kind gern und viel gezeichnet hatte.

Ein Wendepunkt in seinem beruflichen Leben - er hatte nach 1976 mit seiner Familie in Fürstenfeldbruck ein neues Zuhause gefunden - war 1982 eine Reise nach Paris, wo er zusammen mit seiner Frau im Künstlerviertel Montmartre den Straßenmalern bei der Arbeit zusah und sich entschloss, selbst zu zeichnen und zu malen. Ganea eignete sich eine gediegene Fachausbildung in Malen und Aktzeichnen durch zahlreiche Kurse und eine umfassende Lektüre an. Er schloss sich bald einer Münchener Malergruppe an und hielt Reiseeindrücke in zahlreichen Zeichnungen und Gemälden fest. So entstand in zwei arbeitsreichen Jahrzehnten ein vielfältiges, farbiges und gehaltvolles Lebenswerk.

Nach vielen Ausstellungen - einzeln, dann auch zusammen mit seiner Frau und der Künstlergruppe ArtIG, Fürstenfeldbruck, deren Mitglied er 1996 wurde - folgte 2002 die große Retrospektive im Haus des Deutschen Ostens, München, wo auch Marianne Ganea vertreten war. Horst Ganea zeigte damals 48 Ölgemälde, Aquarelle, Zeichnungen und grafische Arbeiten, so genannte Borkendrucke - eine besondere Technik, die er selbst "erfunden" hatte.

2003 musste er sich einer schwierigen Operation unterziehen, von der er sich nicht mehr ganz erholen konnte. Trotzdem führte er sein kreatives Schaffen weiter. Ein letzter Wunsch erfüllte sich einen Monat und vier Tage vor seinem Ableben: die Geburt seiner ersten Enkelin.

Bei einem Gespräch Ende März dieses Jahres zeigte er sich überzeugt, nicht umsonst gelebt zu haben: "Ich habe Kinder und ein Enkelkind, und so wird das Leben nach mir weitergehen. Außerdem hinterlasse ich viele Bilder - ein Werk, das mich wahrscheinlich auch noch lang überleben wird. Was kann man sich mehr wünschen?" Er starb nach schwerem Leiden am 29. April 2006 in Fürstenfeldbruck. Als ein wunderbarer Mensch, bescheiden, hilfsbereit und immer freundlich, und zugleich als ein phantasievoller, empfindsamer Künstler - so wird er in Erinnerung jener bleiben, die ihn gekannt haben.

Claus Stephani

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 9 vom 31. Mai 2006, Seite 9)

Schlagwörter: Nachruf, Malerei, Künstler

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