15. Februar 2008

Friedrich Deubel: schon zu Lebzeiten in ganz Europa bekannt

Der Kronstädter Naturforscher Friedrich Deubel gehört mit Carl Fuß, Carl Petri und Arnold Müller zu den bedeutenden Käferforschern Siebenbürgens. Obwohl er keine akademische Fach­ausbildung besaß, hat er sich durch großen Fleiß und eine bewundernswerte Ausdauer vom Naturfreund zum international anerkannten Käferforscher emporgearbeitet. Als leidenschaftlicher Sammler und hervorragender Präparierer seiner Sammelstücke war er schon zu Lebzei­ten in ganz Europa bekannt. In vielen bedeutenden Museen – Wien, Frankfurt am Main, Budapest u.a. – sind auch heute von ihm gesammelte Käfer zu bewundern.

Schul-, Lehr- und Wanderzeit

Friedrich Julius Deubel entstammt einer Kron­städter Leinenweberfamilie und wurde am 13. Januar 1845 geboren. Bereits mit zweieinhalb Jahren verlor er seinen Vater. Nachdem die Mut­ter 1848 erneut heiratete, kümmerte sich beson­ders sein älterer Bruder um ihn. Das Interesse am Sammeln von Naturgegenständen kam bei Deubel schon als Realschüler deutlich zum Aus­druck und wurde von seinem Naturkundelehrer Josef Meschendörfer liebevoll gefördert. Diese Neigung sollte der Garant für seine spätere erfolgreiche Sammeltätigkeit sein.

Friedrich Deubel (1845-1933). ...
Friedrich Deubel (1845-1933).
Deubels Wunsch nach Eigenständigkeit veran­lasste ihn, 1860 aus der zweiten Realschulklasse auszutreten und Fleischhauer zu werden. Er ar­beitete bis 1864 als Lehrling und anschließend als Fleischhauer- und Salamimachergeselle bei Rudolf Seewald. 1868 erwachte in ihm der Wunsch, sich auf einer Wanderschaft durch Europa fachlich und geistig weiterzubilden, und am 14. Mai trat er eine eineinhalbjährige Euro­pareise an. Deubels Wanderung führte ihn über Hermann­stadt, Temeschburg, Ofen, Wien, Brünn, und Prag nach Deutschland, wo er zunächst Dresden und Leipzig, danach andere größere Städte in Mittel- und Norddeutschland besuchte und kennen lernte. Arbeit suchend kehrte er im August 1868 nach Gotha zurück, wo er bis April 1869 in einer Selcherwerkstätte seine Fachkenntnis­se vervollkommnete. Danach trat er zu Fuß die Heimreise durch den ihm noch unbekannten Teil Deutschlands und die Schweiz an.

Zu Hause arbeitete er zunächst wieder als Fleischhauer. Erst nach zehn Jahren konnte er mit der eigenen Selcherei beginnen. Seine Er­zeugnisse gehörten zu den gesuchtesten ihrer Art und verhalfen ihm bald zu Wohlstand, so dass er sich ohne materielle Sorgen seinen For­schungen widmen konnte. 1890 baute er in der Burggasse ein geräumiges Haus, in dem er auch seine Selchereiwerkstätte einrichtete.

Für die Heilung eines Magenleidens empfahl ihm sein Hausarzt viel Bewegung in frischer Luft. Mit den regelmäßig durchgeführten Berg­wanderungen erwachte in Deubel erneut seine Sammelleidenschaft und er begann intensiv Na­turobjekte (Käfer, Schmetterlinge, Schnecken, Steine u.a.) zu sammeln.

Während eines Kuraufenthaltes im Badeort Pistyan (heute Slowakei) lernte Deubel den Wie­ner Käferforscher Baron Max von Hopffgarten kennen, der ihn in die wissenschaftliche Sam­mel- und Präpariertechnik einführte. Mit von Hopffgarten verband ihn ab dieser Zeit eine enge Freundschaft. 1876 besuchten ihn von Hopffgar­ten und Josef Kaufmann in Kronstadt. Auf Emp­fehlung dieser beiden Käferforscher begann Deu­bel wissenschaftliche Sammlungen anzulegen. In neun Jahren bestimmte ihm von Hopffgarten seine bis dahin zusammengetragene Käfer­sammlung und er machte Deubel auch mit an­deren Käferforschern in ganz Europa bekannt, so dass nun ein reger Brief- und Tauschverkehr mit diesen einsetzte.

Deubel als Käferforscher

Seine zunächst auf die Burzenländer Gebirge beschränkte Sammeltätigkeit weitete Deubel bald auf die gesamten Ost- und Südkarpaten aus. Dadurch wuchsen seine Sammlungen zusehends an. Später trat Deubel auch mit Ludwig Gangl­bauer, dem Direktor des k. k. Naturwissenschaft­lichen Hofmuseums in Wien, in Verbindung, mit dem er bis zu dessen Tod (21 Jahre lang) in einem engen Briefwechsel stand und wiederholt größere Sammelexkursionen unternahm. Gangl­bauer ermöglichte Deubel, dass die verschiedenen Käferfamilien seiner Sammlung von den besten Fachleuten in Europa bestimmt wurden. So erweiterten sich seine fachlichen Beziehungen zu vielen in- und ausländischen Käferforschern. In Siebenbürgen sind dies C. Petri/Schäßburg, Emil v. Silbernagel/Keisd sowie M. v. Kimako­wizc und E. A. Bielz in Hermannstadt. Mit dem Kronstädter Naturkundelehrer Ludwig v. Méhely unternahm Deubel 1890 eine dreiwöchige Sam­melexkursion in die Siebenbürgischen Bosau­berge (Munții Întorsurii Buzăului). In einem regen fachlichen und persönlichen Verkehr stand er auch mit Dr. Grigore Antipa, dem Gründer und Direktor des Bukarester Naturwissenschaft­lichen Museums, mit dem Deubel oft gemeinsame Studiengänge ebenfalls in die Burzenländer Gebirge durchführte.

Durch Ganglbauer lernte Deubel schließlich auch Dr. Karl Holdhaus/Wien kennen. Dieser kam wiederholt nach Siebenbürgen und er­forschte gemeinsam mit Deubel die Käferfauna der siebenbürgischen Karpaten. Bald reifte bei beiden der Entschluss, ihre Forschungsergeb­nisse in einem umfassenden Werk bekanntzugeben. Dies erfolgte 1910 in den Abhandlungen der k.k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien unter dem Titel „Untersuchungen über die Zoogeographie der Karpathen (unter besonderer Berücksichtigung der Coleopteren)“. Hier hat Deubel seine gesamte Erfahrung und sein reichhaltiges Wissen über die siebenbürgische Käfer­welt eingebracht. Außer dieser bedeutenden Arbeit hat Deubel wenig veröffentlicht. 1925 erschien im Jahrbuch des Burzenländer Säch­sischen Museums sein Beitrag „Ergänzungen und Berichtigungen zu Dr. Carl Petris ‚Siebenbür­gens Käferfauna‘“.

Immer wieder bewunderten Käferforscher die hervorragende Präparierung seiner Sammelstü­cke. 1898 schrieb ihm Direktor Ganglbauer dies­bezüglich „In der Präparation hast Du das großartigste geleistet, was mir bisher vorgekommen ist.“ Im Tauschverkehr gelangten viele seiner Sammelstücke in die Museen der ganzen Welt, wo sie auch heute deren Sammlungen zieren. Durch Vollständigkeit und einwandfreie Bestim­mung erhält seine siebenbürgische Käfersamm­lung ihre besondere Bedeutung.

Friedrich Deubel gehört zu den fünf gründenden Mitgliedern des „Burzenländer Sächsischen Museums“, das 1948 leider aufgelöst und verteilt wurde. Diesem Museum schenkte er bereits bei seiner Gründung (1908) einen Teil seiner Sammlungen. Mit diesen veranstaltete das Mu­seum 1912 im Kronstädter Eislaufvereinsgebäu­de eine Ausstellung mit siebenbürgischen Käfern und Schmetterlingen und den in seiner Samm­lung befindlichen exotischen Käfer- und Schmet­terlingsarten, wobei insbesondere die letztgenannten bei den zahlreichen Besuchern großes Interesse fanden. Auch einen Schrank mit der Insektenfauna des Burzenlandes stellte er dem Museum zur Verfügung.

1924 schenkte Deubel seine äußerst wertvolle Sammlung siebenbürgischer Käfer und Schmet­terlinge dem Burzenländer Sächsischen Museum. Weitere Teile seiner Sammlungen überreichte er dem Naturwissenschaftlichen Museum des Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaf­ten zu Hermannstadt und dem Honterusgymna­sium. Der Großteil dieser Sammlungen gelangte 1948 aus dem Burzenländer Sächsischen Muse­um – mit vielen anderen Exponaten und Teilen der Bibliothek – an die damals in Kronstadt ge­gründete Forstwissenschaftliche Fakultät (Insti­tutul Forestier) und befindet sich auch heute im zoologischen Museum dieser Fakultät. Leider fehlt an den Schränken der selbstverständliche Hinweis auf den verdienstvollen Schöpfer dieser Sammlungen.

Epilog

Deubel war ein äußerst bescheidener und hilfsbereiter Mensch. Bis in sein hohes Alter hat er Sammelexkursionen durchgeführt, war stets bestrebt, Neues zu entdecken, und hat seine Beziehungen zu vielen Käferforschern aufrechterhalten. Nach einem erfüllten Leben starb er am 9. Januar 1933 in Kronstadt.

Deubels Leistungen für die Wissenschaft und sein Beitrag für die Erschließung der siebenbürgischen Karpaten haben ihm eine Reihe von Ehrungen eingebracht. Im Jahr 1919 wurde er vom Siebenbürgischen Verein für Naturwissen­schaften zu Hermannstadt zu seinem korrespondierenden Mitglied gewählt. 1922 ernannte ihn der Siebenbürgische Karpatenverein und 1925 – anlässlich seines 80. Geburtstages – das Burzenländer Sächsische Museum zu seinem Ehrenmitglied. Zu seinem 80. Geburtstag schrieb ihm Dr. Holdhaus: „Du hast für die coleopterologische Erschließung Siebenbürgens mehr geleistet als jeder andere Naturforscher und es mag Dir hohe Befriedigung gewähren, nach einem arbeitsreichen Leben auf so viele schöne Erfolge zurückblicken zu können.“

Zur Erinnerung an seinen Beitrag zur Er­schließung der Karpaten benannte 1897 die Sek­tion Kronstadt des SKV den von ihm angelegten Bergweg vom Diham auf den Bucșoi nach ihm und 1934 erhielt die Mălăieștier Hütte den Na­men „Friedrich-Deubel-Hütte“. Besonders groß ist jedoch die Ehrung, die ihm seine Fachkollegen erwiesen, indem sie 41 neu entdeckte Tierarten – davon 30 Käferarten und Abarten – nach Deu­bel benannten. Schon am Anfang des 20. Jahrhunderts betrachteten junge Naturforscher und Bergfreunde in Sie­benbürgen Deubel als ihr Vor­bild und auch für uns nachfolgenden Naturwis­senschaftler ist er dieses bis heute geblieben.

Dr. Heinz Heltmann

Schlagwörter: Naturwissenschaften, Kronstadt

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