6. Mai 2009

Monika Kafka in internationalem Lyrik-Projekt

Vor kurzem erschien im Verlag Edition Thaleia, St. Ingbert, ein ungewöhnliches Lyrikbuch, das zehn Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich und Israel vereint, die jeweils mit zehn Gedichten vertreten sind. Zehn Dekaden hat ein Jahrhundert, und zu jeder Dekade des 20. Jahrhunderts schrieben die hier vertretenen Dichterinnen und Dichter je einen lyrischen Text. Daher auch der Titel des Buches: „10 x 10 = 100“.
Die Texte stammen von Boris Brink, Moshe Sala Chazara, Orit Chazara, Thom Delißen, Slov ant Gali, Monika Kafka, Bernhard Lierheimer, Michael Lüttke, Elsa Rieger und Heinz Kurz Rintelen, die – eigenständig und unterschiedlich in der Aussage – jeweils ein thematisch ausgerichtetes Gedicht vorlegen, das aus einer individuellen Sichtweise prägende Ereignisse und Erlebnisse der einzelnen Dekaden schildert. So entstand ein weitgespannter lyrischer Fächer, der diese vieldeutige Auswahl inhaltlich farbig und lesenswert macht.

Zu den Autoren gehört auch die 1960 in Her­mann­stadt geborene Lyrikerin Monika Kafka, eine Enkelin der siebenbürgischen Malerin und Bildhauerin Trude Vandory. Nach ihrem Ger­ma­nistikstudium in Klausenburg übersiedelte sie 1981 nach München, wo sie heute als Päda­go­gin und Buchhändlerin tätig ist. Literarische Arbeiten von ihr erschienen bereits in verschiedenen Zeitschriften und Anthologien.

Im Band ist Monika Kafka unter anderem mit einem sehr nachhaltig wirkendem Gedicht, einer „Siebenbürgischen Ele­gie“, vertreten, wo es einleitend heißt: „Jen­seits der Wälder/ rauscht das Vergessen/ dürftig geflickt/ über löchrigem Asphalt –// Am Brunnen vor dem Tore/ die Bank abmontiert/ Eichbaum mit weisem Spruch/ auf ewig chiffriert...“

Für die ansprechende illustrative Gestaltung des Bandes zeichnet die 1976 in Cherson (Ukrai­ne) geborene Grafikerin Iryna Lierheimer, die bis­her eigene Ausstellungen in ihrem Heimat­land, doch auch in Deutschland, Russland und in den USA zeigte. Von ihr und von der in Tel Aviv lebenden Autorin, Übersetzerin und Kunst­fotografin Orit Chazara (44) stammen die collagehaften, vom phantastischen Realismus ge­präg­­ten und sehr vielsagenden Illustrationen des Bandes, wobei die Phantastik immer zeitbezogen bleibt. So sind z. B. auf einem Bild der „Vier­ten Dekade“ von Iryna Lierheimer im Drei­er­profil Hitler, Stalin und Mao Tse-Tung vereint; darunter ein Sowjetstern, außerdem Sichel, Ha­kenkreuz und tropfendes Blut.

Die Herausgabe der Anthologie betreute der in Tel Aviv lebende Psychoanalytiker, Schauspieler und Dichter Moshe Sala Chazara, von dem auch die Initiative zu diesem internationalem Lyrikpro­jekt stammt. Der Band „10 x 10 = 100. Ein Lyrik-Projekt“, Verlag Edition Thaleia, St. Ingbert 2009, 159 Seiten, ISBN 978-3-924944-90-2, kann in je­der Buchhandlung bestellt werden.

Claus Stephani

Schlagwörter: Rezension, Lyrik

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Neueste Kommentare

  • 06.05.2009, 23:41 Uhr von Wittl: Mohns lyrische Experimente sind ohne Zweifel eine wahre Kunst. GRATULATION!!! Ich bin ... [weiter]

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