19. Oktober 2009

Ein neues Matura-Jubiläumsbuch

„Wir über uns – zum 50. Jubiläum der Matura 1959-2009 am Honterusgymnasium Kronstadt“. Herausgeber Peter Kaufmes und Manfred Kravatzky. Redaktion Manfred Kravatzky. Heidelberg 2008, 279 Seiten, 25,00 Euro, ISBN 978-3-929848-69-4, zu beziehen bei Manfred Kravatzky, Gartenstraße 16, 79353 Bahlingen.
Diese Publikation ist das achte Jubiläumsbuch von Schulabgängern des Honterusgym­nasiums zu Kronstadt, das anlässlich der 50. Wiederkehr des Abiturs von den ehemaligen Schülern des Abschlussjahrgangs 1959 zusammengestellt und in Druck erschienen ist. Und um vorweg ein Ur­teil auszusprechen: Es ist eine der gelungensten und spannendsten Publikationen dieser Art, auch im Vergleich mit anderen ähnlichen Jubiläums­büchern ehemaliger Gymnasiasten siebenbürgisch-sächsischer Schulen.

Im Vorwort schreibt Manfred Kravatzky, dass „das von unserer Generation Erlebte dokumentiert werden muss. Wir wurden mitten im Zwei­ten Weltkrieg geboren, erlebten die – vor allem für unsere Eltern – schweren Nachkriegsjahre und wuchsen im unheilvollen Zusammenbruch der liberalen Gesellschaft und in den Gründer­jahren der teils unmenschlichen kommunistischen Diktatur auf.“ Was nun in diesem Buch zu­sammengetragen wurde, ist, selbst für Außen­stehende von hohem Interesse, beginnend mit einem zehnseitigen Text zur Geschichte des Kronstädter Schulwesens. Daran schließen sich Darlegungen über das Leben und Wirken der 28 Lehrer, die diese Generation von 1955 bis 1959 unterrichtet haben. Von den 39 Schülern der A- und 46 der B-Klasse werden dann im Hauptteil des Buches auf 150 Seiten Texte fast aller Schü­ler, zum größten Teil von ihnen selbst verfasst und mit zwei Bildern – einem aus den fünfziger Jahren und einem aktuellen – wiedergegeben. In kurzen Lebensläufen und teils anspruchsvollen Texten erfährt der Leser nicht nur Daten und Fakten über die ehemaligen Schüler und über die Schule von damals, sondern auch wechselvolle, manchmal dramatische Werdegänge der Schüler nach ihrem Abitur. Ein allgemeines Stimmungsbild der Schulzeit in den politisch und sozial gesehen schweren Jahren 1955-1959 klingt nahezu in allen Beiträgen mit. Eine der Absolventinnen des Jahrgangs schreibt dazu: „Dankbarkeit empfinde ich, wenn ich an unsere Honterusschule zurückdenke. Diese Schule, die zwar ihren Namen, und ihre Räumlichkeiten in den letzten Jahrzehnten oft hat ändern müssen, ist bis heute die traditionsreiche Lehranstalt Kronstadts geblieben, auch unter ganz neuen Bedingungen.“ Und eine weitere Kollegin notiert: „Wir haben alle im Laufe der Jahre feststellen können, dass wir ein gut fundiertes Wis­sen aus dem Lyzeum auf unseren Lebenswegen mitbekommen haben, das sich auch hier in Deutsch­land als durchaus tragfähig erwies.“

Im letzten Teil des Bandes bringen zehn Ab­solventen des Jahres 1959 „Schöne Erinnerun­gen“ an das Internatsleben, Geschichten über die Lehrer (dort auch Professoren genannt), über die Musik- und Theaterereignisse, den Touris­mus an der Schule usw. Tabellen und Statistiken vervollständigen den informativen Gehalt des Buches. So erfahren wir, dass 28 Prozent der 1945 damals Vierjährigen dieser Generation die Zwangsdeportation ihrer Eltern nach Russland erleiden mussten und dass 18 Prozent der Fami­lien dieser Schüler 1952 aus Kronstadt evakuiert wurden. Im Anhang werden zu jener Zeit übliche Begriffe (z. B. Brotbeutel, evangelischer Speck, Golan, Gletscherwonne, Knutz) sowie Ortsnamen, die Teil der damaligen Sprache waren, aufgelistet. Wertvoll sind auch die zahlreichen Personen- und Grup­penbilder, die Fotos von Ausfahrten und Exkursionen sowie Abbil­dungen der Gebäude, in denen diese Generation Unterricht hatte.

Dieser Band ist mehr als eine Sammlung von Erinnerungen und auf keinen Fall eine nostalgisch-romantische Rückschau. Es ist ein Buch, das für jeden an der Vergangenheit der Sieben­bürger Sachsen und besonders ihrer Schulge­schichte Interessierten eine Summe von wertvollen Quellen enthält. Es ist niedergeschriebene „oral history“, wie man sie sich auch von an­deren Bereichen der Alltags- und Mentalitäts­geschichte Siebenbürgens gerne wünscht. Die grafisch und drucktechnisch einwandfreie Ge­staltung des Bandes trägt ebenfalls dazu bei, ihn mit Freude zu lesen.

Hansgeorg v. Killyen

Schlagwörter: Rezension, Jubiläum, Honterusschule, Kronstadt

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