26. November 2009

Üblacker-Häusl in München präsentiert Keramiken von Otto Scherer

Die Keramiken von Otto Scherer lassen das fragile Material vergessen, aus dem sie gefertigt sind: Metallisch spiegelnde Figuren suggerieren polierten Edelstahl, tiefrot glänzende Flächen lassen an Glas denken, und manche Skulpturen erinnern an Holz oder Stein. Das Üblacker-Häusl in München (Preysingstraße 58) zeigt vom 16. Dezember bis 17. Januar 2010 Arbeiten des 1955 in Martinsdorf geborenen, seit 1991 im Raum Landsberg am Lech freischaffend tätigen Künstlers. Die Eröffnung der Ausstellung (Kustos: Dr. Ingo Glass) findet am 15. Dezember um 19 Uhr statt.
Man möchte die Arbeiten mit den Händen be­rühren, um in wortwörtlichem Sinne zu begreifen, dass es sich um Keramiken aus gebranntem Ton handelt. Bei aller Fragilität des Mate­rials wagt sich der Künstler mit seinen Relief­bildern und Plastiken an die Grenzen der Kera­mikkunst. Dieser Balanceakt wird ihm aufgrund seiner fundierten Ausbildung an der Kunstschu­le in Kronstadt möglich. Hier studierte er nicht nur Keramik, sondern auch Malerei und Grafik. Die Gegend um Kronstadt in Siebenbürgen blickt auf eine Jahrhunderte alte Keramiktradition zurück. Aus Mangel an Materialien hat­te der Keramikunterricht Ende der 70er Jahre jedoch einen experimentellen Charakter, von dem Scherers heutiges Schaffen profitiert.

Seit über 20 Jahren lebt Otto Scherer nun in Deutschland und hat sich als Keramiker einen Namen gemacht. Dass er dabei zweigleisig fährt, kommt seiner Kreativität und dem künstlerischen Arbeiten zugute. Einerseits baut er Keramiköfen, die als Raumskulpturen oder Wand­reliefs Räu­me nicht nur gestalten, sondern auch wärmen. Andererseits entwickelt er, ausgehend vom For­menrepertoire der Öfen, Reliefs und Skulpturen, die als selbständige Kunstwerke mit dem Be­trachter in Dialog treten. Aus großen Modulen entstehen wandfüllende Reliefbilder mit akkurat glänzenden Oberflächen in Selen-Rot oder Platinglasur, in denen sich der Betrachter tausendfach widerzuspiegeln vermag. Je nach Spie­gelbild erschaffen die geometrischen Reliefstruk­turen immer neue abstrakte Kompositionen. Aufgrund ihrer technischen Per­fektion lassen die verspiegelten Flächen und Facetten die Skulp­t­ren zu einem sinnlichen Er­­lebnis werden.
Otto Scherers mit spitzen Sporen und Dornen ...
Otto Scherers mit spitzen Sporen und Dornen bewehrte Keramiken wirken martialisch. Das Mün­chener Üblacker-Haus zeigt Arbeiten des siebenbürgischen Künstlers.
Otto Scherer arbeitet mit Gießtonen, die sich wie eine Haut an die glatten Innenflächen der Gipsformen anschmiegen. Die Negativformen sind vielfach verwendbar und erlauben eine se­rielle Herstellung, dennoch lässt sich jede Aus­formung individuell bearbeiten. Um Form­stücke von Modellen zu Kachelöfen handelt es sich auch bei den Figuren, wie den „Drei Grazien“, deren Oberflächen unterschiedlich glasiert und mit artfremden Materialien kombiniert werden. Rote Silikonstacheln oder mit Platin glasierte Ke­ramikdornen umgeben schützend die abstrakten Tonfiguren. Die inhaltliche und gestalterische Ambivalenz der Keramiken zeigt sich noch deut­licher in der Werkreihe der Schilder: Hier spielt der Künstler mit dem fragilen Material, indem er es zur ästhetischen Rüstung umgestaltet. Der zerbrechliche Scherben wappnet sich mit Spo­ren und spitzen Dornen und nimmt dabei martialische Züge an. Zu­gleich brechen die Arbeiten provozierend mit der keramischen Tradition und weisen dem Material optisch und technisch neue Wege. In dieser Hinsicht sind die Keramiken von Otto Scherer einzigartig.

Dr. Gudrun Szczepanek

Schlagwörter: Ausstellung, München, Bildhauerei

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